Rz. 56
Das Entwerfen einer (einseitigen) Erklärung bzw. Urkunde löst keine Geschäftsgebühr aus, sondern ist Beratungstätigkeit.
Rz. 57
Zu einer solchen einseitigen Erklärung gehört insbesondere der Entwurf eines Testaments. Dies war lange umstritten. Während in § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO auch das Fertigen von Schreiben und das Entwerfen von Urkunden ausdrücklich genannt waren, ist im RVG nur noch vom Betreiben des Geschäfts und der Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrages die Rede. Die Gesetzesbegründung gab hierzu keinerlei Aufschluss, ob es sich um eine absichtliche inhaltliche Änderung handeln sollte. Der BGH hat 2018 die Streitfrage geklärt und entschieden, dass die auftragsgemäß auf den Entwurf eines Testaments beschränkte Tätigkeit eines Rechtsanwalts eine Beratung darstellt und auch der auftragsgemäße Entwurf zweier abgestimmter Testamente keine die Geschäftsgebühr auslösende Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags sei. Die Entscheidung ist zutreffend. Auch wechselbezügliche Vereinbarungen stellen noch keinen Vertrag dar, sondern bleiben einseitige Erklärungen ohne vertragliche Bindung. Dazu müsste schon ein Erbvertrag geschlossen werden.
Rz. 58
Zunächst offengelassen hatte der BGH hingegen, ob der Entwurf eines gemeinschaftlichen Testaments, das nur von Ehegatten (§ 2265 BGB) und eingetragenen Lebenspartnern (§ 10 Abs. 4 LPartG) errichtet werden kann, mit einer Geschäftsgebühr zu vergüten ist. Konsequenterweise ist auch hier nur von einer Beratung auszugehen. Im BGB wird zwischen Erbvertrag (§ 1941 BGB) und Testament (§ 1937 BGB) unterschieden. Während bei Ersterem für die Mitwirkung an der Gestaltung eines Vertrages die Geschäftsgebühr anfällt, kommt beim Testament als Urkunde nur eine Beratungstätigkeit in Betracht. Wollen die Parteien aber keinen Erbvertrag, sondern zwei wechselbezügliche Testamente, dann ist dies hinzunehmen. Der BGH hat dies inzwischen bestätigt und entschieden, dass der auftragsgemäße Entwurf eines gemeinschaftlichen Testaments auch dann keine die Geschäftsgebühr auslösende Tätigkeit ist, wenn wechselbezügliche Verfügungen der Auftraggeber vorgesehen sind. Bei Tätigkeiten im Zusammenhang mit Testamenten sollte daher unbedingt auf eine Vergütungsvereinbarung hingewirkt werden.
Rz. 59
Gleiches gilt für Tätigkeiten in Zusammenhang mit einem so genannten Patiententestament (Patientenverfügung) oder einer Betreuungsverfügung. Hier ist schon fraglich, ob eine anwaltliche Tätigkeit vorliegt. Bejaht man dies, ist nur von einer Beratungstätigkeit auszugehen. Der BGH lehnt die Geschäftsgebühr auch für den Entwurf jeder anderen einseitigen Urkunde ab.
Rz. 60
Auch ein für den Mandanten vorgefertigtes Schreiben (Mahnung, Kündigung o.Ä.) gilt als Beratungstätigkeit. Der BGH hat in seiner oben genannten Entscheidung ausgeführt, die Geschäftsgebühr sei in dem die außergerichtliche Vertretung des Mandanten betreffenden Abschnitt des Vergütungsverzeichnisses geregelt. Eine Vertretung komme daher begrifflich nur gegenüber Dritten in Betracht. Deshalb setzte das Betreiben eines Geschäfts, das eine Geschäftsgebühr auslöse, einen Auftrag des Mandanten voraus, der auf eine Tätigkeit des Rechtsanwalts nach außen gerichtet ist. Eine solche Ausrichtung sei nicht lediglich ein – sicheres – Indiz für eine nach VV 2300 zu vergütende Tätigkeit. Fehle es an ihr und soll der Rechtsanwalt ausschließlich nach innen gegenüber dem Mandanten tätig werden, liegt eine Beratung im Sinne von § 34 vor. Damit dürfte auch geklärt sein, dass der Entwurf von Schreiben lediglich eine Beratung darstellt.
Rz. 61
Werden Vertrags- oder Urkundenentwürfe von Anwälten gefertigt, die zugleich Notare sind, fällt die Geschäftsgebühr nur an, wenn sie als Anwalt tätig geworden sind. Ansonsten ergibt sich die Vergütung aus § 119 GNotKG. Die Abgrenzung zwischen einer Tätigkeit als Anwalt und einer Tätigkeit als Notar ist nach § 24 Abs. 2 BNotO vorzunehmen.