Joachim Vetter, Dr. iur. Martin Nebeling
Rz. 436
Gem. § 26 Abs. 1 BetrVG wählt der Betriebsrat aus seiner Mitte den Vorsitzenden und dessen Stellvertreter. Dies geschieht i.d.R. bei der konstituierenden Sitzung des Betriebsrates nach der Betriebsratswahl, die vom Vorsitzenden des Wahlvorstandes gem. § 29 Abs. 1 BetrVG einberufen wird. Der Vorsitzende des Wahlvorstandes leitet die konstituierende Sitzung, bis der Betriebsrat aus seiner Mitte einen Wahlleiter bestellt hat (§ 29 Abs. 1 S. 2 BetrVG).
Rz. 437
Besondere Wahlvorschriften bestehen nicht. Es kann geheim (schriftlich) oder offen gewählt werden. Üblich ist, dass die Wahl schriftlich und geheim durchgeführt wird, wenn ein Betriebsratsmitglied dies verlangt; ob dies unbedingt zwingend ist (so Fitting, § 26 BetrVG Rn 9) oder ob der Antrag auf geheime Abstimmung mehrheitlich abgelehnt werden kann (so etwa GK/Raab, § 26 Rn 10, jeweils m.w.N.), ist höchstrichterlich noch nicht entschieden; der Betriebsrat sollte sich aber die Blöße, einen solchen Antrag abzulehnen – und das Risiko eines gerichtlichen Anfechtungsprozesses der Vorsitzendenwahl auf sich zu nehmen –, nicht geben.
Rz. 438
Das Wahlverfahren ist – nach der Aufgabe der Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten durch die BetrVG-Reform 2001 – sehr vereinfacht worden. Es ist nicht mehr erforderlich, dass der Vorsitzende Angestellter und der Stellvertreter Arbeiter ist oder umgekehrt, wie dies nach dem BetrVG 1972 zwingend war. Nach nunmehriger Gesetzeslage finden zwei Wahlgänge durch das gesamte Betriebsratsgremium statt. Im ersten Wahlgang wird der Vorsitzende gewählt, in einem zweiten Wahlgang der Stellvertreter. Die jeweiligen Kandidaten sind – wie bei allen betriebsratsinternen Vorgängen – stimmberechtigt. Gewählt ist derjenige Kandidat, der die meisten Stimmen erhalten hat. Es genügt die relative Mehrheit (hat also z.B. A 4 Stimmen, B 3 Stimmen, C 2 Stimmen, ist A gewählt), außer der Betriebsrat hat vorher beschlossen, dass bei Nichterzielen der absoluten Mehrheit ein weiterer Wahlgang zu erfolgen hat, in dem nur noch die beiden Bewerber mit den meisten Stimmen antreten oder in dem jeweils der Bewerber mit den wenigsten Stimmen wegfällt. Eine absolute Mehrheit bzw. eine Mehrheit der Stimmen der Anwesenden ist aber anders als bei offiziellen Betriebsratsbeschlüssen nach § 33 BetrVG auch bei nur zwei Bewerbern (z.B. 4:3 bei zwei Enthaltungen) nicht erforderlich, weil es um einen sog. "innerorganisatorischen Akt" geht, nicht um die Ausübung von Mitbestimmungsrechten.