Joachim Vetter, Dr. iur. Martin Nebeling
Rz. 878
Inhaltlich begrenzt wird der Unterrichtungsanspruch durch den notwendigen Aufgabenbezug (BAG v. 26.1.1988 – 1 ABR 34/86, juris). Zwar genügt es danach, dass der Betriebsrat die Informationen benötigt, um festzustellen, ob sich Aufgaben oder Mitbestimmungsrechte ergeben und ob er hiervon Gebrauch machen will (BAG v. 19.2.2008 – 1 ABR 84/06, juris). Wenn dieses Mitbestimmungsrecht aber von der Initiative des Arbeitgebers abhängt (wie etwa bei der Prüfung durch Revisoren, ob Arbeitsabläufe verbessert werden sollen, ob Bildungsmaßnahmen empfohlen werden oder ob technische Einrichtungen eingeführt werden sollen), kann der Betriebsrat derartige Auskünfte auch erst dann verlangen, wenn der Arbeitgeber in Richtung der von den Revisoren getätigten Vorschläge tätig wird und konkrete Maßnahmen in Angriff nimmt (BAG v. 27.6.1989 – 1 AZR 404/88, juris). Ausreichend ist, wenn der Betriebsrat die Auskunft benötigt, um überwachen zu können, ob von der Muttergesellschaft des Konzerns vorgegebene Regeln eingehalten werden und ob das Verfahren diskriminierungsfrei und unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes durchgeführt worden ist (LAG Baden-Württemberg v. 9.4.2014 – 19 TaBV 7/13, juris, für Aktienoptionen und Nachzugsaktien).
Rz. 879
Wegen fehlenden Bezugs zu einem Mitbestimmungsrecht hat der Betriebsrat keinen Anspruch darauf, dass ihm alle ab einem bestimmten Zeitpunkt ausgesprochenen Abmahnungen in anonymisierter Form vorgelegt werden (BAG v. 17.9.2013 – 1 ABR 26/12, juris). Auch können Betriebsrat oder Gesamtbetriebsrat nicht über § 80 Abs. 2 BetrVG den in § 110 Abs. 1 BetrVG vorgesehenen Quartalsbericht verlangen, um die Arbeitnehmer über die wirtschaftliche Lage und die Entwicklung des Unternehmens zu unterrichten; dies gehört nicht zu den Aufgaben des Betriebsrats (BAG v. 14.5.2013 – 1 ABR 4/12, juris). Es genügt eine gewisse Wahrscheinlichkeit für das Bestehen von Aufgaben. Die Grenzen des Auskunftsanspruches liegen dort, wo ein Beteiligungsrecht oder eine sonstige Aufgabe offensichtlich nicht in Betracht kommt.
Rz. 880
Nötig ist eine zweistufige Prüfung. Neben der Feststellung, dass überhaupt eine Aufgabe des Betriebsrates gegeben sein kann, muss die begehrte Information zur Aufgabenwahrnehmung im konkreten Einzelfall erforderlich sein (BAG v. 19.2.2008 – 1 ABR 84/06, juris; BAG v. 8.11.2016 – 1 ABR 64/14, juris, für den Anspruch auf die Vorlage von Stichtagserhebungen nach § 4 Abs. 2 Psych-PV). Diese Erforderlichkeit hat der Betriebsrat darzulegen. Erst dann können die Arbeitsgerichte im Streitfall prüfen, ob die Voraussetzungen der Vorlagepflicht vorliegen (BAG v. 9.4.2019 – 1 ABR 51/17, juris; BAG v. 8.11.2016 – 1 ABR 64/14, juris; BAG v. 16.8.2011 – 1 ABR 22/11, juris). Für den erforderlichen Grad der Wahrscheinlichkeit ist der jeweilige Kenntnisstand des Betriebsrates maßgeblich. Die Anforderungen sind umso niedriger, je weniger der Betriebsrat mit ihm bereits zugänglichen Informationen beurteilen kann, ob die begehrte Auskunft tatsächlich zur ordnungsgemäßen Durchführung seiner Aufgaben erforderlich ist (BAG v. 8.6.1999 – 1 ABR 28/97, juris, für das Verlangen nach Auskunft über die Auswertung einer im Betrieb durchgeführten Umfrage; BAG v. 24.1.2006 – 1 ABR 60/04, juris: verneint bei der Möglichkeit, die begehrten Daten mithilfe einer einfachen Rechenoperation aus bereits vorhandenen Unterlagen selbst zu ermitteln). Die Unterrichtung ist nur erforderlich, wenn sich aus der begehrten Auskunft in der Vergangenheit Rückschlüsse für das Verhalten des Arbeitgebers für Gegenwart und Zukunft ergeben (BAG v. 24.4.2018 – 1 ABR 6/16, juris).
Rz. 881
Der Anspruch auf Information und Zurverfügungstellen der erforderlichen Unterlagen ist von der konkreten Kontrollaufgabe abhängig. Es besteht ein abgestufter Informationsanspruch. Hat der Betriebsrat bereits in bestimmtem Umfang Kenntnisse, deren er zur Erfüllung seiner Kontrollaufgabe bedarf, so setzt der Anspruch auf zusätzliche Information oder die Vorlage weiterer Unterlagen konkrete Anhaltspunkte für deren Bedarf voraus, die der Betriebsrat darzulegen hat (BAG v. 19.10.1999 – 1 ABR 75/98, juris, für die Vorlage ausgefüllter Arbeitsverträge).
Rz. 882
Hinweis
Die Unterrichtungspflicht erstreckt sich nach der 2001 neu eingefügten Vorschrift des § 80 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 BetrVG auch auf die Beschäftigung von Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen. Diese Bestimmung soll dem Betriebsrat in erster Linie die Prüfung ermöglichen, ob nicht in Wirklichkeit ein Arbeitsverhältnis zum eigenen Arbeitgeber und damit eine Eingliederung in den Betrieb und seine – des Betriebsrates – Zuständigkeit besteht. Vergibt der Arbeitgeber bisher betrieblich wahrgenommene Tätigkeiten an Fremdfirmen, kann der Betriebsrat nicht verlangen, über den Inhalt der entsprechenden Verträge informiert zu werden; anderes gilt, wenn Drittfirmen Arbeitnehmer in den Betrieb entsenden; dies ergibt sich jetzt ausdrücklich aus der zum 1.4.2017 mit der AÜG-Novelle eingefügten ...