Rz. 1
Wickelt der Anwalt Zahlungen über sein Konto ab, so kann er hierfür Hebegebühren nach Nr. 1009 VV berechnen. Zu beachten ist, dass der Anwalt die Hebegebühren nur von Aus- oder Zurückzahlungen berechnen kann, nicht auch von Zahlungseingängen. Unbare Zahlungen, also Überweisungen, Scheckübergabe, -übersendung etc. stehen der Barauszahlung gleich (Anm. Abs. 2 S. 1 zu Nr. 1009 VV).
Rz. 2
Ebenso erhält der Anwalt eine Hebegebühr, wenn er Wertsachen oder Kostbarkeiten entgegennimmt und sodann aushändigt bzw. weiterleitet (Anm. Abs. 3 zu Nr. 1009 VV).
Rz. 3
Jeder Auszahlungsvorgang und jede Aushändigung oder Weiterleitung ist eine eigene Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG und daher gesondert abzurechnen. So erhält der Anwalt mehrere Hebegebühren, wenn ein Betrag einheitlich eingeht, aber in verschiedenen Teilbeträgen ausgezahlt wird. Umgekehrt fällt nur eine Hebegebühr an, wenn mehrere Zahlungen eingehen, aber in einer Summe ausgezahlt werden. Gleiches gilt bei Wertsachen oder Kostbarkeiten.
Rz. 4
Bei Auszahlungen unmittelbar an den Auftraggeber ist der Anwalt berechtigt, die ihm zustehenden Hebegebühren vorab zu entnehmen (Anm. Abs. 2 S. 2 zu Nr. 1009 VV). Bei Auszahlungen an Dritte besteht dagegen kein Entnahmerecht. Ebenso besteht kein Entnahmerecht bei Wertsachen oder Kostbarkeiten.
Rz. 5
Keine "Auszahlung" oder "Ablieferung" i.S.d. Nr. 1009 VV soll dann vorliegen, wenn der Rechtsanwalt, Fremdgelder einbehält und sie mit vermeintlichen Vergütungsansprüchen verrechnet und er sie dann erst nach Verurteilung auskehrt.
Rz. 6
Ebenfalls entsteht keine Hebegebühr, soweit Kosten an ein Gericht oder eine Behörde weitergeleitet oder eingezogene Kosten an den Auftraggeber abgeführt werden (Anm. Abs. 5 zu Nr. 1009 VV).
Rz. 7
Die Höhe der Hebegebühren errechnet sich nach Nr. 1009 Nr. 1 bis 3 VV wie folgt:
Nr. 1009 Nr. 1 VV
Bei Auszahlungen bis zu 2.500,00 EUR einschließlich erhält der Anwalt
– |
aus dem Auszahlungsbetrag |
|
1 %. |
Nr. 1009 Nr. 2 VV
Bei Auszahlungen bis zu 10.000,00 EUR einschließlich erhält er
– |
1 % aus 2.500,00 EUR = |
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25,00 EUR |
– |
aus dem darüber hinausgehenden Wert weitere |
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0,5 %. |
Nr. 1009 Nr. 3 VV
Bei Auszahlungen über 10.000,00 EUR steht ihm zu:
– |
1 % aus 2.500,00 EUR = |
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25,00 EUR |
– |
zuzüglich 0,5 % aus 7.500,00 EUR = |
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37,50 EUR |
– |
aus dem Mehrwert über 10.000,00 EUR weitere |
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0,25 %. |
Rz. 8
Die Mindestgebühr beträgt 1,00 EUR. Ab 0,5 Cent wird aufgerundet, darunter wird abgerundet (§ 2 Abs. 2 S. 2 RVG).
Rz. 9
Eine Erhöhung bei mehreren Auftraggebern nach Nr. 1008 VV, also wenn an oder für mehrere Auftraggeber gemeinschaftlich ausgezahlt oder weitergeleitet wird, ist nicht vorgesehen, da es sich bei der Hebegebühr weder um eine Geschäfts- noch um eine Verfahrensgebühr handelt.
Rz. 10
Der Gegenstandswert richtet sich auch hier nach den §§ 22 ff. RVG. Maßgebend ist im Falle einer Geldzahlung der ausgezahlte Betrag. Das Additionsverbot der § 43 GKG, § 37 FamGKG gilt hier nicht. Ausgezahlte Zinsen und Kosten sind daher werterhöhend. Werden Wertgegenstände ausgehändigt, so gilt deren Verkehrswert (§ 23 Abs. 3 S. 1 RVG i.V.m. § 36 Abs. 1 GNotKG).
Rz. 11
Hinzu kommen Auslagen nach Teil 7 VV. Insbesondere erhält der Anwalt auch eine eigene Postentgeltpauschale.
Rz. 12
Die Hebegebühr kann auch erstattungsfähig sein, insbesondere dann, wenn der Beklagte die Klageforderung an den Prozessbevollmächtigten des Klägers zahlt, ohne hierzu aufgefordert worden zu sein.
Rz. 13
Welche Gebühren der Anwalt für seine sonstige Tätigkeit erhält, richtet sich nach den Gebührentatbeständen des Vergütungsverzeichnisses. So erhält er z.B. im Hinterlegungsverfahren zudem noch die Gebühren nach Nr. 2300 VV.