Ingrid Groß, Dr. iur. Thomas Eder
Rz. 17
Anwendungsbereich:
(1) |
In einem Gerichtsverfahren (Zivilprozess/FG-Verfahren; Hauptsache/Eilverfahren; selbstständiges Beweisverfahren; VKH-Bewilligungsverfahren, vereinfachtes Unterhaltsverfahren) nimmt der Anwalt einen Gerichtstermin (ausgenommen reiner Verkündungstermin) wahr. |
(2) |
In einem solchen Gerichtsverfahren nimmt der Anwalt einen Termin wahr, den ein gerichtlich bestellter Sachverständiger anberaumt hat. |
(3) |
Ein Gerichtsverfahren wird in Auftrag gegeben; noch bevor der Antrag bei Gericht eingegangen ist, wird ein Gespräch zur Vermeidung des Gerichtsverfahrens geführt. |
(4) |
Neben dem bereits laufenden Gerichtsverfahren (rechtshängig oder anhängig) wird ein Gespräch zur Erledigung dieses Verfahrens geführt. |
(5) |
In einem Zivilprozesshauptsacheverfahren (z.B. Unterhalt, Zugewinn) wird im Korrespondenzweg ein schriftlicher Vergleich ausgehandelt, ohne dass eine mündliche Verhandlung vor Gericht stattfindet. |
(6) |
In einem Gerichtstermin soll die Einigung in einer gar nicht oder jedenfalls nicht hier rechtshängigen Sache protokolliert werden. Im letzten Moment müssen – mündlich vor Gericht – einige Positionen noch nachgearbeitet werden, damit die Einigung protokolliert werden kann. |
(7) |
In einer gar nicht oder jedenfalls nicht hier rechtshängigen Angelegenheit wird hier vor Gericht über eine Einigung verhandelt. |
Anders folgender Fall (8): In einer nirgends rechtshängigen Sache wird ohne jedes Gespräch in einem Gerichtstermin in einer anderen Sache eine Einigung protokolliert.
Rz. 18
Übersicht über die Tatbestände
Es wird unterschieden zwischen Termingebühr für
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die Wahrnehmung eines gerichtlichen Termins (jeden Termins mit Ausnahme des reinen Verkündungstermins), Vorb. 3 Abs. 3 S. 1, 2 VV RVG |
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außergerichtliche Termine und Besprechungen, nämlich
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Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins, Vorb. 3 Abs. 3 S. 1, 3 Nr. 1 VV RVG, |
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Mitwirkung an Besprechungen, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind (nicht für Besprechungen mit dem Auftraggeber), Vorb. 3 Abs. 3 S. 1, 3 Nr. 2 VV RVG. |
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Dazu kommen die Terminsgebühren gem. Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV RVG ("Terminsgebühr ohne Termin") und Abs. 2. |
Rz. 19
Die Neugestaltung der Terminsgebühr war ein Schwerpunkt der Neuregelung des Gebührenrechts durch das 1. KostRMoG in 2004 gewesen. Durch das 2. KostRMoG im Jahre 2013 wurde dies erneut präzisiert und überarbeitet, auch erweitert.
a) Wahrnehmung eines gerichtlichen Termins
Rz. 20
"Wahrnehmung" ist nur ein anderer Ausdruck für "Vertretung", gemeint ist die "vertretungsbereite Teilnahme des Anwalts". Der Anwalt muss sich nicht äußern. Gebührenrechtlich genügt es, wenn der Anwalt zeitweilig während des Termins anwesend ist. Die "Wahrnehmung" eines Gerichtstermins ist also weniger als die Beteiligung am Termin durch Wortbeiträge; sie ist aber mehr als die bloße körperliche Anwesenheit. Ist der Anwalt als Beobachter da und/oder erklärt er, nicht auftreten zu wollen, ist das keine "Wahrnehmung".
Der Termin beginnt mit dem Aufruf der Sache.
Rz. 21
Beispiel
In einem einstweiligen Anordnungs-Verfahren schließen die Parteivertreter im Korrespondenzweg noch vor dem 1. Verhandlungstermin eine Vereinbarung. Diese protokollieren sie dann vor Gericht.
Die Terminsgebühr ist nicht nach Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG angefallen, weil es keine Besprechung gab; die Terminsgebühr ist auch nicht nach Anm. Nr. 1 zu Nr. 3104 VV RVG angefallen, weil im einstweiligen Anordnungsverfahren keine obligatorische mündliche Verhandlung besteht, die Voraussetzung für Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG ist; seit der Neufassung der Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG durch das 2. KostRMoG genügt aber die Wahrnehmung eines reinen Protokollierungstermins – auch wenn nichts weiter mehr besprochen wird; die Terminsgebühr ist angefallen.
b) Wahrnehmung eines Sachverständigentermins
Rz. 22
Ein solcher Termin kommt z.B. im Güterrechtsverfahren vor, wenn eine Immobilie besichtigt wird, aber auch in Wohnungszuweisungssachen oder im Unterhalt zur Ermittlung des Wohnwertes. Der Sachverständige muss gerichtlich bestellt sein. Ein Besichtigungstermin mit einem privat bestellten Gutachter – auch wenn es ein gemeinsamer Gutachter der Parteien ist – reicht nicht aus (Vorb. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 VV RVG).
c) Besprechung zur Vermeidung/Erledigung des Verfahrens, Vorb. 3 Abs. 3 S. 1, 3 Nr. 2 VV RVG
aa) Gebührentatbestand
Rz. 23
§ 19 Nr. 2 RVG bestimmt zwar, dass außergerichtliche Verhandlungen zum Rechtszug gehören, d.h. durch die Verfahrensgebühr abgegolten sind. Der Tatbestand Vorb. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV RVG ist aber eine Ausnahme von dieser Regel für den Fall, dass mündlich oder telefonisch verhandelt wird und unter der weiteren Voraussetzung, dass diese Besprechung zum Zweck der Erledigung oder Vermeidung des Verfahrens geführt wird. Auf diesen Gesprächsgegenstand ist der Gebührentatbestand eingegrenzt. Der Erfolg – tatsächliche Erledigung oder V...