Rz. 27
Die Vertretungsmacht des Prokuristen kann auch an die Mitwirkung organschaftlicher Vertreter, wie z.B. eines vertretungsberechtigten Gesellschafters, Geschäftsführers oder Vorstandes, gebunden werden. Da die Prokura in einem solchen Fall jedoch nicht mehreren Personen gemeinschaftlich erteilt wird, liegt keine Gesamtprokura i.S.d. § 48 Abs. 2 HGB vor. Es handelt sich vielmehr um eine Einzelprokura, die nur in der Form einer Gesamtvertretung zusammen mit einer zur gesetzlichen Vertretung der Gesellschaft berufenen Person ausgeübt werden kann (sog. unechte oder gemischte Prokura).
Rz. 28
Gesetzlich geregelt ist die Möglichkeit der Bindung eines Gesellschafters bzw. Vorstandes an die Mitwirkung eines Prokuristen in § 124 Abs. 3 HGB, § 78 Abs. 3 AktG bzw. § 25 Abs. 2 GenG. Der Umfang der Gesamtvertretungsbefugnis richtet sich in diesen Fällen nach der Vertretungsmacht des Gesellschafters, Geschäftsführers bzw. Vorstandsmitgliedes. Die unechte Gesamtprokura führt dementsprechend zu einer Erweiterung des Umfangs der Prokura. Gemeinsam mit dem Gesellschafter kann der Prokurist daher z.B. uneingeschränkt Grundstücksgeschäfte tätigen oder andere Prokuristen bestellen. Diese sog. unechte oder gemischte Gesamtvertretung kann auch parallel zu einer unechten oder gemischten Prokura (Rdn 27) erteilt werden.
Rz. 29
Zulässig ist es auch, die Prokura dergestalt zu erteilen, dass der Prokurist an die Mitwirkung eines selbst nur gesamtvertretungsberechtigten Gesellschafters gebunden ist (sog. gemischt halbseitige Gesamtprokura). Notwendig ist stets, dass neben der Gesamtvertretung mit dem Prokuristen die Möglichkeit der Vertretung durch die Gesellschafter, Geschäftsführer bzw. Vorstandsmitglieder ohne den Prokuristen besteht.
Rz. 30
Nach dem Grundsatz der Selbstorganschaft ist demzufolge eine ausschließliche Gesamtvertretung des einzigen vertretungsberechtigten Gesellschafters mit dem Prokuristen nicht möglich. Ebenso ausgeschlossen ist entgegen einer teilweise vertretenen Auffassung die Erteilung einer Prokura durch einen Einzelkaufmann in der Form, dass der Prokurist nur gemeinsam mit ihm vertretungsberechtigt ist.
Rz. 31
Stets unzulässig ist auch die Bindung des Prokuristen an einen Dritten. Hierbei würde es sich um eine unzulässige Beschränkung des Prokuristen nach § 50 HGB handeln. I.Ü. setzt Gesamtvertretung Vertretungsmacht aller Vertreter voraus.
Beispiel
Eine GmbH & Co. KG kann Prokura in der Weise erteilen, dass der Prokurist die GmbH & Co. KG nur zusammen mit der Komplementär-GmbH vertritt. Nicht möglich ist dagegen eine Bindung des Prokuristen der GmbH & Co. KG an die Mitwirkung eines nur gesamtvertretungsberechtigten Geschäftsführers der Komplementär-GmbH, da dieser im Verhältnis zur GmbH & Co. KG Dritter ist.