Rz. 39

Die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB durch den Strafrichter ist eine Maßregel der Besserung und Sicherung. Sie wird in § 69a Abs. 5 StGB ausdrücklich so bezeichnet. Die strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis dient zum einen der Sicherung der Allgemeinheit vor weiteren Gesetzesverletzungen durch den Täter. Zum anderen ist bei der "Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters auf den Zeitpunkt der Aburteilung der Tat abzustellen".

 

Rz. 40

Die Entziehung der Fahrerlaubnis im Verwaltungsverfahren dient gem. § 4 StVG dem Schutz der Allgemeinheit vor Gefährdungen im Straßenverkehr durch ungeeignete Kraftfahrzeugführer. Der Schutzzweck der genannten Bestimmung beschränkt sich nicht nur auf die Sicherheit des Straßenverkehrs, sondern ist vielmehr auch darauf gerichtet, andere Verkehrsteilnehmer vor erheblichen Gefährdungen und Straftaten durch ungeeignete Kraftfahrzeugführer zu schützen.

 

Rz. 41

Anzusprechen ist auch die Frage des Nachweises der Ungeeignetheit. Beim Entzug der Fahrerlaubnis im Strafverfahren wird die Feststellung mangelnder Kraftfahreignung dadurch geregelt, dass in § 69 Abs. 2 StGB näher beschriebene Tatbestände aufgeführt sind, bei deren Vorliegen der Fahrerlaubnisinhaber "in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen" ist.[53] "In der Regel ungeeignet" zum Führen von Kraftfahrzeugen sind nach der vom Gesetzgeber in § 69 Abs. 2 StGB getroffenen Bestimmung Fahrerlaubnisinhaber, die sich schuldig gemacht haben

der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB),
des verbotenen Kraftfahrzeugrennens (§ 315d StGB),
der Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB),
des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142 StGB) sowie
des Vollrausches (§ 323a StGB).[54]
 

Rz. 42

Eine Besonderheit gilt bei "relativer Fahruntüchtigkeit", also bei einer festgestellten BAK in der Regel zwischen 0,3 ‰ und 1,1 ‰. Der Beweis der relativen Fahruntüchtigkeit ist ein Indizienbeweis. Unverzichtbar ist hierbei die Feststellung einer alkoholbedingten Ausfallerscheinung.

Im Übrigen kommt auch die Entziehung der Fahrerlaubnis in Betracht bei Taten der allgemeinen Kriminalität, wenn die Anlasstat tragfähige Rückschlüsse darauf zulässt, dass der Täter bereit ist, die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen kriminellen Interessen unterzuordnen.[55]

 

Rz. 43

Die Anwendbarkeit der Nebenstrafe Fahrverbot[56] ist zwar bislang auf Straftaten beschränkt, die im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen wurden. Es stellt eine anerkannt wirksame Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme dar, die sich besonders für den Bereich der kleineren bis mittleren Kriminalität eignet.[57] Der Gesetzgeber hat sich aber dafür entschieden, das Fahrverbot auf alle Straftaten auszuweiten und auf sechs Monate – für Jugendliche aber nach dem neuen § 8 Abs. 3 JGG auf drei Monate!) – zu erweitern; dies in dem sicheren Wissen, dass sich die Durchsetzung allenfalls beschränkt kontrollieren lässt, so dass es zu dessen Durchsetzung einer Mitwirkungsbereitschaft des Betroffenen bedarf.

Zudem regelt § 44 StGB in seinem neu eingefügten[58] Abs. 4:

Zitat

(4) Werden gegen den Täter mehrere Fahrverbote rechtskräftig verhängt, so sind die Verbotsfristen nacheinander zu berechnen. Die Verbotsfrist aufgrund des früher wirksam gewordenen Fahrverbots läuft zuerst. Werden Fahrverbote gleichzeitig wirksam, so läuft die Verbotsfrist aufgrund des früher angeordneten Fahrverbots zuerst, bei gleichzeitiger Anordnung ist die frühere Tat maßgebend.

 

Hinweis

Da das Gesetz mit der Verkündung in Kraft trat, sind sämtliche Altfälle davon nicht betroffen und es gelten die obigen Ausführungen.

 

Rz. 44

Bei der Entziehung der Fahrerlaubnis durch die Verwaltungsbehörde trifft für das Vorliegen eines Eignungsmangels die Verwaltungsbehörde die Beweislast.[59] Das BVerwG[60] hat hierbei in den unlängst entschiedenen Verfahren geklärt, dass nach § 13 S. 1 Nr. 2 FeV die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens auch dann gerechtfertigt ist, wenn der Grund für die vorangegangene strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis eine einmalige Trunkenheitsfahrt mit einem Alkoholpegel von weniger als 1,6 Promille war.

[53] BVerfG vom 16.7.1969 – 2 BvL 11/69 bereits zum Fahrverbot nach § 25 StVG; Bode/Winkler, § 12 Rn 33.
[54] Buschbell/Geiger, MAH Straßenverkehrsrecht, § 6 Rn 20–23.
[56] Zum Meinungsstand siehe auch Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuchs, des Jugendgerichtsgesetzes und der Strafprozessordnung vom 6.6.2016, S. 9 ff.; veröffentlicht unter http://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RefE_Aenderung_StGB.pdf?__blob=publicationFile&v=2.
[57] So Busemann, ZRP 2010, S. 239; Stöckel, 39. Deutscher Verkehrsgerichtstag 2001 [VGT], S. 84.
[58] Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens vom 17.8.2017 (BGBl. I S. 3202), in Kraft getreten am 24.8.2017.
[59] Himmelreich/Janker,...

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