Rz. 8
Die Anwaltsgebühren in Verfassungsbeschwerdesachen sind nach § 37 Abs. 2 RVG i.V.m. Teil 3 (u.a. öffentlich-rechtliche Gerichtsbarkeit) Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 (Revision) des Vergütungsverzeichnisses zu berechnen (RVG-VV 3206, 3207 und 3210). Demnach erhält der Rechtsanwalt im Verfassungsbeschwerdeverfahren eine Verfahrensgebühr nach RVG-VV 3206 i.H.v. 1,6. Mit der fristgerechten Einreichung der Beschwerdeschrift ist die vergütungspflichtige Tätigkeit des Rechtsanwalts der Sache nach erbracht. Nach RVG-VV 3207 reduziert sich diese Gebühr im Falle einer vorzeitigen Beendigung auf 1,1, also bei einer Verfassungsbeschwerde, sofern der Auftrag endet, bevor der bereits mandatierte Rechtsanwalt die Verfassungsbeschwerde einlegt und (in aller Regel zugleich) begründet. Im Falle einer (seltenen) mündlichen Verhandlung entsteht eine Terminsgebühr nach RVG-VV 3210 i.H.v. 1,5. Eine Erhöhung bei mehreren Auftraggebern nach RVG-VV 1008 um 0,3 tritt, wie das Bundesverfassungsgericht schon für eine Erhöhung der Prozessgebühr nach § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO entschieden hat, regelmäßig – auch bei einer einheitlichen, von mehreren Beschwerdeführern mit einem einheitlichen Antrag gegen eine Rechtsnorm erhobenen Verfassungsbeschwerde – nicht ein, da der Gegenstand der Verfassungsbeschwerde dadurch bestimmt sei, dass jeder Beschwerdeführer eine Verletzung in seinem persönlichen Grundrecht oder grundrechtsähnlichen Recht geltend mache. Dem Tätigwerden des Bevollmächtigten für mehrere Auftraggeber könne stattdessen im Rahmen der erhöhten Festsetzung des Gegenstandswerts hinreichend Rechnung getragen werden.
Rz. 9
Der Gegenstandswert ist unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen, jedoch nicht unter 5.000 EUR zu bestimmen, §§ 37 Abs. 2 S. 2, 14 Abs. 1 RVG. Maßgeblich sind vorrangig die Bedeutung der Angelegenheit für den Beschwerdeführer selbst und für die Auslegung und Fortbildung des objektiven Verfassungsrechts und daneben das subjektive Interesse des Beschwerdeführers, darüber hinaus auch die besondere objektive Bedeutung des Verfahrens und seine Förderung durch die anwaltliche Tätigkeit. Diese von dem Bundesverfassungsgericht für die Festsetzung des Gegenstandswerts im Verfahren der Verfassungsbeschwerde entwickelten Maßstäbe können – müssen aber nicht – zu recht hohen Gegenstandswerten führen. Wird eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, ist es im Regelfall nicht gerechtfertigt, bei der Bemessung des Gegenstandswerts über den gesetzlichen Mindestwert von 5.000 EUR hinauszugehen. Dagegen wird bei stattgebenden Kammerentscheidungen der Gegenstandswert regelmäßig auf 10.000 EUR, z.T. auch auf 25.000 EUR festgesetzt, bei geringem subjektiven wie objektiven Interesse wird auf 12.500 EUR halbiert. Bei Senatsentscheidungen wird der Gegenstandswert inzwischen in der Regel auf 50.000 EUR festgesetzt.
Die daraus ersichtliche Bewertung des Bundesverfassungsgerichts, das die Bemessung des Gegenstandswerts am Erfolg der Verfassungsbeschwerde orientiert, ist dem deutschen Kostenrecht fremd und stellt – soweit noch immer niedrige Werte festgesetzt werden – eine unzulässige (Ab-)Qualifizierung der anwaltlichen Tätigkeit mittelbar über die Gebühren dar, zumal wenn gleichzeitig unzulässige oder unzureichend begründete Verfassungsbeschwerden zunehmend mit Missbrauchsgebühren belegt werden (siehe Rdn 7). Deshalb sind die teilweise bereits praktizierten höheren Bewertungsansätze zu begrüßen; nicht nachvollziehbar ist jedoch die unterschiedliche Handhabung durch die beiden Senate und die Kammern.
Die Höhe des Gegenstandswerts im Verfahren der einstweiligen Anordnung vor dem Bundesverfassungsgericht liegt grds. deutlich unter dem des Hauptsacheverfahrens; i.d.R. wird ein Rahmen von 1/10–5/20 des Werts der Hauptsache – nicht jedoch unter dem gesetzlichen Mindestwert – angenommen.
Die Festsetzung des Gegenstandswerts durch das Bundesverfassungsgericht muss – sofern er 5.000 EUR übersteigt – ausdrücklich beantragt (§ 33 RVG) und sollte im Hinblick auf die genannten wertbestimmenden Kriterien ausführlich begründet werden. Aufgrund des niedrigen Gegenstandswerts empfiehlt sich i.d.R. der Abschluss einer – für die einzelnen Verfahrensabschnitte gestaffelten – Vergütungsvereinbarung oder zumindest einer Vereinbarung über einen der internen Abrechnung zugrunde zu legenden – vom gesetzlichen Mindestwert abweichenden höheren – Streitwert.