a) In der Person
aa) Ausfallerscheinungen
Rz. 47
Beweisanzeichen in der Person werden angenommen bei Lallen, verwaschener Sprache, schwankendem Gang, unbesonnenem Benehmen bei Polizeikontrollen, geröteten Augen etc. (OLG Köln DAR 1973, 21; LG Gera DAR 1996, 156).
Rz. 48
Tipp: Drehnystagmus
Rechtsmediziner deuten einen verlängerten Drehnystagmus allzu gerne als Beweisanzeichen, was jedoch zumindest so lange unzulässig ist, wie der Nüchternwert nicht bekannt ist (OLG Koblenz zfs 1993, 246; OLG Zweibrücken NZV 1996, 158).
Ohne Mitwirkung des Betroffenen kann dieser Nüchternwert nicht ermittelt werden (OLG Köln VRS 65, 440). Zu einer Mitwirkung ist der Betroffene aber nicht verpflichtet.
bb) Ärztliche Feststellungen
Rz. 49
Den Feststellungen des Blut entnehmenden Arztes kommt bei der Beurteilung der Frage, ob Beweisanzeichen in der Person vorlagen, besondere Bedeutung zu. Allerdings kann das Blutentnahmeprotokoll insoweit nicht verlesen und die Beweiswürdigung hierauf gestützt werden. Der Arzt muss vielmehr selbst vernommen werden (OLG Hamm VRS 53, 117).
Rz. 50
Achtung
Beweiswert kann den anlässlich eines Tests gewonnenen ärztlichen Feststellungen nur dann zukommen, wenn der Untersucher entsprechende Erfahrung hat. Darauf weist das Nachtragsgutachten des Bundesgesundheitsamtes von 1967 ausdrücklich hin.
Rz. 51
Tipp
Die häufig anzutreffenden Feststellungen wie "stumpfe Stimmung" oder "scheint äußerlich leicht unter Alkoholeinfluss zu stehen" reichen vor allem nach Unfällen nicht aus, da diese Beeinträchtigungen durchaus alleine mit dem Unfall zu tun haben können (OLG Zweibrücken NZV 1996, 158).
Rz. 52
Tipp: Nicht bei ansteigendem Wert
Die Feststellungen des Arztes können auch dann keine Indizwirkung entfalten, wenn der Alkoholwert im Tatzeitpunkt niedriger war (BGHSt 31, 45) und nicht gerade ein "Sturztrunk" vorlag.
b) Im Fahrverhalten
aa) Ungewöhnliche Fahrfehler
Rz. 53
Ungewöhnliche Fahrfehler sind Beweisanzeichen für Fahruntauglichkeit (OLG Düsseldorf VRS 59, 243). Sie können z.B. im Fahren ohne Licht zur Nachtzeit oder in sehr hohen Geschwindigkeiten u.Ä. gesehen werden (LG Halle BA 1996, 55).
bb) Sicherheitsabstand
Rz. 54
Das Nichteinhalten des Sicherheitsabstandes kann ein Indiz sein (BGH VRS 34, 360).
cc) Schlangenlinien
Rz. 55
Schlangenlinienfahren ist das Indiz, das von Polizeibeamten am häufigsten genannt wird (OLG Hamburg MDR 74, 772).
Rz. 56
Tipp
Indizwirkung hat eine solche Fahrweise u.U. dann nicht, wenn der Fahrer eines leichten Wagens wegen Seitenwindes von der geraden Linie abweicht (OLG Hamm NZV 1994, 117).
dd) Fahrfehler unterläuft auch nüchternem Fahrer
Rz. 57
Die Tatsache, dass ein gleichartiger Fahrfehler zuweilen auch einem nüchternen Fahrer unterläuft, schließt seine Heranziehung als Indiz nicht aus (OLG Düsseldorf VM 77, 29). Es ist dabei jedoch zu berücksichtigen, ob auch zahlreiche nicht alkoholisierte Fahrer solche Verstöße begehen, auch wenn dies die Indizwirkung des Verstoßes für eine alkoholbedingte Fahruntauglichkeit nicht gänzlich ausschließt (BVerfG VRS 90, 1).
Rz. 58
Tipp
Es kommt aber nicht darauf an, wie sich irgendein nüchterner oder der durchschnittliche Kraftfahrer verhalten hätte, relevant ist ein Fahrfehler vielmehr nur, wenn das Gericht die Überzeugung gewinnt, der Fahrfehler wäre diesem Angeklagten ohne die alkoholische Beeinflussung nicht unterlaufen (BayObLG NZV 1988, 110; OLG Köln VRS 89, 446; LG Berlin zfs 2005, 621).
Rz. 59
Tipp: Wegfall der Indizwirkung
Die Indizwirkung eines Fahrfehlers kann bei länger andauernder Beherrschung des Kraftfahrzeuges entfallen (BGH NZV 1995, 80).