A. Definition

I. Jegliche Veränderung des rechtmäßigen Zustands jenseits der Erhaltung (§ 20 Abs. 1 WEG)

1. Vereinfachte Definition

 

Rz. 1

Eine bauliche Veränderung war nach früherer Definition eine nach Begründung einer (werdenden) Wohnungseigentümergemeinschaft vorgenommene, auf Dauer angelegte, gegenständliche Umgestaltung des gemeinschaftlichen Eigentums außerhalb der Grenzen einer ordnungsmäßigen Instandhaltung und Instandsetzung. Der Gesetzgeber hat die bauliche Veränderung nunmehr in § 20 Abs. 1 WEG legaldefiniert. Danach ist eine bauliche Veränderung jede Maßnahme, die über die ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgeht. Diese Definition ist somit zumindest um die gegenständliche Umgestaltung vermindert, die der Gesetzgeber nicht mehr verlangt.[1]

[1] Zu den Folgen s.u. Rdn 10.

2. Nicht erfasste Maßnahmen

 

Rz. 2

Diese Definition erfasst sämtliche baulichen Maßnahmen mit Ausnahme der erstmaligen Herstellung eines ordnungsmäßigen Zustands und der Instandhaltung und Instandsetzung. Erstere unterfällt trotz einer Veränderung des Bestandes schon deshalb nicht dem Begriff der baulichen Veränderung, weil sie rechtlich nur den ordnungsmäßigen Zustand herstellt. Es handelt sich also gar nicht um eine nachträgliche Änderung des von Anfang an geschuldeten Zustands. Das gilt erst recht für Erhaltungsmaßnahmen. Auch hier wird der rechtmäßige Zustand also nicht geändert, sondern wiederhergestellt.

3. Modernisierende Instandsetzung

 

Rz. 3

Einen Wechsel will der Gesetzgeber offenbar bei der modernisierenden Instandsetzung vollziehen. Nach der Legaldefinition dürfte sie nicht der baulichen Veränderung unterfallen, da auch sie nur den ursprünglichen Zustand wiederherstellt, wenn auch nicht im Sinne einer Reproduktion, sondern als zeitgemäße Modifikation. Damit geht sie nicht im Sinne von § 13 Abs. 2 WEG über Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung hinaus. Gleichwohl scheint der Gesetzgeber im Zusammenhang mit § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 WEG zu meinen, sie gliedere sich im Hinblick auf die Amortisierung ihrer Kosten "nahtlos in das System des Entwurfs"[2] ein und folgert daraus, dass eine "modernisierende Instandsetzung (…) demnach – wie jede bauliche Veränderung – mit einfacher Mehrheit beschlossen werden (kann)."[3] Dies ist zwar, wie oben aufgezeigt, im Hinblick auf die Legaldefinition keineswegs eine nahtlose Einfügung in das System des Gesetzes. Gleichwohl wird die modernisierende Instandsetzung künftig nach den Regeln der baulichen Veränderung zu handhaben sein.

[2] BT-Drucks 19/18791, S. 67.
[3] BT-Drucks 19/18791, S. 67.

II. Wegfall der Differenzierung innerhalb der baulichen Veränderung (§ 22 Abs. 2 WEG a.F.)

 

Rz. 4

Weggefallen sind im neuen Recht die Differenzierungen des § 22 Abs. 2 WEG a.F., die einen Teilbereich der baulichen Veränderungen in Anlehnung an die mietrechtliche Modernisierung privilegierte. Somit sind nun auch Maßnahmen nach §§ 555b ff. BGB alleine nach den Vorschriften der baulichen Veränderung zu beurteilen. Differenziert wird nunmehr nur noch hinsichtlich der Durchsetzbarkeit nach privilegierten Zielsetzungen bestimmter Maßnahmen (§ 20 Abs. 2 WEG) bzw. nach ihrer Akzeptanz in Form der Zustimmung aller Beeinträchtigten (§ 20 Abs. 3 WEG) und umgekehrt nach besonders weitreichenden Beeinträchtigungen (§ 20 Abs. 4 WEG).

III. "Bauliche Veränderungen" im Sondereigentum

 

Rz. 5

Der Begriff der baulichen Veränderung im eigentlichen Sinne bleibt auf das gemeinschaftliche Eigentum beschränkt. Dies stellt aber nur eine Frage der Begrifflichkeit dar. In der Sache können auch Veränderungen des Sondereigentums über die bloße Erhaltung hinausgehen. Diese hat der Gesetzgeber gegenüber den echten baulichen Veränderungen im gemeinschaftlichen Eigentum nur insoweit in § 13 Abs. 2 WEG privilegiert, als sie ohne Beschlussfassung durchgeführt werden können, wenn sie keinen Miteigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigen. Ansonsten unterfallen sie gemäß § 13 Abs. 2 WEG konsequenterweise denselben Regeln wie die baulichen Veränderungen im Gemeinschaftseigentum.[4]

B. Grundregeln zur Legalisierung einer baulichen Veränderung (§ 20 Abs. 1 WEG)

I. Keine rechtmäßige bauliche Veränderung ohne Beschluss

1. Ausgangssituation

 

Rz. 6

Vor der WEG-Novelle 2007 herrschte weitgehende Übereinstimmung, dass ein Mehrheitsbeschluss zur Genehmigung einer baulichen Veränderung weder erforderlich noch hinreichend war, da es grundsätzlich (nur) der Zustimmung der beeinträchtigten Miteigentümer bedurfte.[5] Die WEG-Novelle 2007 sollte nach dem Bekunden des Gesetzgebers hieran nichts ändern,[6] griff aber vermeintlich zur Klarstellung trotzdem in den Wortlaut des § 22 Abs. 1 WEG a.F. ein. Die h.M. schloss gerade aus dieser Änderung, dass sich die Bedeutung des Mehrheitsbeschlusses über die Genehmigung einer baulichen Veränderung deutlich geändert haben soll. Während ein Beschluss nach früherem Recht lediglich eine zusätzliche Möglichkeit neben der Zustimmung der beeinträchtigten Miteigentümer eröffnete, war er nach der WEG-Novelle zwingende Voraussetzung für die Legalisierung einer baulichen Veränderung.[7] Die Zustimmung der beeinträchtigten Wohnungseigentümer außerhalb einer Beschlussfassung sollte bedeutungslos sein.[8] Dies schloss die h.M. aus dem Wortlaut des § 22 Abs. 1 S. 1 WEG a.F., wonach eine bauliche Veränderung "beschlossen oder verlangt werden (kann), wenn jeder Wohnungseigen...

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