Rz. 1217

Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat die sachlichen Gründe konkret mitteilen, aus denen die vorläufige Durchführung dringend erforderlich sein soll; die Wiederholung der gesetzlichen Generalklausel reicht nicht aus (LAG Hamm v. 4.4.2008 – 13 TaBV 88/07, juris; LAG Hessen v. 27.5.2008 – 4 TaBV 288/07, juris). Er hat – für den Betriebsrat nachvollziehbar – die sachliche Dringlichkeit darzulegen, um sicherzustellen, dass nur unaufschiebbare personelle Maßnahmen vor Abschluss des Regelverfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG einstweilen durchgeführt werden (LAG Köln v. 17.4.2008 – 13 TaBV 130/07, juris). Er kommt seiner Unterrichtungspflicht ggü. dem Betriebsrat nach § 100 Abs. 2 BetrVG nach, wenn er dem Betriebsrat vor der vorläufigen Durchführung der Einstellungsmaßnahmen mitteilt, wie viele Personen für welchen Zeitraum als Tagesarbeitskräfte eingestellt werden sollen und wie viele Personen des Stammpersonals im Kassenbereich aus welchen Gründen nicht zur Verfügung stehen (LAG Rheinland-Pfalz v. 13.12.2006 – 9 TaBV 44/06, juris).

 

Rz. 1218

 

Hinweis

Für die Entscheidungen von ArbG und LAG über die Anträge sind folgende Alternativen zu beachten:

1. Es sind noch Ermittlungen/Beweiserhebungen über die Berechtigung des Verweigerungsgrundes anzustellen, der Feststellungsantrag über die Dringlichkeit ist aber entscheidungsreif (nach BAG v. 18.10.1988 – 1 ABR 36/87, juris, soll dies wegen des Offensichtlichkeitsmaßstabes für diesen Antrag häufig der Fall sein): Das ArbG erlässt je nach Stattgabe oder Ablehnung einen Teil-Beschluss mit dem Tenor "Es wird festgestellt, dass die Einstellung offensichtlich nicht dringend erforderlich war" oder "Es wird festgestellt, dass die Einstellung nicht offensichtlich nicht dringend erforderlich war".
2. Die Verfahrenseinleitung ist ordnungsgemäß, die Verweigerung des Betriebsrates begründet. Das ArbG muss – weil die Entscheidung über den Zustimmungsersetzungsantrag nach § 99 Abs. 4 BetrVG nicht rechtskräftig ist – dennoch über die Feststellung der Dringlichkeit entscheiden. Es erlässt folgenden Beschluss: "1. Der Antrag auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrates zur Einstellung wird abgewiesen. 2. Es wird festgestellt, dass die Einstellung offensichtlich (nicht offensichtlich) nicht dringend erforderlich war."
3. Die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrates war nicht rechtzeitig, nicht formgerecht oder ohne Gründe. Das ArbG erlässt folgenden Beschluss: "Es wird festgestellt, dass die Zustimmung des Betriebsrates zur Einstellung als erteilt gilt". Fraglich ist, ob in diesem Fall zusätzlich über die Feststellung der Dringlichkeit zu befinden ist; insoweit dürfte der Feststellungsantrag allerdings "uneigentlicher Hilfsantrag" sein, der nur für den Fall der benötigten Zustimmungsersetzung relevant wird.
4. Der Widerspruch ist ordnungsgemäß, aber nach Ansicht des ArbG unbegründet. In diesem Fall ist – die Zustimmungsersetzung ist nicht rechtskräftig und damit letztlich noch offen – auch über die offensichtliche Nicht-Dringlichkeit zu entscheiden (anders beim BAG). Das ArbG erlässt folgenden Beschluss: "1. Die Zustimmung des Betriebsrates zur Einstellung wird ersetzt. 2. Es wird festgestellt, dass die Einstellung offensichtlich (nicht offensichtlich) nicht dringend erforderlich war."
5. Die Zustimmungsersetzung kommt nicht in Betracht, weil der Arbeitgeber den Betriebsrat nicht vollständig unterrichtet hat. Das ArbG wird – obwohl die Voraussetzungen für die Stattgabe des Ersetzungsantrages fehlen – dennoch über die offensichtliche Nicht-Dringlichkeit entscheiden, weil die Abweisung des Ersetzungsantrages nicht sofort rechtskräftig ist (und im Übrigen die Unterrichtung im laufenden Beschlussverfahren noch vervollständigt werden könnte). "1. Der Antrag auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung wird abgewiesen. 2. Es wird festgestellt, dass die Einstellung offensichtlich (nicht offensichtlich) nicht dringend erforderlich war."
6. Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat nicht ausreichend über die dringenden Erfordernisse unterrichtet, i.Ü. – insb. hinsichtlich des Antrags auf Zustimmung zur Einstellung/Versetzung war die Unterrichtung ordnungsgemäß. Die Zustimmung zur Einstellung/Versetzung gilt allerdings mangels ausreichenden Widerspruches des Betriebsrats als erteilt. Dies wird das ArbG so tenorieren. In diesem Fall ist die Dringlichkeit unerheblich; es ist nicht mehr über diesen Antrag (uneigentlicher Hilfsantrag) zu befinden.
7. Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat nicht ausreichend über die dringenden Erfordernisse unterrichtet. Die Zustimmung des Betriebsrates ist aber zu ersetzen. Eigentlich wäre der Antrag auf Feststellung der Dringlichkeit abzuweisen. Da aber nur an die Feststellung der offensichtlichen Nicht-Dringlichkeit Konsequenzen geknüpft sind und die Maßnahme nicht weiter durchgeführt werden darf, wird das ArbG stattdessen beschließen: "1. Die Zustimmung des Betriebsrates zur Einstellung wird ersetzt. 2. Es wird festgestellt, dass die Einstellung offens...

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