Rz. 205
Erfasst ein Kraftfahrer einen Fußgänger bei der Überquerung einer Fußgängerfurt, liegt i.d.R. ein Verstoß des Kraftfahrzeugführers gegen eine Kardinalpflicht im Straßenverkehr vor, da er das Vorrecht des Fußgängers aus § 26 StVO missachtet hat, die zu seiner alleinigen Haftung führt.
Rz. 206
Ist für den Kraftfahrzeugführer nach den Gesamtumständen erkennbar, dass sich ein Fußgänger dem Fußgängerüberweg mit der Absicht nähert, diesen zu betreten, hat der Kraftfahrer nach § 26 StVG mit mäßiger Geschwindigkeit heranzufahren, das Überqueren zu ermöglichen und ggf. zu warten. Verstößt er hiergegen, kann dies die alleinige Haftung des Kraftfahrers begründen. Diese besonderen Sorgfaltspflichten werden jedoch noch nicht ausgelöst, wenn der Fußgänger sich parallel zu dem Übergang bewegt, der sich in einem rechten Winkel zu dem Fußgänger befindet. Ausreichend kann jedoch bereits das zügige Zugehen auf den Fußgängerüberweg sein; bereits bei dem geringsten Zweifel ist dem Fußgänger Vorrang zu gewähren.
Rz. 207
Muster 4.72: Haftung des Fahrzeugführers bei Verstoß gegen § 26 StVO
Muster 4.72: Haftung des Fahrzeugführers bei Verstoß gegen § 26 StVO
Der Unfall ereignete sich vorliegend im Bereich eines Fußgängerüberweges. Ein herannahender Kraftfahrzeugführer hat deshalb in der Umgebung befindliche Fußgänger genau zu beobachten. Wenn – wie hier – ersichtlich ist, dass ein Fußgänger den Überweg überqueren will, hat der Kraftfahrzeugführer mit mäßiger Geschwindigkeit heranzufahren, das Überqueren zu ermöglichen und ggf. zu warten (BGH, Urt. v. 20.4.1966 – III ZR 184/64 = NJW 1966, 1211). Bereits bei dem geringsten Zweifel ist dem Fußgänger Vorrang zu gewähren (KG Berlin, Beschl. v. 10.10.1991 – 2 Ss 113/91 – 3 Ws (B) 145/1 = NZV 1992, 40). Verstößt der Fahrer hiergegen, begründet dies seine alleinige Haftung (KG Berlin, Urt. v. 3.6.2004 – 12 U 68/03 = DAR 2004, 699). Dies insbesondere, wenn – wie hier – _________________________.
Rz. 208
Im Bereich eines Fußgängerüberweges ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Fußgänger sich (wie auch der Kraftfahrzeugführer) nicht uneingeschränkt auf den Vertrauensgrundsatz berufen kann. Er hat daher den Überweg und die herannahenden Kraftfahrzeuge sorgfältig zu beobachten und darf nicht "im blinden Vertrauen" auf den Fußgängerüberweg treten. Verstößt der Fußgänger erwiesenermaßen gegen diese Sorgfaltspflicht, trifft ihn ein Mitverschulden, welches mit 20 % bzw. 25 % zu berücksichtigen sein kann. Kein Mitverschulden liegt aber vor, wenn der Fußgänger die Fahrbahn zu einem Zeitpunkt betritt, zu dem sich das herannahende Fahrzeug noch in einer Entfernung von 70m befand.