A. Allgemeines

 

Rz. 1

Anwaltliche Gebühren sollten für den Mandanten immer transparent sein, dies gilt auch im Vorsorge- und Betreuungsrecht. Der Mandant sollte schon im Rahmen der Erstberatung und bevor er dem Rechtsanwalt das Mandat erteilt über die Höhe der zu erwartenden Anwaltsgebühren informiert und eine Gebührenvereinbarung getroffen werden.[1]

 

Rz. 2

Im Vorsorge- und Betreuungsrecht sind folgende anwaltliche Tätigkeiten zu unterscheiden:

Gestaltung von Vorsorgeregelungen
Übernahme von Bevollmächtigungen
Vertretung in Betreuungsverfahren
Übernahme von Betreuungen
[Autor] Scharf
[1] Vgl. ausführlich zu den Hinweispflichten im Rahmen einer Vergütungsvereinbarung und zur Argumentierung der angemessenen Honorierung des Rechtsanwalts gegenüber standardisierten Verfügungen sowie verschiedenen Mustern zu Gebührenvereinbarungen: Horn/Schons, Anwaltformulare Vorsorgevollmachten, § 8 Rn 12 ff.

B. Gebühren bei der Gestaltung von Vorsorgeregelungen

I. Anwaltliche Gebühren

 

Rz. 3

Anders als noch nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO fällt die Mitwirkung des Rechtsanwalts bei der Errichtung von Urkunden nicht mehr unter die Geschäftsgebühr nach VV 2300 RVG. Von der Geschäftsgebühr nach VV 2300 RVG umfasst wird unter anderem die Mitwirkung bei der Gestaltung von Verträgen.

Ob eine Geschäftsgebühr nach VV 2300 RVG oder aber nur eine Beratungsgebühr nach den Grundsätzen des § 34 RVG für die Mitwirkung des Rechtsanwalts bei der Erstellung einer einseitigen Willenserklärung, wie z.B. eines Testamentsentwurfs, entsteht, war lange umstritten.

 

Rz. 4

Mit dem Urteil des BGH vom 22.2.2018[2] wurde diese Frage eindeutig dahingehend entschieden, dass jedenfalls das Entwerfen eines Einzeltestaments oder einer sonstigen einseitigen Urkunde keine Geschäftsgebühr nach VV 2300 RVG auslöst. Weder liegt darin ein Betreiben des Geschäfts noch eine Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags i.S.d. VV Vorb. 2.3 Abs. 3 RVG, so der BGH.[3]

Danach ist die auftragsgemäß auf den Entwurf eines Testaments beschränkte Tätigkeit eines Rechtsanwalts als Beratung und nicht als Betreiben eines Geschäfts zu vergüten. Auch der auftragsgemäße Entwurf zweier aufeinander abgestimmter Testamente sei keine die Geschäftsgebühr auslösende Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags, so der BGH.

Nach der Konzeption des RVG soll der Rechtsanwalt bei einem Auftrag zu außergerichtlicher Beratung in erster Linie auf eine Gebührenvereinbarung hinwirken (§ 34 Abs. 1 S. 1 RVG).[4] Lehnt der Mandant die Vereinbarung eines angemessenen Honorars ab, so stehe es dem Rechtsanwalt frei, das Mandat abzulehnen. Sieht der Rechtsanwalt davon ab, ist ihm die gesetzliche Begrenzung zumutbar, so der BGH weiter.

Erstellt der Rechtsanwalt somit einem Verbraucher i.S.d. § 13 BGB eine Vorsorgevollmacht, so ist die Vergütung – sofern es keine anderweitige Vereinbarung gibt – auf 190 EUR zzgl. Umsatzsteuer gedeckelt, wenn sich die Beratertätigkeit auf ein erstes Beratungsgespräch beschränkt, sowie auf 250 EUR zzgl. Umsatzsteuer, wenn ansonsten weitere Beratungen geleistet wurden.[5]

 

Rz. 5

Der BGH hat zwischenzeitlich mit Urteil vom 15.4.2021[6] die (mit Urteil vom 22.2.2018 zunächst offengelassene) Frage deutlich verneint, ob jedenfalls der Auftrag eines Entwurfs eines gemeinschaftlichen Testaments mit wechselseitigen Verfügungen nach Zweck und Wortlaut der VV Vorb. 2.3 Abs. 3 RVG als "Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags" eine Geschäftsgebühr auslösen würde,[7] wie dies teilweise in der Literatur gefordert wurde.

 

Praxistipp

Nachdem nunmehr abschließend durch die umstrittene Rechtsprechung des BGH[8] geklärt ist, dass der Entwurf einer Vorsorgevollmacht durch einen Rechtsanwalt keine Geschäftsgebühr nach VV 2300 RVG auslöst, ist dem Rechtsanwalt, der eine Vorsorgevollmacht, ein Einzel- oder ein gemeinschaftliches Testament zu entwerfen hat, im Hinblick auf das Gesagte dringend zu raten, vor Mandatsübernahme eine Vergütungsvereinbarung nach § 34 RVG mit dem Mandanten zu schließen. In Ermangelung einer solchen Vereinbarung gilt § 34 Abs. 1 S. 2 und 3 RVG.[9] Es bieten sich insbesondere die Gebührenvereinbarung nach Zeitaufwand oder die Vereinbarung eines Pauschalhonorars an.[10]

 

Rz. 6

Grundsätzlich ist es ausreichend, eine Vorsorgevollmacht – mit oder ohne Patientenverfügung – durch einen Rechtsanwalt entwerfen zu lassen und diese abschließend zu unterschreiben. Eine anschließende notarielle Beurkundung oder die Unterschriftsbeglaubigung ist nicht zwingend notwendig. Zwingend ist eine notarielle Beurkundung nur dann erforderlich, wenn Grundvermögen vorhanden ist und die Generalvollmacht auch zur Veräußerung oder Belastung des Grundvermögens berechtigen soll. Dennoch wird in der Praxis zur Feststellung der Identität des Vollmachtgebers und somit auch zur besseren Akzeptanz im Rechtsverkehr oft mindestens die notarielle Unterschriftsbeglaubigung empfohlen.[11]

[4] BT-Drucks 15/1971, 238 zu Art. 5.
[5] Horn/Schons, Anwaltformulare Vorsorgevollmachten, § 8 Rn 6.
[6] BGH v. 1...

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