Joachim Vetter, Dr. iur. Martin Nebeling
Rz. 633
Genügt die Schulungsveranstaltung den Anforderungen des § 37 Abs. 6 BetrVG, hat der Arbeitgeber anders als bei Bildungsveranstaltungen nach § 37 Abs. 7 BetrVG neben der Fortzahlung des Arbeitsentgeltes auch die dem Betriebsratsmitglied entstehenden Schulungskosten gem. § 40 Abs. 1 BetrVG zu tragen. Die Kosten müssen auch der Höhe nach erforderlich sein. Insoweit gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Betriebsrat hat die betriebliche Situation und die mit dem Besuch der Schulungsveranstaltung verbundenen finanziellen Belastungen des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Die Teilnahme ist nicht erforderlich, wenn sich der Betriebsrat vergleichbare Kenntnisse zumutbar und kostengünstiger auf andere Weise verschaffen kann. Er muss aber nicht die kostengünstigste Schulungsveranstaltung auswählen, wenn er eine andere Schulung für qualitativ besser hält (BAG v. 14.1.2015 – 7 ABR 95/12, juris). Wählt der Betriebsrat eine um 50 % über den Kosten anderer Anbieter liegende teurere Schulung, genügt es zur Begründung allerdings nicht, dass der Referent dem Betriebsrat aufgrund früherer Teilnahme bekannt sei (BAG v. 19.3.2008 – 7 ABR 2/07, juris).
Rz. 634
Hinweis
Der Betriebsrat überschreitet seinen Beurteilungsspielraum bei der Beschlussfassung über die Entsendung eines neugewählten Mitglieds auf eine Grundlagenschulung, die mit der Überlassung eines sogenannten "Starter-Sets" und der Möglichkeit einer "kostenfreien anwaltlichen Erstberatung durch einen erfahrenen Rechtsanwalt" verbunden ist, jedenfalls dann nicht, wenn der Seminarpreis marktüblich ist und vergleichbare Schulungen nicht wesentlich günstiger, zum Teil aber wesentlich teurer zu buchen sind. Der Betriebsrat muss nicht allein wegen der mit dem Schulungsangebot verbundenen Seminarbeigaben von der Entsendung des Mitglieds auf die Veranstaltung absehen, soweit keine Anzeichen dafür bestehen, dass diese die Höhe des Seminarpreises maßgeblich beeinflussen (BAG v. 17.11.2021 – 7 ABR 27/20, juris).
Rz. 635
Aus den vorzulegenden Rechnungen oder Belegen muss sich ergeben, welche unter die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers fallenden Leistungen der Schulungsveranstalter erbracht hat und welche Preise für diese Leistungen anfallen. Werden die Seminargebühren als Pauschalpreis in Rechnung gestellt, so genügt grundsätzlich die Angabe des vereinbarten Betrags und der Hinweis auf die Pauschalierung. Soweit nach den getroffenen Vereinbarungen die Seminargebühren nicht pauschal, sondern nach Einzelleistungen des Schulungsträgers abgerechnet werden, ist die Rechnung allerdings dementsprechend aufzuschlüsseln. Der Veranstalter einer Schulung nach § 37 Abs. 6 BetrVG hat daher Rechnungen auszustellen, die als Nachweis für die Kostenerstattungsansprüche der Schulungsteilnehmer oder für den Freistellungsanspruch des Betriebsrats gegen den Arbeitgeber ausreichen. Dabei handelt es sich um eine Nebenpflicht des Schulungsträgers aus dem Schulungsvertrag (BAG v. 17.11.2021 – 7 ABR 27/20, juris).
Rz. 636
Zu ersetzen sind ferner Unterkunfts- und Verpflegungskosten. Dabei kann die Notwendigkeit zur Übernachtung im Tagungshotel nicht einfach damit begründet werden, dies sei bei Schulungsmaßnahmen generell erforderlich. Zwar ist ein Gedanken- und Erfahrungsaustausch über die Betriebsratsarbeit unter den Seminarteilnehmern nach Beendigung des Seminarprogrammes üblich. Dies macht eine Übernachtung im Tagungshotel nicht notwendig, wenn eine Übernachtung in einem gut erreichbaren anderen Hotel am Tagungsort zumutbar ist (BAG v. 17.11.2010 – 7 ABR 113/09, juris; BAG v. 28.3.2007 – 7 ABR 33/06, juris; anders kann es bei winterlichen Verhältnissen sein BAG v. 27.5.2015 – 7 ABR 26/13, juris). Auch ist eine Übernachtung in der eigenen Wohnung zumutbar, wenn der Schulungsanbieter die Tagung auch ohne Übernachtung anbietet und die An- und Abreise ohne Schwierigkeit und unzumutbaren Aufwand möglich ist (z.B. der Arbeitgeber das Betriebsratsmitglied morgens abholen lässt und für abends Taxikosten-Erstattung anbietet). Schließlich kann der Betriebsrat nicht die vollen Fahrtkosten verlangen, wenn eine qualitativ gleichwertige Schulung – etwa durch denselben Schulungsanbieter – in einer näher gelegenen Stadt angeboten wird (ähnlich LAG Rheinland-Pfalz v. 11.7.2007 – 8 TaBV 10/07, juris).
Rz. 637
Besteht im Betrieb eine Reisekostenregelung, so ist diese auch für Betriebsratsmitglieder anlässlich der Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung verbindlich, wenn die Übernachtungs- und Verpflegungskosten vom Betriebsratsmitglied beeinflusst werden können. Eine andere Handhabung würde einer ungerechtfertigten Begünstigung des Betriebsratsmitgliedes gleichkommen (BAG v. 28.3.2007 – 7 ABR 33/06, juris; a.A. LAG Nürnberg v. 25.2.2003 – 2 TaBV 24/02, juris: Haushaltsersparnis muss entsprechend der Sachbezugsverordnung angerechnet werden, selbst wenn es eine Reisekostenregelung gibt; teilweise abweichend LAG Nürnberg v. 26.7.2004 – 9(7) TaBV 51/02, juris; LAG Hamm v. 13.1.2006 – 10 TaBV 65/05, juris; LAG Ba...