Joachim Vetter, Dr. iur. Martin Nebeling
Rz. 1010
Entschließt sich der Arbeitgeber – freiwillig – eine Leistungsprämie einzuführen, kann er mitbestimmungsfrei entscheiden, in welchem Umfang er finanzielle Mittel einsetzen, welchen Zweck er mit der Leistung verfolgen und welchen Personenkreis er begünstigen will. I.Ü. unterliegt die Ausgestaltung der freiwillig eingeführten Leistungsprämie der Mitbestimmung des Betriebsrates (BAG v. 13.12.2011 – 1 AZR 508/10; BAG v. 8.12.1981 – 1 ABR 55/79).
Rz. 1011
Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats erstreckt sich auch auf die Regelung von Zulagen, die der Arbeitgeber vorübergehend ins Ausland entsandten Mitarbeitern gewährt (BAG v. 30.1.1990 – 1 ABR 2/89).
Rz. 1012
Setzt sich die Vergütung aus einem feststehenden Grundgehalt, einem variablen erfolgsabhängigen Einkommen (Provision) und Prämien zusammen, besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei der Festlegung des Verhältnisses vom Festgehalt zu den variablen Vergütungsanteilen und bei der Festlegung des Verhältnisses der variablen Einkommensbestandteile untereinander (BAG v. 6.12.1988 – 1 ABR 44/87).
Rz. 1013
Ist ein Provisionssystem derart ausgestaltet, dass mit jedem Abschluss eines Geschäftes auch eine bestimmte Zahl von Provisionspunkten verdient wird und jeder Provisionspunkt einheitlich mit einem bestimmten Euro-Betrag vergütet wird, unterliegt die Festlegung der Punktezahl für jedes Geschäft der Mitbestimmung des Betriebsrates, die Bestimmung des Euro-Betrages je Provisionspunkt ist hingegen mitbestimmungsfrei (BAG v. 13.3.1984 – 1 ABR 57/82).
Rz. 1014
Die Ersetzung des bisherigen Vergütungssystems in einem Betrieb durch ein anderes ist eine mitbestimmungspflichtige Angelegenheit der betrieblichen Lohngestaltung (BAG v. 31.1.1984 –1 AZR 174/81).
Dies gilt dann nicht, wenn ein tarifgebundener Arbeitgeber auf alle Arbeitnehmer unabhängig von ihrer Tarifgebundenheit die für ihn geltende tarifliche Vergütungsstruktur anwendet und die Einführung einer neuen tariflichen Vergütungsstruktur lediglich aufgrund einer bloßen Tarifsukzession eintritt. In diesem Fall hat der Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht, da der Arbeitgeber das Vergütungssystem nicht i.S.d. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG geändert hat (BAG v. 17.5.2011 - 1 AZR 797/09).
Nimmt der Arbeitgeber bei allen umgruppierten Arbeitnehmern eine vollständige Anrechnung einer umgruppierungsbedingten Tarifentgeltsteigerung vor, so besteht laut BAG ebenfalls kein Mitbestimmungsrecht (vgl. BAG v. 24.10.2017 – 1 AZR 346/16).
Von der Ersetzung des bisherigen Vergütungssystems ist die vollständige und ersatzlose Einstellung der finanziellen Leistungen durch den Arbeitgeber zu unterscheiden, die durch eine nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG teilmitbestimmte Betriebsvereinbarung gewährt wurde. Die komplette Einstellung einer Leistung unterliegt nicht dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Eine diesbezügliche Betriebsvereinbarung wirkt gem. § 77 Abs. 6 BetrVG nur so lange nach, bis der Arbeitgeber erklärt, dass er für den bisherigen Leistungszweck keine Mittel mehr zu Verfügung stellt (BAG v. 5.10.2010 – 1 ABR 20/09; BAG v. 26.8.2008 – 1 AZR 354/07).
Rz. 1015
Bestehen für Teile der Belegschaft verschiedenartige Entgeltsysteme, die durch die Unterschiede der Tätigkeiten bedingt sind, erstreckt sich das Mitbestimmungsrecht nicht auf das Verhältnis der einzelnen Entgeltsysteme zueinander (BAG v. 19.9.1995 – 1 ABR 20/95).
Rz. 1016
Die Änderung des Leistungsplans einer selbstständigen Unterstützungskasse ist mitbestimmungspflichtig, weil betriebliche Versorgungsleistungen Entgelt für vorgeleistete Betriebstreue des Arbeitnehmers darstellt und damit Teil der betrieblichen Lohngestaltung ist.
Rz. 1017
Schließt ein Arbeitgeber i.R.d. betrieblichen Altersversorgung Lebensversicherungsverträge zugunsten seiner Arbeitnehmer ab, unterliegen der Leistungsplan und die Regelung über die Heranziehung der Arbeitnehmer zu Versicherungsbeiträgen der Mitbestimmung des Betriebsrates. Mitbestimmungsfrei hingegen ist die Auswahl und auch der Wechsel des Versicherungsunternehmens, solange der Verteilungsplan und die Beitragsbelastungen der Arbeitnehmer davon unberührt bleiben (BAG v. 16.2.1993 – 3 ABR 29/92).
Rz. 1018
Betriebliche Altersversorgung wird teilweise in der Form gewährt, dass mehrere Unternehmen eine Gruppenunterstützungskasse bilden. In dem Fall hat der jeweilige Betriebsrat über das Abstimmungsverhalten des an der Unterstützungskasse beteiligten Unternehmens bei Beschlüssen der Organe der Unterstützungskasse in Fragen der Ausgestaltung eines Leistungsplanes mitzubestimmen (BAG v. 9.5.1989 – 3 AZR 439/88).