Rz. 133
Bereits die Trennung, nicht erst die Scheidung, hat rechtliche Folgen für die Beteiligten. Es können Ansprüche gegen den anderen Ehegatten entstehen, wie zum Beispiel ein Anspruch auf Zahlung von Trennungsunterhalt, Überlassung der Wohnung oder der Haushaltsgegenstände. Es entstehen Auskunftsansprüche z.B. nach § 1379 BGB oder Ansprüche auf Zahlung von Nutzungsentschädigung etwa nach § 1361b BGB oder nach § 745 Abs. 2 BGB. Weiter können im Innenverhältnis Ausgleichsansprüche im Fall des Bestehens einer Gesamtschuld aufleben, § 426 Abs. 1 BGB, die während des ehelichen Zusammenlebens gehemmt waren. Daneben entstehen Ansprüche gegen den Staat, beispielsweise auf Zahlung nach dem Unterhaltsvorschussgesetz. Auch steuerrechtlich wirkt sich die Trennung aus.
1. Zivilrechtliche Folgen
Rz. 134
Zwar bewirkt das Getrenntleben allein noch nicht die Auflösung der Ehe, weshalb grundsätzlich die ehelichen Pflichten zueinander auch nach Trennung noch bestehen. Das gilt insbesondere für die in § 1353 Abs. 1 BGB normierte Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme und Verantwortung. Aber die Trennung modifiziert die rechtliche Beziehung der Ehegatten. Dementsprechend entstehen bereits mit der Trennung gegenseitige Ansprüche. Befugnisse oder Verpflichtungen hingegen, die für die eheliche häusliche Lebensgemeinschaft gelten, verlieren ihre Wirkung.
a) Wegfall der Verpflichtungsbefugnis des § 1357 BGB
Rz. 135
Leben Ehegatten voneinander getrennt, ist es für den jeweiligen Ehegatten nicht mehr möglich, den anderen über § 1357 Abs. 1 BGB zu verpflichten oder zu berechtigten, § 1357 Abs. 3 BGB. Gemäß § 1357 Abs. 1 BGB ist jeder Ehegatte berechtigt, Geschäfte zur Deckung des angemessenen Lebensbedarfs der Familie mit Wirkung auch für den anderen zu besorgen. Hierdurch werden beide Ehegatten verpflichtet und berechtigt – also Vertragspartner eines schuldrechtlichen Geschäfts –, soweit sich aus den Umständen nichts anderes ergibt. Anders als im Fall einer Vertretung des Ehegatten führt die Regelung des § 1357 Abs. 1 BGB dazu, dass beide, nicht nur der andere, als Gesamtschuldner Vertragspartner und damit gemeinsam im Außenverhältnis verpflichtet werden. Dementsprechend entsteht im Falle eines Geschäfts, das nach seiner Art objektiv der Deckung des privaten Lebensbereichs dienen soll, eine Gesamtschuldnerschaft auf Seiten der Ehegatten, auch wenn nur ein Ehegatte vertraglich tätig wird.
Rz. 136
Um ein Geschäft zur Deckung des angemessenen Lebensbedarfs handelt es sich zum Beispiel beim Kauf von Lebensmitteln, Kleidung oder Haushaltsgeräten. Aber auch finanziell umfangreichere Verträge können hierunter fallen, wie etwa die Anstellung einer Haushaltshilfe, Reparaturarbeiten in der gemeinsamen Ehewohnung, Verträge betreffend die Energieversorgung oder Hausrat. Allerdings ist die Vertragsbindung jeweils am äußeren Zuschnitt des Haushalts der jeweiligen Familie zu messen. Zu beachten ist, dass Veräußerungsgeschäfte nicht unter § 1357 BGB fallen – auch dann nicht, wenn und soweit der Erlös dem Familienunterhalt zugeführt werden soll. Denn durch Veräußerungsgeschäfte kann niemals Bedarfsdeckung erzielt werden.
Rz. 137
Trennen sich die Ehegatten voneinander, erlischt die häusliche Gemeinschaft, die der Verpflichtungsbefugnis zugrunde liegt. Es wird kein gemeinsamer Haushalt mehr geführt. Mit der häuslichen Gemeinschaft erlischt zwangsläufig auch die gesetzlich eingeräumte Verpflichtungsbefugnis. Werden in dieser Zeit des Getrenntlebens Geschäfte getätigt, die dem Haushalt dienen, wird nur noch derjenige aus diesem Geschäft berechtigt und/oder verpflichtet, der das vertragliche Verhältnis eingegangen ist. Der Gläubigerschutz entfällt.
Rz. 138
Hinweis
Mit Trennung erlischt die gesetzliche Vertretungsmacht des § 1357 BGB mit der Folge, dass bei Geschäften zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs nicht mehr automatisch eine Gesamtschuldnerschaft der Ehegatten entsteht.
b) Wegfall der Haftungsbeschränkung des § 1359 BGB
Rz. 139
Durch die Trennung entfällt die Haftungserleichterung des § 1359 BGB, wonach die Ehegatten bei Erfüllung der sich aus dem ehelichen Verhältnis ergebenden Verpflichtungen nur für diejenige Sorgfalt einzustehen haben, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen.
Rz. 140
§ 1359 BGB beinhaltet eine Einschränkung des üblichen Haftungsmaßstabs des § 276 BGB. Letzterer schreibt eine Haftung bereits dann vor, wenn die betreffende Person die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat. Stattdessen wird gemäß § 1359 BGB die Sorgfalt nicht objektiv, sondern subjektiv für den Schuldner bestimmt und lediglich durch § 277 BGB (Haftung wegen grober Fahrlässigkeit) begrenzt. Grobe Fahrlässigkeit wiederum liegt erst bei besonders schwerer und ungewöhnlich hoher Vernachlässigung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt vor. Diese Haftungserleichterung kann sich auf verschiedene Rechtsbezieh...