Rz. 434
Der Wiedereinsetzungsantrag ist kein Rechtsmittel, sondern ein außerordentlicher Rechtsbehelf. Er führt zur Beseitigung einer rechtskräftigen Entscheidung. Die Wiedereinsetzung ist aber ausgeschlossen, wenn das Verfahren bereits zuvor durch eine vom Revisionsgericht nach § 349 Abs. 2 oder Abs. 5 StPO erlassene Sachentscheidung abgeschlossen wurde. Durch die Wiedereinsetzung wird das Verfahren in das Stadium zurückversetzt, das bestanden hätte, wenn ein verspätetes Rechtsmittel oder ein verspäteter Rechtsbehelf fristgemäß eingelegt worden wäre.
Rz. 435
Nur wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine Frist oder die vorgeschriebene Form einzuhalten, wird ihm auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt, § 44 S. 1 StPO. Grundsätzlich ist dem Angeklagten ein Verschulden des gewählten Verteidigers nicht zuzurechnen, denn er ist grundsätzlich nicht zur Überwachung des Verteidigers verpflichtet. Ebenso gilt das Kanzleiversehen für den Rechtsanwalt und den Vertretenen als unverschuldetes Ereignis, wenn die Fristversäumnis nur darauf beruht und kein Organisationsverschulden seitens des Rechtsanwalts vorliegt.
Rz. 436
§ 44 S. 2 StPO enthält eine gesetzliche Vermutung für das Nichtverschulden des Antragstellers bei unterbliebener Rechtsmittelbelehrung. Gleiches gilt für eine unvollständige und unrichtige Belehrung. Doch auch hier muss ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Belehrungsmangel und Fristversäumung bestehen. Daher muss im Antrag dargelegt werden, dass die Fristversäumung auf der fehlenden Rechtsmittelbelehrung beruht.
Rz. 437
Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist nach § 45 Abs. 1 StPO binnen einer Woche nach Wegfall des Umstandes, der zur Fristversäumnis geführt hat, bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist zu wahren gewesen wäre. Er muss nicht nur Angaben über die versäumte Frist und den Hinderungsgrund, sondern auch über den Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses enthalten. Dies sind Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Antrag. Im Rahmen des Wiedereinsetzungsantrags muss ein Sachverhalt vorgetragen werden, der jedes Verschulden ausschließt und der die Tatsachen zur Zulässigkeit und Begründung des Antrags glaubhaft macht, § 45 Abs. 2 S. 1 StPO. Das Erfordernis des Glaubhaftmachens hat den Zweck, dem Gericht die Versäumnisgründe wenigstens wahrscheinlich zu machen und ihm zu ermöglichen, ohne weitere Ermittlungen zu entscheiden. Die glaubhaft zu machenden Tatsachen müssen nicht bewiesen werden, die hinreichende Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit genügt. Allerdings gilt hier der Zweifelsgrundsatz nicht. Bei dem Antrag auf Wiedereinsetzung ist im Übrigen das Gebot des wahrheitsgemäßen Sachvortrags einzuhalten.
Gemäß § 45 Abs. 2 S. 2 StPO ist außerdem noch die versäumte Handlung innerhalb der Frist des Abs. 1 S. 1 in der gesetzlich vorgeschriebenen Form nachzuholen.
Möglich ist auch die Wiedereinsetzung in die Wiedereinsetzungsfrist für den Fall, dass die Wochenfrist schuldlos versäumt wurde.