Fabian Triesch, Helmut Beckmann
A. Einführung
Rz. 1
Der vorliegenden Ausarbeitung liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB) in den vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. empfohlenen Fassungen von 2010 und 2012 zugrunde.
Die Bedingungen von 2010 basieren mit einigen hier eher unbedeutenden Änderungen auf den ARB 1994, den letzten Bedingungen, die noch von der Aufsichtsbehörde genehmigt wurden. Mit dem 1.7.1994 ist nach dem damaligen EG-Recht die Pflicht der Versicherer entfallen, von der Aufsichtsbehörde zuvor genehmigte Bedingungen zu verwenden. Der unverbindlichen Empfehlung des Verbandes folgend haben seither die Versicherer die ARB 94 im Wesentlichen weiter verwendet. Es hat weitere, geringfügige Änderungen in den Musterbedingungen 2010 gegeben, deren wesentlicher Unterschied zum einen die Aufnahme der Mediation in die möglichen versicherten Leistungsarten sein dürfte, zum anderen die Neufassung der sog. Obliegenheiten in § 17 ARB 2010.
Bedeutender sind die Änderungen, die mit den Änderungen der ARB 2012-Musterbedingungen ab Oktober 2012 einhergehen. Die Überarbeitung erfolgte, um eine bessere Verständlichkeit zu gewährleisten. Mit den Änderungen, die erstmalig sprachwissenschaftlich begleitet wurden, wird allerdings auch der mehr oder weniger einheitliche Leistungshintergrund verlassen. Es gibt vielmehr eine bausteinartige Aufgliederung der versicherbaren Bereiche, deren Nummerierung nun nicht mehr den aus den ARB 2010 "gewohnten" Paragrafen folgt, sondern einer textlich gegliederten Auflistung. Dabei wird z.B. unterschieden zwischen dem
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Privat- Rechtsschutz |
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Rechtsschutz für Selbstständige oder Firmen |
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Rechtsschutz für Vereine, usw. |
Die unterschiedlichen Vertragsarten enthalten dann wiederum bausteinartig die versicherten Leistungsarten. Ist der Bereich Arbeits-Rechtsschutz versichert, ist damit inhaltlich identisch zu den vorangegangenen Bedingungswerken die Interessenwahrnehmung aus Arbeitsverhältnissen oder aus öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen hinsichtlich dienstrechtlicher und versorgungsrechtlicher Ansprüche abgesichert.
Die Nummerierungen in den nachstehenden Ausführungen zu den ARB 2012 entsprechen denen der GDV Empfehlungen. Sie können in erheblichem Maße von denen der Versicherungsunternehmen abweichen, da sich durch die unterschiedlichen Kombinationsmöglichkeiten von Vertrags- und Leistungsarten völlig abweichende Zahlenkombinationen ergeben können.
Praxishinweis
Die Musterbedingungen des GDV sind nur unverbindliche Empfehlungen, was zur Folge hat, dass sich jedes Unternehmen diesen anschließen kann, es aber nicht muss. Ansonsten bietet es sich grundsätzlich an, für die Recherche der Rechtslage in einem eigenen Fall sich zunächst zu orientieren, wo in den ARB 2010 die Regelungen stehen, die einen für die Lösung des Falls interessieren. Denn die meisten aktuellen Kommentare sind in Anlehnung an die ARB 2010 gegliedert und weisen dann lediglich auf Abweichungen zu den ARB 2012 oder früheren Fassungen hin.
Damit sind Unterschiede zwischen den Bedingungen unterschiedlicher Anbieter und auch desselben Unternehmens wegen unterschiedlicher Bedingungsversionen, die dem jeweiligen Versicherungsvertrag aufgrund seines Abschlussdatums zugrunde liegen, nicht auszuschließen. Es empfiehlt sich daher dringend, ggf. kurzfristig telefonisch den Versicherungsumfang beim Unternehmen abzufragen. Dies ist in mehrfacher Hinsicht sinnvoll: Die ARB 2010 und 2012 sehen (erstmals) ausdrücklich eine Obliegenheit vor, den Versicherungsfall unverzüglich anzuzeigen. Zudem kann zugleich in Erfahrung gebracht werden, ob eine Selbstbeteiligung für den Mandanten besteht oder aber – wie es in einigen Bedingungen festgelegt ist – keine Selbstbeteiligung anfällt, sofern es bei einer ersten Beratung durch den Anwalt bleibt. Es ist zu beachten, dass auch bei dem rechtsschutzversicherten Mandanten die Verpflichtung des Anwaltes aus § 12a Abs. 1 Satz 2 ArbGG besteht, auf das Fehlen eines Kostenerstattungsanspruches im ersten Rechtszug ausdrücklich hinzuweisen. Alles, was also möglicherweise nicht abgesichert ist, wird der Mandant damit selbst zu tragen haben. Darüber sollte von Anfang an Klarheit herrschen.
Auf hier interessierende Abweichungen von den Musterbedingungen bei einzelnen Versicherern (im Wesentlichen Erweiterungen des Deckungsbereichs) wird an den entsprechenden Stellen der Darstellung besonders hingewiesen.
Rz. 2
Nach § 1 der ARB erbringt der Versicherer die für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers oder des Versicherten erforderlichen Leistungen im vereinbarten Umfang. Zum Verständnis dieser abstrakten Risikobeschreibung bedarf es zunächst einer Erläuterung der Aufgabenstellung der Rechtsschutzversicherung im Allgemeinen. Hierbei werden praxisrelevante Fragen berührt, die sich auf die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten (Rechtsschutzversicherer, Versicherungsnehmer/Mitversicherter, Rechtsanwalt) beziehen, insbesondere auf Ansprüche im Verhältnis des Recht...