Dr. iur. Frank Fad, Prof. Dr. Günther Schneider
Rz. 259
Nach der Regelung des § 17 Abs. 3 S. 1 StVG entlastet ein unabwendbares Ereignis den Halter nicht, wenn es auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Fahrzeugs oder auf einem Versagen seiner Vorrichtungen (= Funktionen) beruht.
Rz. 260
Beschaffenheitsfehler sind in der Regel auf Bau- und Konstruktionsfehler des Fahrzeugs zurückzuführen. Abweichungen von den Beschaffenheitsvorschriften (§§ 30 ff. StVZO) oder von den anerkannten Regeln der Technik begründen einen Beschaffenheitsfehler. Da Beschaffenheitsfehler relativ selten sind, stehen unverschuldete Unfälle, die durch Versagen der Vorrichtungen des Fahrzeugs ausgelöst werden, in der Praxis im Vordergrund.
Rz. 261
Unter dem Versagen der Vorrichtungen ist ein Versagen der Funktionen der Fahrzeugteile während des Betriebes zu verstehen, das meist auf mangelnde Pflege, Instandhaltung und Reparatur zurückzuführen ist. Auch in diesen Fällen liegt begrifflich ein unabwendbares Ereignis vor; gerade das plötzliche Versagen der Vorrichtungen, das für den Fahrer völlig unvorhersehbar war, wird für ihn den eintretenden Unfall unvermeidbar machen. Die Bedeutung der Bestimmung besteht gerade darin, dass hier ein unabwendbares Ereignis, das begrifflich vorliegt, nicht die Wirkung des Haftungsausschlusses hat. Hierher gehören verdeckte Materialfehler, Bruch infolge Ermüdungserscheinungen im Material, welcher ein Versagen der Vorrichtungen herbeiführt. Dagegen kann ein entlastendes unabwendbares Ereignis dann vorliegen, wenn durch äußere Einflüsse die Vorrichtungen versagen, z.B. beim Zusammenstoß die Bremsen zerstört werden und der an sich weiterfahrende Wagen demnächst gegen einen Baum stößt, ebenso wenn ein Nagel in einen Reifen dringt. Beim Platzen eines Reifens hängt die Zulässigkeit des Unabwendbarkeitsbeweises im Übrigen von der Ursache des Platzens im Einzelfall ab. Unabwendbarkeit besteht dann, wenn das Platzen auf äußere Einflüsse zurückgeht; nicht wenn Beschaffenheitsfehler oder Abnutzung ursächlich sind. Ein bereits vor dem Unfall für den Fahrer ohne weiteres erkennbarer untauglicher Zustand der Bremsen stellt niemals ein unabwendbares Ereignis dar.