Rz. 449
Eine weitere Möglichkeit, dass die Ehescheidung trotz Zerrüttung der Ehe nicht ausgesprochen wird, ist gegeben, wenn und solange die Scheidung für den Antragsgegner, der die Scheidung ablehnt, aufgrund außergewöhnlicher Umstände eine so schwere Härte darstellen würde, dass die Aufrechterhaltung der Ehe auch unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers ausnahmsweise geboten erscheint, § 1568 Abs. 1 Fallgruppe 2 BGB. Der Antragsgegner kann die Scheidung der Ehe verhindern, wenn sie für ihn eine besondere Härte darstellt.
Rz. 450
Wie auch schon bei der Kinderschutzklausel können auch im Rahmen der Ehegattenschutzklausel nur solche Gründe ausnahmsweise zur Verweigerung der Ehescheidung führen, die durch den Scheidungsausspruch selbst verursacht oder wesentlich mitverursacht werden. Eine allein durch das Scheitern der Ehe verursachte Härte genügt nicht. Härten, die üblicherweise mit Trennung und Scheidung einhergehen, können niemals die Anwendung des § 1568 BGB rechtfertigen. Insofern kann die Schutzklausel also nicht zum Schutz vor Abschiebung oder sozialem Abstieg eingreifen.
Rz. 451
Es kann vielmehr nur darum gehen, dass es dem die Scheidung verweigernden Ehegatten gerade um die Aufrechterhaltung der Ehe in ihrer sozialen Funktion geht. Gerade und nur durch den Scheidungsausspruch muss für den Verweigernden eine unerträgliche Lage entstehen. Außerdem darf es kein milderes, aber gleich geeignetes Mittel zur Beseitigung der Härte geben. Krankheitszustände können beispielsweise nur unter diese Schutzklausel fallen, wenn sie aufgrund der Scheidung zu einer psychischen oder physischen Ausnahmesituation führen würden. Das kann im Falle der Erkrankung eines Ehegatten an Multipler Sklerose sein, wenn sich die Krankheit im Endstadium befindet und schon kleine Aktivierungen der Entzündungsvorgänge zu massiven Anfällen führen können.
Rz. 452
Gemäß § 127 Abs. 3 FamFG kann die Ehegattenschutzklausel nur dann berücksichtigt werden, wenn sie von dem Ehegatten, der die Scheidung ablehnt, vorgebracht worden ist. Außerdem gebietet der Zweck dieser Norm, dass diesen Ehegatten auch die Beweislast trifft, also Beweis über ehefeindliche Tatsachen nicht von Amts wegen erhoben wird. Der Ehegatte, der die Scheidung dadurch verhindern will, dass er sich auf einen Härtefall im Sinne des § 1568 Abs. 1 BGB beruft, muss hierfür sämtliche Tatsachen vortragen und entsprechende Beweismittel benennen. In Betracht kommen gerade in Fällen, die auf den Gesundheitszustand des verweigernden Ehegatten Bezug nehmen, Sachverständigengutachten, vielleicht auch schon privat eingeholte Atteste, und behandelnde Ärzte als Zeugen (die dann natürlich von ihrer Schweigepflicht entbunden werden müssen). Bleiben auch nach Durchführung einer Beweisaufnahme Zweifel an dem Vorliegen eines Härtefalles bestehen, muss die Ehe geschieden werden.
Rz. 453
Hinweis
Der Antragsgegner kann sich gegen die Scheidung wehren, indem er die Ehegattenschutzklausel einwendet.
Er muss vortragen, dass ein Härtefall vorliegt, der es für geboten erscheinen lässt, die Scheidung ausnahmsweise nicht durchzuführen. Es genügen dafür nicht die Härten, die üblicherweise mit einer Trennung oder Scheidung einhergehen.
Dem verweigernden Ehegatten muss es gerade um die Aufrechterhaltung der Ehe in ihrer sozialen Funktion gehen. Gerade und nur durch den Scheidungsausspruch muss für den Verweigernden eine unerträgliche Lage entstehen. Es darf zur Beseitigung der Härte kein milderes, gleich geeignetes Mittel geben.