Rz. 31

Der sog. Anwaltsvertrag zwischen Wahlverteidiger und Mandant ist eine entgeltliche Geschäftsbesorgung (§ 675 BGB), die sowohl auftrags- als auch dienstvertragsrechtliche Elemente enthält. Ein solcher Vertrag ist grundsätzlich jederzeit von beiden Seiten kündbar. Da es sich bei den Diensten eines Rechtsanwalts jedoch um sog. "Dienste höherer Art" handelt, zu denen der Verteidiger nur aufgrund eines besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen ihm und seinem Mandanten beauftragt wird, darf der Rechtsanwalt nur dann kündigen, wenn sich der Mandant die Dienste noch anderweitig beschaffen kann, § 627 Abs. 2 S. 1 BGB. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt, wenn ein wichtiger Grund für die Kündigung zur Unzeit besteht. Fehlt es an einem solchen Grund, ist der Verteidiger im Falle einer unzeitigen Kündigung dem Mandanten gegenüber schadenersatzpflichtig, § 627 Abs. 2 S. 2 BGB.

 

Rz. 32

Allerdings hat der Rechtsanwalt auch im Falle einer außerordentlichen Kündigung gewisse Rücksichtsnahmepflichten, die ihm aufgrund des ursprünglichen Vertrauensverhältnisses auferlegt sind: So muss er bei der Anzeige der Mandatsniederlegung alles vermeiden, wodurch seinem ehemaligen Mandanten Nachteile entstehen können. Ist der Verteidiger etwa Vertreter des abwesenden Mandanten in einer Berufungssache nach § 329 Abs. 1 StPO, hat er auch bei Vorliegen eines wichtigen Kündigungsgrundes den Verhandlungstermin wahrzunehmen, um ein sog. Verwerfungsurteil abzuwenden. Infolge der Nachwirkungen des Vertrauensverhältnisses darf der Verteidiger bei der Anzeige der Mandatsbeendigung gegenüber der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht nicht die Kündigungsgründe mitteilen, weil selbst der Hinweis darauf, dass der Mandant nicht bezahlt hat, geeignet sein könnte, den Mandanten in ein schlechtes Licht zu rücken. Im Rahmen dieser nachvertraglichen Fürsorgepflichten ist ferner zu beachten, dass die Schweigepflicht fortbesteht. Sie endet nicht mit dem Mandatsverhältnis, vgl. § 2 Abs. 1 BORA.

 

Rz. 33

Um nicht den Anschein einer fortbestehenden Bevollmächtigung zu erwecken und weiterhin Zustellungen zu erhalten, ist die Beendigung des Mandats unverzüglich der Staatsanwaltschaft bzw. dem Gericht anzuzeigen. Die Zustellungsvollmacht dauert bis zur Aktenkundigkeit der Mandatsbeendigung an.[16]

 

Rz. 34

Kündigt der Rechtsanwalt aus den genannten Gründen, stehen ihm sowohl die gesetzliche Vergütung als auch zumindest die für die bis zur Kündigung geleistete Tätigkeit vereinbarte Vergütung zu.[17]

[16] Vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, § 145a StPO Rn 2; HK-StPO/Julius, § 145a Rn 7.
[17] Instruktiv hierzu BGHSt 27, 366 ff.

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