Dr. iur. Kerstin Diercks-Harms, Dr. iur. Rüdiger Brodhun
Rz. 119
Kostengünstig ist für einen Verbraucher eine anwaltliche Erstberatung mit einer Höchstberatungsgebühr von 190,00 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer, § 34 Abs. 1 S. 3 letzter Hs. RVG. Eventuell ist der Mandant danach selbst in der Lage, seinen Anspruch zu benennen und einzufordern. Maßgebend ist allerdings, dass es bei einer ersten Beratung bleibt. Werden mehrere Beratungsgespräche – ggf. auch telefonisch – in Anspruch genommen, ist der Rechtsanwalt an diese Obergrenze nicht mehr gebunden.
Rz. 120
Zu beachten ist, dass der Rechtsanwalt im Rahmen des Anwaltsvertrages – und nach den Umständen des Einzelfalles – verpflichtet ist, die Interessen seines Mandanten in jeder Richtung umfassend wahrzunehmen, sodass Schäden vermieden werden. Soweit der Mandant nicht eindeutig zu erkennen gibt, dass er nur in einer bestimmten Richtung einen Rat benötigt, ist der Rechtsanwalt zur allgemeinen, umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung verpflichtet. Er muss über die Folgen von Erklärungen belehren und vor Fehleinschätzungen bewahren. In den Grenzen des Mandats hat er seinem Auftraggeber diejenigen Schritte anzuraten, die zu den erstrebten Zielen zu führen geeignet sind, und Nachteile für den Auftraggeber zu verhindern, soweit solche voraussehbar und vermeidbar sind. Dazu hat er dem Auftraggeber den sichersten und gefahrlosesten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche Risiken aufzuklären, damit der Mandant zu einer sachgerechten Entscheidung in der Lage ist. Ob eine derartige Leistungspalette im Rahmen des gesetzlich vorgesehenen maximalen Gebührenansatzes des § 34 Abs. 1 S. 3 RVG möglich ist, erscheint zweifelhaft. Ratsam erscheint, den der Beratung zugrunde liegenden Sachverhalt und die anwaltliche Empfehlung gewissenhaft zu dokumentieren. Soweit eine abschließende rechtliche Beurteilung innerhalb des Rahmens eines Beratungsmandates, z.B. wegen des Umfangs der Sache, nicht möglich ist, sollte der Mandant nachweislich hierauf hingewiesen werden.
Rz. 121
Ein Anwaltsvertrag kann darüber hinaus – ohne ausdrückliche Regelung – Schutzwirkungen zugunsten eines Dritten entfalten, sofern sich dies aus einer maßgeblich durch das Prinzip von Treu und Glauben geprägten ergänzenden Auslegung des Beratervertrages ergibt. Hierzu müssen nach der BGH-Rechtsprechung folgende Kriterien erfüllt sein:
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Der Dritte muss mit der Hauptleistung des Rechtsanwalts bestimmungsgemäß in Berührung kommen. |
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Der Gläubiger muss ein schutzwürdiges Interesse an der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Beratungsvertrages haben. |
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Die Einbeziehung Dritter muss dem schutzpflichtigen Berater bekannt oder für ihn zumindest erkennbar sein. |
Rz. 122
Ausgeschlossen ist ein zusätzlicher Drittschutz regelmäßig dann, wenn der Dritte wegen des verfahrensgegenständlichen Sachverhalts bereits über einen inhaltsgleichen vertraglichen Anspruch verfügt.