Rz. 57
Zum Leidwesen von Vollstreckungsgläubigern muss die Privatsphäre des Schuldners auch noch im Zwangsvollstreckungsverfahren gewahrt werden. Daher darf der Gerichtsvollzieher die Wohnung des Schuldners gegen dessen Willen nur mit einer vom Gläubiger zu beantragenden gerichtlichen Durchsuchungsanordnung betreten, § 758a Abs. 1 ZPO, worüber der Schuldner vor Betreten der Räumlichkeiten vom Gerichtsvollzieher unterrichtet werden muss. Für die Anordnung eines Durchsuchungsbeschlusses ist funktionell der Richter zuständig, nicht der Rechtspfleger, da hier ein Eingriff in die Grundrechte eines Bürgers erfolgt. Nur im Fall der Gefahr in Verzug, d.h. wenn bei vorheriger Einholung des gerichtlichen Durchsuchungsbeschlusses der Erfolg einer Durchsuchung gefährdet wäre, darf der Gerichtsvollzieher die Räumlichkeiten gegen den Willen des Schuldners auch ohne entsprechenden Gerichtsbeschluss betreten. Für die hierfür erforderliche Gefährdungssituation genügt insbesondere nicht die theoretisch immer bestehende Möglichkeit, dass der Schuldner noch vor Erlass des Gerichtsbeschlusses pfändbare Gegenstände aus den Räumlichkeiten verbringen könnte. Vielmehr sind hier ganz konkrete Indizien oder sonstige diesbezügliche Anzeichen erforderlich. Sollte der Schuldner versuchen, eine berechtigte (sei es mit Durchsuchungsbeschluss bzw. bei Gefahr im Verzug auch ohne Durchsuchungsbeschluss) Pfändung seitens des Gerichtsvollziehers zu verhindern, kann der Gerichtsvollzieher die Pfändung notfalls mit polizeilicher Unterstützung durchführen (§ 758 Abs. 2 und Abs. 3 ZPO).
Rz. 58
Eine Durchsuchungsanordnung ist entbehrlich, wenn die Pfändung in Geschäftsräumen erfolgen soll und wenn ein Räumungstitel oder Haftbefehl vollstreckt wird.
Rz. 59
Wohnt der Schuldner in einer Wohngemeinschaft, so haben die Mitbewohner bei Einverständnis des Schuldners mit der Durchsuchung oder bei Vorliegen einer Durchsuchungsanordnung diese zu dulden. Allerdings ist der Gerichtsvollzieher nur berechtigt, die Räume zu durchsuchen, in denen sich der Schuldner üblicherweise aufhalten darf (so z.B. eigenes Zimmer, Küche, Bad, Gemeinschaftsraum). Nicht durchsuchen darf er die Räume der anderen Mitbewohner, die diese allein bewohnen (siehe dazu auch § 758a Abs. 3 ZPO).
Rz. 60
Wie bereits unter Rdn 5 dargelegt, muss der Gläubiger das amtliche Formular verwenden:
Rz. 61
Muster: Verbindlicher Durchsuchungsantrag
Rz. 62
Dem Formular eines Antrags auf Erlass einer richterlichen Durchsuchungsanordnung ist zu entnehmen, dass der Schuldner grundsätzlich vor Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses angehört werden soll und nur in den Fällen, in denen von einer vorherigen Anhörung des Schuldners aus Sicht des Antragstellers ausnahmsweise abgesehen werden muss, eine ausführliche Begründung erforderlich ist. Auf dem Formular selbst kreuzt der Gläubiger daher zunächst an, dass er darum bittet, von einer Anhörung des Schuldners abzusehen.
Rz. 63
Auf einem gesonderten Blatt hat er dann ausführlich darzustellen, warum von einer vorherigen Anhörung abgesehen werden muss und welche gewichtigen Interessen durch eine vorherige Anhörung konkret gefährdet wären, die die Überraschung des Schuldners unbedingt erfordern. Die Angaben sind durch die Vorlage entsprechender Unterlagen nachzuweisen.