Rz. 158
Wird die Maßnahme auf Verlangen einzelner Eigentümer gestattet, ist darauf zu achten, dass bei der Beschlussfassung eine namentliche Abstimmung erfolgt. Im Protokoll sollten nicht nur die Namen dokumentiert, sondern das Sondereigentum genannt werden, für das die Stimme abgegeben wurde. Denn durch die Gestattung bzw. deren Realisierung entsteht eine Art "Betriebsgemeinschaft Ladeinfrastruktur", weil die "verlangenden" Eigentümer bzw. deren Rechtsnachfolger gem. § 21 Abs. 1 WEG die Kosten und Folgekosten der Maßnahme zu tragen haben. Um eventuelle Jahre später anfallende Kosten in der Jahresabrechnung richtig verteilen zu können, muss bekannt sein, wer zu der kostentragungspflichtigen Gruppe gehört. Ferner können gem. § 21 Abs. 4 WEG andere Eigentümer später den Beitritt zu der vorstehend "Betriebsgemeinschaft" verlangen. Im Ausgangspunkt ist der Anspruch auf Beitritt gegen die Gemeinschaft zu richten, die dann über die Durchführung entscheidet; so heißt es in der Gesetzesbegründung: "Der Anspruch ist auf die Fassung eines Beschlusses gerichtet, der dem Wohnungseigentümer die Teilhabe an den Nutzungen gegen angemessenen Ausgleich gestattet. § 21 Abs. 4 Satz 1 enthält zugleich die dafür notwendige Beschlusskompetenz. Der Beschluss ist durch alle Wohnungseigentümer zu fassen, nicht etwa nur durch die Wohnungseigentümer, die schon nutzungsberechtigt sind, da er das gemeinschaftliche Eigentum betrifft. Prozessual kann der Anspruch im Wege einer Beschlussersetzungsklage verfolgt werden." Es ist allerdings fraglich, wie die Gemeinschaft (die im Falle der Errichtung und des Betriebs der Ladeinfrastruktur durch einzelne Eigentümer mit der ganzen Sache wenig zu tun hat), die für einen Beitritt und den zu leistenden finanziellen Ausgleich erforderlichen Maßnahmen festlegen soll. Dem Gesetzgeber schwebt vor, dass der Ausgleich an die Gemeinschaft gezahlt wird und im Rahmen der (nächsten) Jahresabrechnung den Einheiten derjenigen Wohnungseigentümer angerechnet wird, die die auszugleichenden Kosten ursprünglich zu tragen hatten. Praktikabler dürfte es sein, wenn sich die Mitglieder der "Betriebsgemeinschaft" ohne Beteiligung der Gemeinschaft mit dem neuen Nutzer einigen; das entspricht der Regelung im folgenden Muster.
Rz. 159
Muster 4.13: Beschluss zur Gestattung der Einrichtung einer Ladeinfrastruktur auf Verlangen mehrerer Eigentümer
Muster 4.13: Beschluss zur Gestattung der Einrichtung einer Ladeinfrastruktur auf Verlangen mehrerer Eigentümer
1. Einrichtung
Die Gemeinschaft gestattet den Eigentümern der Wohnungen bzw. Teileigentumseinheiten Nr. 4, 5, 8, 17, 18, 19 und 20 auf deren Verlangen die Einrichtung einer Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge zur Versorgung deren Stellplätze in der Tiefgarage. Der Beschluss steht unter der Bedingung, dass die vorgenannten Eigentümer zustimmen. Mit der Ausführung ist die Elektrofix GmbH auf der Grundlage ihres Angebots vom 17.3.2022 mit den darin angebotenen Maßnahmen zu beauftragen.
2. Betriebs- und Erhaltungskosten
Die durch das Laden anfallenden Stromkosten werden von den Eigentümern der jeweiligen Entnahmestellen (Stellplätze) nach dem gemessenen Verbrauch getragen. Etwaige sonstige Betriebskosten sowie die Erhaltungskosten, die am Gemeinschaftseigentum infolge der Maßnahme anfallen, tragen die Stellplatzeigentümer zu gleichen Teilen.
3. Beitritt weiterer Nutzer
Die unter Nr. 1 genannten Eigentümer bzw. deren Rechtsnachfolger sind gem. § 21 Abs. 4 WEG verpflichtet, den Beitritt weiterer Eigentümer zur Nutzung der Ladeinfrastruktur zu ermöglichen. Neue Nutzer sind der Verwaltung mitzuteilen.
4. Sonstiges
Ein "Austritt" von Nutzern ist nicht möglich. Falls ein nutzungsberechtigter Eigentümer die Ladestation nicht mehr nutzt, hat er keinen Anspruch auf Erstattung der von ihm gezahlten Anschaffungskosten.
Rz. 160
Wenn mehrere Anträge auf Gestattung von Ladeinfrastruktur vorliegen, ist abweichend vom vorstehenden Muster zu empfehlen, dass die Maßnahme durch die Gemeinschaft durchgeführt wird. Dadurch ist eine sinnvolle Kontrolle und Koordination sichergestellt. Die Wohnungseigentümer, die eigentlich nur eine "eigene Wallbox" wollten, haben, wie gesagt, keinen Anspruch auf Gestattung; vielmehr kann die Gemeinschaft dem Verlangen auf Einrichtung der Ladeinfrastruktur auch in der Weise nachkommen, dass sie die Maßnahme selbst durchführt. Zunehmend werden die Einrichtung und der Betrieb von Ladeinfrastruktur auch einem Komplettanbieter (z.B. den örtlichen Stadtwerken) übertragen; auch das ist eine (oftmals sogar die sinnvollste) Möglichkeit, wie die Gemeinschaft dem Verlangen auf Einrichtung einer oder mehrerer Ladestationen nachkommen kann. Im Falle eines Auftragsbeschlusses (d.h. wenn die Gemeinschaft die Maßnahme beauftragt), wachsen dem Verwalter allerdings mehr Aufgaben im Zuge der Vorbereitung der Beschlussfassung zu, als wenn einzelnen Wohnungseigentümern die Durchführung gestattet wird. So oder so müssen die technischen Rahmenbedingen geklärt sein; insbesondere si...