A. Außergerichtliche Verfahren
I. Typischer Sachverhalt
Rz. 1
A und B waren bis 2020 verheiratet. Sie schrieben bis zu diesem Zeitpunkt höchst erfolgreich gemeinsam Kriminalromane. Nach der Scheidung trennten sich ihre Wege auch beruflich. Im Jahr 2021 erscheint Bs neuer Kriminalroman. A ist der Auffassung, dass dieser Kriminalroman in weiten Teilen von ihr geschrieben worden sei. B habe ein von ihr erstelltes Manuskript als Basis genommen und lediglich einige Teilergänzungen durchgeführt. A möchte dies verbieten lassen. Darüber hinaus möchte A an dem finanziellen Erfolg des Romans, der sich überaus gut verkauft hat und demnächst verfilmt werden soll, teilhaben.
II. Rechtliche Grundlagen
Rz. 2
Das Urheberrechtsgesetz (UrhG) schützt Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst, wobei als "Werke" im Sinne des Urheberrechtsgesetzes nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 UrhG nur "persönliche geistige Schöpfungen" angesehen werden. § 2 Abs. 1 UrhG enthält einen nicht abschließenden Katalog schutzfähiger Leistungen, der durch die im 2. Abschnitt des UrhG abschließend aufgeführten "verwandten Schutzrechte" ergänzt wird.
Rz. 3
Voraussetzung eines urheberrechtlichen Schutzes ist nach § 2 Abs. 2 UrhG eine persönliche geistige Schöpfung. Eine persönliche Schöpfung verlangt eine menschliche Tätigkeit. Das Bedienen einer Maschine oder das Aneinanderfügen vorgegebener Elemente führt daher nur dann zu einer menschlichen Schöpfungsleistung, wenn Maschinen lediglich Hilfsmittel sind. Die Problematik "persönliche Schöpfung" tritt daher vor allem im Zusammenhang mit der Bewertung von Computergrafiken oder softwaregestützten Arbeitsergebnissen auf.
Das Werk muss weiterhin einen Inhalt gedanklicher oder ästhetischer Art enthalten. Wissenschaftlichen Lehren, einzelnen Motiven oder Sujets kommt ein Urheberrechtsschutz daher regelmäßig nicht zu, da es an dem notwendigen geistig-schöpferischen Gehalt der Gedankenführung und -formung fehlt. Allerdings sind auch keine zu großen Anforderungen an die Schöpfungshöhe zu stellen: Bereits eine "geistvolle" Form und Art der Materialsammlung, Einteilung und Anordnung des dargebotenen Stoffes ist zur Begründung einer Urheberrechtsfähigkeit ausreichend. Nach der "kleinen Münze" des Urheberrechts sind somit auch einfache, aber gerade noch schutzfähige Schöpfungen mit umfasst. Die lange Zeit vertretene und immer noch in der Literatur anzutreffende Auffassung, im Bereich der angewandten Kunst, die einem Designschutz zugänglich ist, seien schärfere Anforderungen an die Gestaltungshöhe zu stellen, hat der BGH ausdrücklich aufgegeben.
Schließlich bedarf das Werk einer Schöpfung, also einer Formgebung. Nicht geschützt wird damit die bloße Idee. Hingegen sind auch Entwürfe, Skizzen, Präsentationen oder Teile eines Werkes schutzfähig, wenn sie die erforderliche Schöpfungshöhe haben (siehe auch § 2 Abs. 7 UrhG).
Rz. 4
Nach dem Leitgedanken des UrhG ist der Schöpfer (Urheber) von Werken i.S.d. § 2 Abs. 1 UrhG zum einen in seiner geistigen und persönlichen Beziehung zu seinem Werk (Urheberpersönlichkeitsrecht) wie auch in der Verwertung desselben umfassend geschützt (vgl. § 11 UrhG). Bestandteil des Urheberpersönlichkeitsrechts sind das Veröffentlichungsrecht (§ 12 UrhG), das Recht auf namentliche Nennung (§ 13 UrhG) sowie das Recht, eine Entstellung des Werkes zu verhindern (§ 14 UrhG). Zur Vermeidung von Unstimmigkeiten gilt eine Vermutung der Urheberschaft, wenn man auf dem Werk oder einem Vervielfältigungsstück als Urheber bezeichnet wird (§ 10 UrhG). Gibt es mehrere Urheber eines gemeinsamen Werkes, so gelten sie als Miturheber. Die Verwertungsrechte stehen ihnen gesamthänderisch zu (§ 8 UrhG). Das Verwertungsrecht umfasst u.a. das Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht (§§ 16, 17 UrhG), das Ausstellungsrecht und die Wiedergaberechte (§§ 18 bis 22 UrhG). Eine praktisch bedeutsame Regelung ist dabei das Recht, über das öffentliche Zugänglichmachen zu befinden; regelmäßig ist dies bei unberechtigten Uploads verletzt.
Das Urheberrechtsgesetz geht dabei von dem Grundsatz des größtmöglichen Schutzes des Urhebers aus. Nach dem gesetzlichen Leitbild soll das Urheberrecht regelmäßig beim Urheber verbleiben. Das Urheberrecht ist daher vererblich, aber nicht übertragbar (§ 29 Abs. 1 S. 2 UrhG). Gemäß § 41 UrhG hat der Urheber ein Rückrufsrecht, falls der Nutzungsberechtigte nicht oder nur unzureichend Gebrauch von den ihm eingeräumten Befugnissen macht. Die §§ 31a oder 40 UrhG stellen ein Schriftformerfordernis hinsichtlich Nutzungsrechtsübertragungen an künftigen Werken auf. § 31 Abs. 5 UrhG enthält den Grundsatz, dass der Urheber bei Fehlen einer besonderen Absprache Rechte nur in dem Umfang überträgt, der für die Erreichung des Vertragszwecks erforderlich ist. Alle diese Vorschriften dienen ausschließlich dem Zweck, einem Urheber den größtmöglichen Schutz seiner Rechte zu erhalten.
Zweifelsregelungen zu Lasten des Urhebers finden sich nur für Sonderfälle, so. z.B. für Beiträge zu Sammlungen (§ 38 UrhG), Datenbankerstellungen (§ 87b UrhG), Verfilmungsrechte (§ 88 Ur...