Rz. 91
Manchmal bestimmt eine Teilungserklärung, dass bauliche Maßnahmen der Zustimmung des Verwalters bedürfen. Zum Zustimmungsvorbehalt bei der Nutzung von Sondereigentum → § 3 Rdn 12, 56. Nur ausnahmsweise, wenn die Regelung es deutlich erkennen lässt, ist damit gemeint, dass der Verwalter die alleinige Letztentscheidungsbefugnis haben soll. Im Normalfall handelt es sich lediglich um ein Vorschalterfordernis, das eigenmächtiges Handeln eines Wohnungseigentümers (der meint, dass niemand beeinträchtigt sei) verhindern soll. Der im alten Recht bedeutsame Gesichtspunkt der "Beeinträchtigung" spielt im geltenden Recht allerdings insofern keine Rolle mehr, als nunmehr jede bauliche Veränderung – auch eine solche, die die übrigen Eigentümer nicht beeinträchtigt – einer vorherigen Beschlussfassung bedarf (§ 20 Abs. 3 WEG). Bei Licht betrachtet hat(te) die Verwalterzustimmung nach altem wie nach neuem Recht keinen Nutzen. Die Feststellung, dass eine bauliche Maßnahme allein wegen des Fehlens der nach der Gemeinschaftsordnung erforderlichen Verwalterzustimmung rechtswidrig ist, ist ebenso richtig wie "witzlos", weil die Maßnahme unabhängig davon schon wegen des Fehlens des erforderlichen Gestattungsbeschlusses rechtswidrig ist. Die Konsequenzen für einen "Bauwilligen" einerseits und für einen Miteigentümer, der sich von einer Baumaßnahme eines Einzelnen gestört fühlt andererseits, werden nachfolgend dargestellt.
Rz. 92
Perspektive des Bauwilligen: a) Im Normalfall nützt die Verwalterzustimmung (ein bloßes Vorschalterfordernis) dem Bauwilligen nichts. Statt die Verwalterzustimmung anzufragen, sollte der Bauwillige den Verwalter dazu auffordern, eine Beschlussfassung zu ermöglichen (d.h. je nach Fall das Thema auf die Tagesordnung der nächsten Versammlung zu nehmen, eine außerordentliche Versammlung einzuberufen oder einen Umlaufbeschluss auf den Weg zu bringen). Aufgrund ihrer Nutzlosigkeit kann im Normalfall weder die Erteilung, noch die Verweigerung der Zustimmung eine Schadensersatzpflicht des Verwalters begründen. b) Anders verhält es sich, wenn der – wie gesagt seltene – Sonderfall vorliegt, dass die Verwalterzustimmung eindeutig eine Zustimmung bzw. einen Beschluss der Gemeinschaft ersetzen soll. Dann darf der (gewerbliche) Verwalter von einer eigenen Entscheidung nur absehen und diese der Eigentümerversammlung übertragen, wenn ernstliche Zweifel daran bestehen, ob die Voraussetzungen der beantragten Zustimmung gegeben sind. Die unrechtmäßige Verweigerung der Zustimmung verpflichtet den Verwalter zum Schadensersatz. Nach dem alten Recht konnte der Bauwillige die Zustimmung gegen den Verwalter einklagen; das kommt nach aktuellem Recht nicht mehr in Betracht. Vielmehr ist der Bauwillige gezwungen, einen Beschluss der der Gemeinschaft herbeizuführen. Die Gemeinschaft kann und muss ihre Entscheidung frei und unabhängig davon treffen, wie der Verwalter zuvor entschieden hat. Sie muss insbesondere nicht den Verwalter zur Erteilung der Zustimmung anweisen (oder seine Ablehnung bestätigen), sondern kann und sollte "direkt" die Gestattung der baulichen Maßnahme beschließen (oder ablehnen). Sollte der Antrag abgelehnt werden, kann der Bauwillige seinen (vermeintlichen) Anspruch im Wege der Beschlussersetzungsklage gem. § 44 Abs. 1 S. 2 WEG verfolgen.
Rz. 93
Perspektive eines beeinträchtigten Miteigentümers: Wenn die Verwalterzustimmung eine erforderliche Zustimmung der Miteigentümer bzw. einen Gestattungsbeschluss ersetzt, gibt es gegen ihre Erteilung keinen Rechtsschutz. Ersetzt die Verwalterzustimmung hingegen den Gestattungsbeschluss nicht, ist ihre Erteilung rechtlich bedeutungslos. Die Baumaßnahme ist schon wegen des fehlenden Gestattungsbeschlusses rechtswidrig; der Rechtsschutz gegen unzulässige bauliche Veränderungen wird unten (→ § 4 Rdn 114) behandelt.