Rz. 24
Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist (§ 4 S. 1 KSchG). Der Arbeitnehmer muss im Grundsatz die dreiwöchige Klagefrist einhalten, gleich welchen Mangel der Kündigung er vor Gericht geltend machen will. Davon ausgenommen sind bereits nach dem Gesetzeswortlaut Kündigungen, die nicht in schriftlicher Form erfolgen, also insbesondere mündliche Kündigungen und Kündigungserklärungen, die bloß der Textform i.S.d. § 126b BGB genügen, so etwa, wenn die Unterschrift des Kündigenden auf der Urkunde fehlt. Diese Kündigungen können – bis zur Grenze der Verwirkung – auch noch außerhalb der Drei-Wochen-Frist angegriffen werden.
Will der Arbeitnehmer ausschließlich die Fehlerhaftigkeit der vom Arbeitgeber gewählten Kündigungsfrist geltend machen, ist dies nach Auffassung des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts auch außerhalb der dreiwöchigen Klagefrist möglich, da die Wahl der unzutreffenden Kündigungsfrist die Kündigung nicht insgesamt unwirksam i.S.d. § 4 S. 1 KSchG mache, sondern nur den Zeitpunkt ihrer Wirksamkeit betreffe. Im Anschluss an diese Entscheidungen hat jedoch der Fünfte Senat wie folgt differenziert: Die Rechtsprechung des Zweiten Senats betreffe nur Fälle, in denen sich durch Auslegung ermitteln lasse, dass eine fristwahrende Kündigung ausgesprochen werden sollte. Sei eine Auslegung hingegen nicht möglich, sondern bedürfe es dazu der Umdeutung (§ 140 BGB), müsse die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist innerhalb der Klagefrist des § 4 KSchG geltend gemacht werden. Sei eine ordentliche Kündigung ohne weiteren Zusatz zu einem bestimmten Datum erklärt worden, stehe das Bestimmtheitsgebot der Auslegung der Kündigungserklärung als eine Kündigung zu einem anderen Termin entgegen. Für die Praxis gilt daher: Kann die dreiwöchige Klagefrist noch gehalten werden, sollte auch eine nur gegen die zu kurze Kündigungsfrist gerichtete Klage fristwahrend erhoben werden – insbesondere dann, wenn die Kündigung nicht "hilfsweise zum nächstmöglichen Termin" ausgesprochen wurde. Ist die Klagefrist des § 4 KSchG bei Annahme des Mandats schon verstrichen, hängen die Erfolgsaussichten der Klage vom genauen Wortlaut der Kündigung und ggf. sonstigen im Rahmen ihrer Auslegung heranzuziehenden Umständen ab. Auch wird es bei Streitigkeiten vor den Instanzgerichten darauf ankommen, inwieweit diese die differenzierende Rechtsprechung des Fünften Senats für überzeugend halten.
Rz. 25
Bedarf die Kündigung der Zustimmung einer Behörde, läuft die Drei-Wochen-Frist erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab (§ 4 S. 4 KSchG). § 4 S. 4 KSchG gilt auch für die Fälle, in denen die vorherige Zustimmung einer Behörde einzuholen ist, so insbesondere bei einer in Elternzeit befindlichen Arbeitnehmerin, zu deren Kündigung nach § 18 Abs. 1 S. 2 BEEG die Zustimmung der für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle erforderlich ist, bei einer Schwangeren, zu deren Kündigung nach § 17 Abs. 2 MuSchG ebenfalls die Zustimmung der für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle erforderlich ist, sowie bei einem schwerbehinderten Arbeitnehmer, zu dessen Kündigung nach § 168 SGB IX die Zustimmung des Integrationsamtes nötig ist. Das hat zur Folge, dass bei Arbeitnehmern in Elternzeit die Frist des § 4 S. 1 KSchG bei Nichteinholung der behördlichen Zustimmung i.S.d. § 18 Abs. 1 S. 2 BEEG überhaupt nicht zu laufen beginnt, so dass auch hier für die Klage nur die Grenze der Verwirkung gilt. Ebenso beginnt die dreiwöchige Klagefrist im Fall der zur Kündigung eines schwerbehinderten Menschen erforderlichen Zustimmung des Integrationsamtes und der zur Kündigung einer Schwangeren erforderlichen behördlichen Zustimmung (§ 17 MuSchG) nicht vor Bekanntgabe der Entscheidung an den/die Arbeitnehmer(in) an zu laufen und läuft folgerichtig bei unterlassener Einholung der Zustimmung überhaupt nicht, wenn dem Arbeitgeber die Tatsachen, die den Sonderkündigungsschutz ausmachen, bei Ausspruch der Kündigung bekannt waren. Waren diese Tatsachen dem Arbeitgeber hingegen nicht bekannt, gilt § 4 S. 4 KSchG nicht, sodass die Frist des § 4 S. 1 KSchG wie gewöhnlich ab Zugang des Kündigungsschreibens zu laufen beginnt. Ebenso wird man in den Fällen des Sonderkündigungsschutzes gem. § 18 Abs. 2 Nr. 2 BEEG nach Kenntnis (dann § 4 S. 4 KSchG) oder Unkenntnis (dann § 4 S. 1 KSchG) des Arbeitgebers von den kündigungsschutzbegründenden Tatsachen differenzieren müssen, denn der Sonderkündigungsschutz nach § 18 BEEG ist nicht in allen Varianten notwendigerweise mit der Kenntnis des Arbeitgebers von den schutzbegründenden Tatsachen verbunden.
Rz. 26
Die Drei-...