a) Verfügungsberechtigte
Rz. 15
Nach § 2033 BGB kann jeder Miterbe über seinen Nachlassanteil verfügen. "Miterbe" ist auch der lediglich bedingt oder befristet als Miterbe Berufene, egal ob aufgrund gesetzlicher oder testamentarischer Erbfolge. Die Höhe der Beteiligung am Nachlass ist unerheblich, so dass auch die Beteiligung mit einem geringen Bruchteil gleiche Rechte gewährt. Der Nachlasspfleger für einen unbekannten Miterben ist nicht Miterbe i.S.v. § 2033 BGB (und darf daher nicht über den Erbanteil verfügen). Zur Verfügung bei Beteiligung Minderjähriger vgl. § 11 Rdn 76 ff.
Rz. 16
Der Vor-Miterbe darf aufgrund §§ 2113–2155 BGB nicht zum Nachteil des Nach-Miterben verfügen. Sowohl der Nach-Miterbe als auch der Allein-Nacherbe können zwischen Erbfall und Nacherbfall über ihr Anwartschaftsrecht analog § 2033 Abs. 1 BGB verfügen. Bei Verzicht auf das Nacherbenrecht zugunsten des Vorerben ist § 2033 Abs. 1 BGB daher ebenfalls analog anwendbar, da auch darin eine Verfügung liegt. Zu Einzelheiten vgl. § 5 Rdn 18 ff.
b) Gegenstand und Form der Verfügung
Rz. 17
Der Anteil am Nachlass wird durch die Erbquote bestimmt, mit der ein Miterbe am Nachlass beteiligt ist. Über diesen Anteil kann der Miterbe verfügen, so lange auch nur noch ein einziger Nachlassgegenstand vorhanden und die Erbengemeinschaft noch nicht auseinandergesetzt ist. Als Minus zur Verfügung über den gesamten Anteil kann der Erbe auch über einen Bruchteil seines Miterbenanteils verfügen. Einzelne Gegenstände oder Rechte können nicht von der Verfügung ausgenommen werden.
Rz. 18
"Verfügung" i.S.v. § 2040 BGB entspricht dem allgemeinen Verfügungsbegriff. Verfügung ist demnach ein Rechtsgeschäft, das unmittelbar darauf gerichtet ist, auf das Recht am Miterbenanteil einzuwirken, es also entweder auf einen Dritten zu übertragen, mit einem Recht zu belasten, das Recht aufzuheben oder es sonst wie in seinem Inhalt zu verändern. Unter Verfügung i.S.v. § 2033 Abs. 1 BGB ist mithin nur das dingliche Rechtsgeschäft, nicht die (bloße) schuldrechtliche Verpflichtung zur Übertragung zu verstehen, da jene noch nicht unmittelbar auf das Recht am Miterbenanteil einwirkt. Auch die Zwangsvollstreckung gem. §§ 859 Abs. 2, 857 ZPO ist Verfügung i.S.v. § 2033 BGB, so dass der Nachlassanteil, nicht hingegen der Anteil an einzelnen Nachlassgegenständen gepfändet werden kann.
Rz. 19
Die Verfügung über einen Erbteil muss gem. § 2033 Abs. 1 S. 2 BGB notariell beurkundet werden, § 128 BGB, § 20 BNotO. Ein Verstoß gegen das Erfordernis der notariellen Beurkundung führt gem. § 125 S. 1 BGB zur Nichtigkeit des Verfügungsvertrages. Durch Vollziehung der Übertragung wird ein Mangel in der Form nicht geheilt. Das Gesetz sieht eine Heilung nicht vor (anders z.B. bei Grundstücken, § 311b Abs. 1 S. 2 BGB) und der BGH hat eine Analogie abgelehnt, da die gesetzlichen Heilungsmöglichkeiten stets durch besondere Fallgestaltungen bedingt sind.
Rz. 20
Über einen Anteil am Nachlassgegenstand kann ein Miterbe nicht allein verfügen. Möglich ist aber die einvernehmliche Verfügung aller Miterben über den gesamten Nachlassgegenstand oder Teile hiervon, § 2040 Abs. 1 BGB (siehe unten Rdn 39). Jedes dingliche Rechtsgeschäft ist "Verfügung", da es ohne Weiteres auf das Recht am Nachlassgegenstand einwirkt. Die (bloße) schuldrechtliche Verpflichtung ist keine Verfügung, da jene noch nicht unmittelbar auf das Recht am Nachlassgegenstand einwirkt. Es gibt jedoch auch im Bereich des Schuldrechts Erklärungen, die unmittelbar ein Schuldverhältnis umgestalten und daher Verfügungen sind. Zum Beispiel sind
Verfügungen i.S.v. § 2033 Abs. 2 BGB.
Gestaltungserklärungen wie
wirken auch unmittelbar auf ein Recht am Nachlassgegenstand ein und sind daher ebenfalls Verfügungen.
Rz. 21
Unwirksam ist mithin ebenfalls die Verfügung eines Miterben über seinen Anteil an einem Nachlassgrundstück sowie die Belastung mit einer Hypothek oder Grundschuld. Grundsätzlich gilt dieses Verfügungsverbot auch, wenn lediglich noch ein Nachlassgegenstand vorhanden ist. Dann ist jedoch § 140 BGB (Umdeutung) zu beachten (siehe unten Rdn 27). Wegen des Gläubigerschutzes kann ein Miterbe auch nicht über seinen Anspruch auf das künftige Auseinandersetzungsguthaben verfügen (zur Möglichkeit der Umdeutung einer Pfändung siehe § 9 Rdn 56).
Möglich ist die vermächtnisweise Zuwendung eines Nießbrauchs an einem Miterbenanteil. Gehört in diesem Fall ein Grundstück zum Miterbenanteil, ist die Eintragung eines Nießbrauchvermerks im Grundbuch möglich, obwohl sich der Nießbrauch lediglich auf die gesamthänderische Beteiligung an der Erbengemeinschaft und nicht auf einzelne Nachlassgegenstände bezieht.