Rz. 107

Bei der örtlichen Zuständigkeit des Amts- oder Landgerichts ist zunächst festzustellen, ob ein ausschließlicher Gerichtsstand gegeben ist. Dazu gehören der dingliche Gerichtsstand für unbewegliche Sachen, der Gerichtsstand für Haustürgeschäfte und der Gerichtsstand in Miet- oder Pachtsachen über Räume. Unter mehreren ausschließlichen Gerichtsständen hat der Kläger ein Wahlrecht.

 

Rz. 108

Ist kein ausschließlicher Gerichtsstand vorhanden, ist festzustellen, ob die Parteien wirksam einen Gerichtsstand vereinbart haben. Praxisrelevant sind Gerichtsstandsvereinbarungen vor allem in Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Handelsgesellschaften/Kaufleuten.

 

Rz. 109

Eine Gerichtsstandsvereinbarung ist nach § 38 ZPO regelmäßig nur wirksam, wenn:

die Parteien Kaufleute sind,
die Gerichtsstandsklausel Vertragsbestandteil geworden ist, diese bei Verwendung von AGB also in den Vertrag einbezogen worden ist (dazu reicht allerdings aus, dass der Verwender erkennbar auf seine AGB verweist und der Vertragspartner ihrer Geltung nicht widerspricht),
sich die Abmachung nur auf einen bestimmten Vertrag bezieht,
es sich um einen vermögensrechtlichen Streit handelt (bei nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten gelten Besonderheiten) und
außerdem darf kein ausschließlicher Gerichtsstand einschlägig sein; solche sind u.a. bei Verbraucherkredit- und Haustürgeschäften, Zwangsvollstreckungsverfahren, Miet- und Pachtangelegenheiten oder bei selbstständigen Beweisverfahren vorhanden.
 

Rz. 110

Im Übrigen sind die besonderen und allgemeinen Gerichtsstände maßgebend.

 

Rz. 111

Geldzahlungen sind allgemein bei natürlichen Personen am Wohnsitz des Schuldners (normiert in §§ 12, 13 ZPO) und bei juristischen Personen an deren Sitz (§ 17 ZPO) einzuklagen. Es gilt noch immer der römische Rechtsgrundsatz: "Actor sequitur forum rei.": Der Kläger folgt dem Gerichtsort des Beklagten.

 

Rz. 112

Unter den besonderen Gerichtsständen ist vor allem § 32 ZPO – der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung – praxisrelevant, beispielsweise für Ansprüche aus einem Verkehrsunfall gegen mehrere Schuldner mit unterschiedlichen allgemeinen Gerichtsständen.

 

Rz. 113

Der Gerichtsstand ist hingegen nicht mehr wählbar, wenn der Klage ein Mahnverfahren vorausgegangen ist und der Antragsteller im Mahnantrag bereits sein Wahlrecht ausgeübt hat. Nach Zustellung des Mahnbescheids an dem Wohnort/Sitz des Beklagten bleibt die Gerichtszuständigkeit örtlich bestehen, auch wenn der Beklagte danach wegziehen sollte.

 

Rz. 114

Es können bisweilen auch mehrere Gerichtsstände gegeben sein. Dann sollte man den geeignetsten auswählen. Als Kriterien sollten berücksichtigt werden:

Sind mehrere Personen als Gesamtschuldner zu verklagen, sollte der Gerichtsstand gewählt werden, an dem alle Gesamtschuldner gemeinsam verklagt werden können.
Sollte sich andeuten, dass für einen Rechtsstreit unter Kontrahenten eine bestimmte Rechtsfrage entscheidend ist, die bislang noch nicht höchstrichterlich durch den BGH beurteilt worden ist, könnte ebenfalls eine taktische Wahl getroffen werden: Möglicherweise gibt es insoweit eine unterschiedliche Rechtsprechung bei den zur Wahl stehenden Gerichtsständen, so dass deshalb der Ausgang eines Prozesses maßgebend von der Auswahl des Gerichts abhängt.
Im Übrigen dürfte meist die Wahl des zum Wohnort oder zum Geschäftssitz des Klägers gehörenden Gerichtsstandes ausschlaggebend sein. Ausnahmen gelten vielleicht, wenn zu befürchten ist, dass die Angelegenheit vor Ort, z.B. durch lokale Gerichtsberichterstattung, öffentlich wird, oder wenn es aus anderen Gründen angebracht erscheint, ein örtlich "neutrales" Gericht anzurufen.

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