Rz. 161
Weitreichende Möglichkeiten bei einem ebenso weiten Anwendungsbereich bietet der Auskunftsanspruch gegen den Erbschaftsbesitzer. Nach der Legaldefinition des § 2018 BGB ist Erbschaftsbesitzer jeder, "der aufgrund eines ihm in Wirklichkeit nicht zustehenden Erbrechts etwas aus der Erbschaft erlangt hat". Nimmt ein Miterbe für sich eine Alleinerbenstellung oder einen größeren Erbteil in Anspruch und begründet deshalb Alleinbesitz an Nachlassgegenständen ist er hinsichtlich des ihm nicht zustehenden Erbteils somit Erbschaftsbesitzer i.S.d. § 2018 BGB und auskunftspflichtig nach § 2027 Abs. 1.[354] Er hat mithin dem Miterben Auskunft über
▪ | den Bestand der Erbschaft und |
▪ | den Verbleib der Erbschaftsgegenstände |
zu erteilen. Ausreichend ist es dafür auch, wenn ein Miterbe etwas, "das er noch ohne Erbrechtsanmaßung aus dem Nachlass erlangt hat, später als (Allein-)Erbe in Anspruch nimmt."[355]
Rz. 162
Es liegt wohl an der Überschrift des § 2027 BGB ("Auskunftspflicht des Erbschaftsbesitzers"), dass in der Praxis die Auskunftspflicht § 2027 Abs. 2 BGB häufig unbeachtet bleibt.[356] Denn auch derjenige ist nach § 2027 Abs. 1 auskunftspflichtig, der eine Sache aus dem Nachlass in Besitz nimmt, bevor der Erbe den Besitz tatsächlich ergriffen hat. Der Erbschaftsbesitz i.S.v. § 2018 BGB ist hier keine Voraussetzung. Der Besitz muss jedoch erst nach dem Tod erlangt werden, damit die Auskunftspflicht besteht: Wer den Besitz bereits zu Lebzeiten des Erblassers erlangt hat, ist nicht nach § 2027 Abs. 2 BGB auskunftspflichtig.[357]
Rz. 163
Der Anspruch nach § 2027 BGB kann nach § 2039 BGB von jedem Miterben allein für die Erbengemeinschaft geltend gemacht werden.[358] Dieser Anspruch kann vom Erblasser auch nicht durch Testament ausgeschlossen werden.[359] Wird der Anspruch über einen Zeitraum vom Miterben über neun Jahren nicht geltend gemacht, kann Verwirkung eintreten.[360]
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