Rz. 291

Zunächst muss der in Rede stehende Entleiherbetrieb dem räumlichen und fachlichen Geltungsbereich des umkämpften oder beabsichtigten Tarifvertrags unterfallen, damit der Entleiherbetrieb überhaupt unmittelbar betroffen sein kann.[668] Bei einem Streik ist ein Arbeitgeber grundsätzlich unmittelbar betroffen, wenn sein Betrieb vom Streikaufruf erfasst wird.[669] Ist ein Arbeitgeber dagegen kampfunbeteiligt, fehlt es regelmäßig an einer erforderlichen Betriebsbezogenheit des streikbedingten Eingriffs in dessen Gewerbebetrieb, mag sein Unternehmen auch durch den Streik (mittelbar) beeinträchtigt sein.[670] Der von der Gewerkschaft ausgerufene Streik muss sich daher nach dem Streikaufruf zumindest auch gegen den Betrieb des Entleihers richten, um das Einsatzverbot auszulösen.[671] Das Einsatzverbot greift demnach nicht ein, wenn beispielsweise Störungen entstehen, die auf einem Streik in einem anderen Betrieb beruhen und daher die Fortsetzung des nichtbestreikten Betriebs ganz oder teilweise unmöglich oder wirtschaftlich unzumutbar machen. So kann es häufig zu Störungen auch bei solchen Unternehmen kommen, die nicht unmittelbar vom Arbeitskampf betroffen sind, aber mit solchen kampfbetroffenen Unternehmen eng zusammenarbeiten (sog. mittelbare Arbeitskampffolgen).[672] Auch der Zeitraum des Streiks folgt aus dem jeweiligen Streikbeschluss der Gewerkschaft.[673] Wird der Entleiherbetrieb unbeschadet eines Streikbeschlusses tatsächlich nicht bestreikt, ist der Betrieb vom Arbeitskampf auch nicht unmittelbar im Sinne des § 11 Abs. 5 S. 1 AÜG betroffen.[674] Dies ergibt sich für das Einsatzverbot schon daraus, dass in seiner solchen Konstellation ein Einsatz von Leiharbeitnehmern zum Streikbruch denklogisch ausscheidet. Eine Gewerkschaft kann also durch einen Streikbeschluss allein ein Einsatzverbot nicht auslösen.

[668] Ulber, § 11 Rn 142.
[669] Boemke, ZfA 2017,1; Schüren/Hamann/Schüren, § 11 AÜG Rn 150; a.A. HK-AÜG/Ulrici, AÜG § 11 Rn 89.
[670] BAG v. 25.8.2015 – 1 AZR 754/13, NZA 2016, 74; Boecken u.a./Ulrici, § 11 AÜG Rn 28.
[672] Vgl. hierzu bspw. BAG v. 22.12.1980 – 1 ABR 2/79.
[674] So auch: BeckOK ArbR/Motz, AÜG § 11 Rn 35; a.A. Ulber, § 11 Rn 142.

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