Joachim Vetter, Dr. iur. Martin Nebeling
Rz. 295
Die Besonderheit im zweistufigen Verfahren liegt darin, dass bereits auf der ersten Wahlversammlung, auf der zunächst der Wahlvorstand gewählt werden muss, abschließend Wahlvorschläge gemacht werden müssen. Wahlvorschläge sind nach dem Ende der ersten Wahlversammlung nicht mehr zulässig. Dies muss den wahlberechtigten Arbeitnehmern mitgeteilt werden. Der Aushang – Einladung zur ersten Wahlversammlung – muss daher folgende Hinweise enthalten (§ 28 Abs. 1 S. 5 WO):
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Ort, Tag und Zeit der Wahlversammlung mit dem Hinweis, dass zunächst der Wahlvorstand zu wählen ist, |
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dass Wahlvorschläge nur zur bis zum Ende dieser ersten Wahlversammlung gemacht werden können, |
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dass Wahlvorschläge für den Betriebsrat mindestens von zwei Wahlberechtigten unterzeichnet sein müssen (oder dass in Betrieben mit i.d.R. bis zu zwanzig Wahlberechtigten keine Unterschriften erforderlich sind), |
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dass Vorschläge von Kandidaten für den Betriebsrat, die erst in dieser ersten Wahlversammlung gemacht werden, nicht der Schriftform bedürfen. |
Rz. 296
Zu beachten ist, dass diese Angaben schon durch die drei Wahlberechtigten (oder die Gewerkschaft), die zu dieser ersten Wahlversammlung einladen (nach § 28 Abs. 1 WO sog. "einladende Stelle"), gemacht werden müssen, nicht erst – wie sonst – durch den Wahlvorstand. Das bedeutet, dass die Einladenden zunächst (sonst findet ja kein vereinfachtes Wahlverfahren statt) die Zahl der regelmäßig beschäftigten wahlberechtigten Arbeitnehmer feststellen müssen: Diese darf höchstens bei 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern liegen. Zum anderen wird die Zahl der regelmäßig Beschäftigten benötigt, um die Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder und diejenige der notwendigen Stützunterschriften für einen Wahlvorschlag (keine oder zwei) zu berechnen. Diese sollten konkret in der Einladung angegeben sein. Unabhängig von dieser Einladung verlangt das Gesetz allerdings die Konkretisierung dieser Angaben erst in einem Wahlausschreiben, das der gerade gewählte Wahlvorstand im Anschluss an die Aufstellung der Wählerliste noch in dieser ersten Wahlversammlung – sozusagen vor Augen aller dort befindlichen Arbeitnehmer – zu erlassen hat. Dieses Wahlausschreiben ist dann noch am selben Tag an denjenigen Stellen, an denen auch die Einladung zur ersten Wahlversammlung erfolgt, auszuhängen (§ 31 WO).
Rz. 297
Hinweis
Das Verfahren ist sehr verkürzt und gibt der "einladenden Stelle" sehr viel Macht über die Zusammensetzung des Wahlvorstandes und auch des Betriebsrates. Die Wahlberechtigten erhalten vor der ersten Wahlversammlung – in der aber sofort und abschließend Wahlvorschläge gemacht werden – nur Mindestinformationen. Die einladende Stelle kann Vorschläge zur Zusammensetzung des Wahlvorstandes machen, muss dies aber nicht. Nähere Informationen über das Verfahren – wie viele Betriebsratsmitglieder sind eigentlich zu wählen? Wie viele Frauen und Männer? Wie ist das Wahlverfahren? Wie viele Stimmen kann man abgeben? Was ist ein "Wahlvorschlag"? Wie hat er auszusehen? – erhalten die wahlberechtigten Arbeitnehmer, soweit sie die einladende Stelle nicht von sich aus macht, nach den gesetzlichen Bestimmungen zunächst nicht.