Joachim Vetter, Dr. iur. Martin Nebeling
Rz. 1049
Nach § 93 BetrVG kann der Betriebsrat verlangen, dass Arbeitsplätze, die besetzt werden sollen, allgemein oder für bestimmte Arten von Tätigkeiten vor ihrer Besetzung innerhalb des Betriebes ausgeschrieben werden. Der Betriebsrat kann auch anregen, dass die Arbeitsplätze als Teilzeitarbeitsplätze ausgeschrieben werden, wenn die betreffenden Arbeitsplätze sich hierfür eignen (s. dazu § 7 TzBfG). Die Vorschrift des § 93 BetrVG dient zusammen mit den Regelungen der §§ 6, 7 TzBfG der Aktivierung des sog. innerbetrieblichen Arbeitsmarktes und der Erschließung von Reserven an qualifizierten Arbeitnehmern.
Rz. 1050
Der Betriebsrat kann auch die Ausschreibung von Arbeitsplätzen verlangen, die der Arbeitgeber dauerhaft mit Leiharbeitnehmern besetzen will (BAG v. 7.6.2016 – 1 ABR 33/14, juris; BAG v. 1.2.2011 – 1 ABR 79/09, juris); nötig ist allerdings, dass deren Einsatzzeit mindestens vier Wochen betragen soll (BAG v. 15.10.2013 – 1 ABR 25/12, juris). Ist das Verlangen nach Ausschreibung nicht eingeschränkt, besteht die Ausschreibungspflicht auch für Arbeitsplätze, deren Besetzung mit Nachwuchskräften beabsichtigt ist (BAG v. 29.9.2020 – 1 ABR 17/19, juris), oder wenn die Stelle durch Weiterbeschäftigung eines bereits tätigen Arbeitnehmers über die tarifliche Altersgrenze hinaus erfolgen soll (BAG v. 22.9.2021 – 7 ABR 22/20, juris). Wird im Rahmen eines Verlagerungskonzepts eine Stelle verlagert und der bisherige Mitarbeiter auf diese Stelle versetzt, muss der Arbeitgeber den Arbeitsplatz dagegen nicht ausschreiben (LAG Nürnberg v. 2.2.2017 – 5 TaBV 32/16, juris). Nicht jede Einstellung i.S.d. § 99 Abs. 1 BetrVG löst die Ausschreibungspflicht nach § 93 BetrVG aus; letztere besteht nicht, wenn der Arbeitgeber keinen neuen Arbeitsplatz schafft bzw. keinen vorhandenen neu besetzt (BAG v. 12.6.2019 – 1 ABR 5/18, juris, für die Beauftragung eines Mitarbeiters eines anderen Betriebs mit der Vorgesetztenstellung für betriebsfremde Arbeitnehmer, die als Einstellung in diesem weiteren Betrieb zu werten ist).
Rz. 1051
Das Recht, die Ausschreibung zu verlangen, steht allein dem örtlichen Betriebsrat zu, nicht auch dem Gesamt- oder Konzernbetriebsrat. Durch Gesamt- oder Konzernbetriebsvereinbarung kann der dem Betriebsrat zustehende Anspruch aus § 93 BetrVG nicht eingeschränkt werden (BAG v. 29.9.2020 – 1 ABR 17/19, juris).
Rz. 1052
Das Gesetz enthält keine ausdrücklichen Bestimmungen dazu, welche Anforderungen an Inhalt, Form und Frist einer Ausschreibung sowie deren Bekanntmachung zu stellen sind. Die konkrete Ausgestaltung obliegt dem Arbeitgeber. Näheres kann in einer Betriebsvereinbarung geregelt werden; ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht hat der Betriebsrat insoweit nicht (BAG v. 27.10.1992 – 1 ABR 4/92, juris). Ist allerdings in der Ausschreibung ein Datum für eine Stellenbesetzung angegeben, ist regelmäßig eine neue Ausschreibung erforderlich, wenn zwischen diesem Datum und dem tatsächlichen Besetzungszeitpunkt mehr als sechs Monate vergangen sind (BAG v. 30.4.2014 – 7 ABR 51/12, juris).
Rz. 1053
Die Mindestanforderungen an Form und Inhalt einer Ausschreibung ergeben sich aus ihrem Zweck – ein Recht des Betriebsrats, eine bestimmte Form zu verlangen, ist in § 93 BetrVG nicht normiert (BAG v. 6.10.2010 – 7 ABR 18/09, juris). Dieser geht dahin, die zu besetzende Stelle den in Betracht kommenden Arbeitnehmern zur Kenntnis zu bringen und ihnen die Möglichkeit zu geben, ihr Interesse an der Stelle kundzutun und sich darauf zu bewerben. Der Arbeitgeber ist auch dann zur Ausschreibung verpflichtet, wenn es höchstwahrscheinlich keine geeigneten innerbetrieblichen Bewerber gibt (LAG Berlin-Brandenburg v. 5.9.2013 – 21 TaBV 843/13, juris, allerdings mit der sehr weitgehenden Einschränkung, dass der Betriebsrat sich allenfalls dann nicht auf die unterbliebene Ausschreibung berufen kann, wenn mit Sicherheit feststeht, dass kein Belegschaftsmitglied über die erforderliche Qualifikation verfügt oder Interesse hat und dies dem Betriebsrat bekannt ist; LAG Düsseldorf v. 12.4.2019 – 10 TaBV 46/18, juris; LAG Köln v. 14.9.2012 – 5 TabV 18/12, juris).
Rz. 1054
Dagegen gehört es bei Arbeitsplätzen, die der Arbeitgeber mit Leiharbeitnehmern besetzen will, nicht zu den Mindestanforderungen, die Bewerbung an den Arbeitgeber zu richten, um mit diesem ggf. einen Vertrag zu schließen (BAG v. 7.6.2016 – 1 ABR 34/14, juris). Aus der Ausschreibung muss hervorgehen, um welchen Arbeitsplatz es sich handelt und welche Anforderungen ein Bewerber erfüllen muss; dagegen soll es nicht erforderlich sein mitzuteilen, ob die Stelle befristet sein soll oder nicht (LAG Schleswig-Holstein v. 6.3.2012 – 2 TaBV 37/11, juris – das erscheint als zweifelhaft). Zu den Mindestanforderungen zählt auch nicht die Nennung der für die ausgeschriebene Stelle beabsichtigten Entgeltgruppe (LAG Schleswig-Holstein v. 6.7.2017 – 4 TaBV 6/17, juris). Wird die Stelle mit einem externen Bewerber besetzt, der nicht sämtliche Qualifikationsmerkmale exakt erfüllt, ist dies nich...