Dr. Lars Damke, Dr. Martin van Bühren
Rz. 125
Gemäß A § 9 VGB 2010, A 12.1 ff. VGB 2022 (§ 3 VGB 88) ersetzt der Versicherer dem Versicherungsnehmer etwaige Mietausfallschäden, die er durch ein unter Versicherungsschutz fallendes Schadenereignis erleidet. Handelt es sich bei der versicherten Sache um Gebäude, die zu Wohnzwecken genutzt werden, ist der Versicherungsschutz für Mietausfall automatisch und ohne gesonderte Vereinbarung Gegenstand des Versicherungsvertrages. Wird das versicherte Gebäude zu gewerblichen Zwecken benutzt, bedarf es zur Versicherung des Mietausfalls gem. A § 9 Nr. 3 VGB 2010, A 12.3 VGB 2022 (§ 3 Nr. 2 VGB 88) einer besonderen Vereinbarung. Versichert ist der Mietausfall ebenso wie etwaige Mietminderungen für den vertraglich vereinbarten Zeitraum, im Regelfall 12 Monate. Dabei wird der ortsübliche Mietwert auch dann ersetzt, wenn ein vom Versicherungsnehmer selbst genutztes Wohngebäude vom Versicherungsfall betroffen ist.
1. Vermietete Wohnräume
Rz. 126
A § 9 Nr. 1 a VGB 2010, A 12.1.1 VGB 2022 ersetzt den Mietausfall, soweit der Mieter infolge des Versicherungsfalles die Mietzahlung zu Recht ganz oder teilweise eingestellt hat. Die Formulierung in den VGB 88 (§ 3 Nr. 1a VGB 88) war insoweit missverständlich, als das die Ersatzfähigkeit des Mietausfallschadens davon abhängig gemacht wurde, dass der Mieter aufgrund des Versicherungsfalles dazu berechtigt ist, die Zahlung der Miete ganz oder teilweise zu verweigern. Maßgeblich ist aber auch nach den VGB 88, dass dem Versicherungsnehmer tatsächlich Mieteinnahmen entgangen sind. Der Mieter muss also sein Recht zur Mietminderung tatsächlich ausgeübt haben. Ein Anspruch besteht auch dann nicht, wenn der Versicherungsnehmer die Räume unentgeltlich Dritten (z.B. Verwandten oder Freunden) überlassen hat.
Rz. 127
Nach A § 9 Nr. 1 a VGB 2010, A 12.1.1 VGB 2022 muss der Mieter die Miete auch rechtlich begründet einbehalten. Eine unberechtigte Mietzinskürzung verpflichtet den Versicherer nicht zum Ersatz eines entstandenen Mietausfallschadens. Zur Prüfung der Berechtigung des Mieters zur Mietminderung sind die hierzu entwickelten allgemeinen Grundsätze des Mietrechts heranzuziehen.
Rz. 128
Werden die versicherten Räumlichkeiten an Dritte vermietet, richtet sich der Umfang des zu ersetzenden Mietausfalls nach dem im Mietvertrag vereinbarten Mietzins. Um die Höhe dieses Betrages ermitteln zu können, ist der Versicherungsnehmer dazu verpflichtet, dem Versicherer den Mietvertrag auf dessen Verlangen vorzulegen. Die vom Versicherer zu erbringenden Leistungen erstrecken sich sowohl auf die Miete als auch auf die Nebenkosten.
2. Eigengenutzte Wohnräume
Rz. 129
Werden die versicherten Gebäude vom Versicherungsnehmer selbst bewohnt und nicht an Dritte vermietet, richtet sich der versicherte Mietausfallschaden nach A § 9 Nr. 1 b VGB 2010, A 12.1.2 VGB 2022 (§ 3 Nr. 1b VGB 88). Danach ersetzt der Versicherer dem Versicherungsnehmer im Schadenfall den ortsüblichen Mietzins, sofern dem Versicherungsnehmer die Beschränkung auf einen etwa benutzbar gebliebenen Teil der Wohnung nicht zugemutet werden kann. Eine schadenfallbedingte Beeinträchtigung der bewohnten Räumlichkeiten reicht also noch nicht aus, um die Eintrittspflicht des Versicherers zu begründen. Erforderlich ist vielmehr, dass die Wohnung insgesamt nicht mehr benutzbar ist. Es gilt also das "Alles-oder-Nichts-Prinzip".
Rz. 130
Der Umfang der vom Versicherer zu erbringenden Mietausfallentschädigung richtet sich nach der ortsüblichen Miete für vergleichbare Wohnungen. Da A § 9 Nr. 1 b VGB 2010, A 12.1.2 VGB 2022 (§ 3 Nr. 1b VGB 88) lediglich vom ortsüblichen "Mietwert" spricht, ist der Versicherer lediglich zum Ausgleich der Nettomiete ohne Nebenkosten verpflichtet.
3. Gewerblich genutzte Räume
Rz. 131
Gemäß A § 9 Nr. 3 VGB 2010, A 12.3 VGB 2022 (§ 3 Nr. 2 VGB 88) bedarf der Versicherungsschutz für Mietausfall bei gewerblich genutzten Räumen einer ausdrücklichen Vereinbarung. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei der versicherten Sache um ein gemischt genutztes Gebäude handelt. Liegt eine gemischte Nutzung vor, besteht ohne ausdrückliche Vereinbarung kein Anspruch auf Ersatz des Mietwertes für die gewerblich genutzten Räume. Für die Abgrenzung zwischen gewerblich genutzten Räumen und Wohnräumen sind der Inhalt des Mietvertrages und die tatsächlich Nutzung der Räume maßgeblich.
4. Zeitliche Entschädigungsgrenze
Rz. 132
Gemäß A § 9 Nr. 2 VGB 2010, A 12.2 VGB 2022 (§ 3 Nr. 3 VGB 88) wird der Mietausfall oder der Mietwert bis zu dem Zeitpunkt ersetzt, in dem die Wohnung wieder benutzbar ist, die Höchstdauer wird regelmäßig auf 12 Monate begrenzt sein.
Rz. 133
Soweit der Wortlaut von A § 9 Nr. 2 b VGB 2010, A 12.2.1 VGB 2022 (§ 3 Nr. 3 VGB 88) für den Beginn der 12-Monatsfrist auf den Versicherungsfall abstellt, ist dies nicht sachgerecht. Maßgebend ist vielmehr der Beginn der Nutzungsstörung, also der Zeitpunkt, v...