Tenor
Der 1. Strafsenat hält an seiner bisherigen Rechtsprechung zur Auslegung und Anwendung des § 69 Abs. 1 StGB fest.
Tatbestand
A.
Der 4. Strafsenat beabsichtigt zu entscheiden: „Die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen ergibt sich nur dann aus der Tat (§ 69 Abs. 1 Satz 1 StGB), wenn aus dieser konkrete Anhaltspunkte dafür zu erkennen sind, daß der Täter bereit ist, die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen kriminellen Interessen unterzuordnen (erforderlicher spezifischer Zusammenhang zwischen Tat und Verkehrssicherheit).” Er hat bei den anderen Strafsenaten des Bundesgerichtshofs angefragt, ob an entgegenstehender Rechtsprechung festgehalten wird.
Entscheidungsgründe
B.
Der 4. Strafsenat hat zutreffend dargestellt, daß die Rechtsprechung des 1. Strafsenats der von ihm beabsichtigten Entscheidung entgegenstünde (vgl. vor allem Beschl. v. 14. Mai 2003 – 1 StR 113/03 m.w.Nachw.). Der 1. Strafsenat hält an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, die er in dem genannten Beschluß näher begründet hat. Er bezieht sich zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in jenem Beschluß, die er nach wie vor für rechtlich zutreffend erachtet (vgl. vor allem unter Ziff. 2 Buchst. a und b = BA S. 3-7). Ergänzend ist zu dem Anfragebeschluß des 4. Strafsenats folgendes zu bemerken:
I.
1. Die Divergenz betrifft den Zweck der Maßregel. Der 4. Strafsenat ist der Ansicht, daß „alleiniger Zweck der Schutz der Verkehrssicherheit” sei. Nach Auffassung des 1. Strafsenats reicht der Schutzzweck weiter: Die Maßregel kommt bei sogen. Zusammenhangstaten (1. Alternative des § 69 Abs. 1 Satz 1 StGB) auch dann in Betracht, wenn die Verkehrssicherheit nicht konkret beeinträchtigt worden ist, die Tat und ihre Umstände aber dennoch den unmittelbaren Schluß auf die charakterliche Unzuverlässigkeit und damit die Ungeeignetheit des Täters tragen. Der Begriff der Eignung umfaßt danach nicht nur die persönliche Gewähr für die regelgerechte Ausübung der Fahrerlaubnis, das heißt die Beachtung der Vorschriften des Straßenverkehrsrechts. Wer eine Fahrerlaubnis inne hat, der muß auch die Gewähr für eine im umfassenden Sinne verstandene Zuverlässigkeit dahin bieten, daß er die Erlaubnis auch sonst nicht zur Begehung rechtswidriger Taten (bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges) ausnutzen und mißbrauchen werde.
Einigkeit besteht allerdings zwischen allen Strafsenaten des Bundesgerichtshofs ersichtlich insoweit, als die Entziehung der Fahrerlaubnis auch bei den sogen. Zusammenhangstaten der allgemeinen Kriminalität grundsätzlich möglich ist und daß dazu ein funktionaler Bezug zwischen Tat und fehlender Eignung bestehen muß. Dieser fehlt etwa, wenn die Tat nur bei Gelegenheit der Nutzung des Kraftfahrzeuges begangen wurde oder nur ein äußerer Zusammenhang mit dieser besteht (BGHSt 22, 328, 329). Ferner besteht Einvernehmen, daß der Begriff der Zusammenhangstat im Sinne des § 69 Abs. 1 StGB ebenso auszulegen ist wie in der Regelung des Fahrverbots (§ 44 Abs. 1 StGB). Die Divergenz allerdings liegt in den Anforderungen an die Feststellung der Ungeeignetheit: Die Auffassungen gehen darüber auseinander, unter welchen Voraussetzungen „sich aus der Tat ergibt, daß” der Täter „zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist”.
2. Der Senat ist – ausgehend von seinem Verständnis eines weitergehenden Schutzzwecks der Maßregel – der Ansicht, daß für die Bewertung als „ungeeignet” die begründete Annahme ausreicht, der Täter werde weitere sogen. Zusammenhangstaten im Sinne des § 69 Abs. 1 Satz 1 StGB begehen, ohne daß durch diese konkret Verkehrssicherheitsbelange beeinträchtigt werden müßten. Es genügt die Besorgnis, er werde die Fahrerlaubnis erneut zu Taten auch nicht-verkehrsrechtlicher Art mißbrauchen. In Betracht kommt überdies, daß die Art und Weise der Tat charakterliche Anlagen erkennen läßt, die die Allgemeinheit gefährden würden, wenn sie sich im Straßenverkehr auswirkten (vgl. BVerwG VM 1981, S. 50; NJW 1986, 2779; siehe ferner BVerwGE 99, 249, 252). Dementsprechend ist das Bundesverwaltungsgericht in vergleichbarem Sinne der Auffassung, daß jemand als Kraftfahrzeugführer auch dann ungeeignet ist, wenn ihm der Besitz der Fahrerlaubnis strafbare Handlungen nicht-verkehrsrechtlicher Art erleichtert oder ihn in seiner Neigung hierzu fördert. Das Gesetz will schon die Möglichkeit einer Verfehlung tunlichst ausschließen; daß diese nach der allgemeinen Erfahrung zu befürchten ist, muß daher genügen (BVerwGE 11, 334 zu § 4 Abs. 1 StVG aF).
Zur tatrichterlichen Begründungspflicht ist der Senat der Ansicht, daß es Taten gibt, bei denen sich mangels gegenläufiger Umstände – etwa glaubhafte Reue und eine günstige allgemeine Kriminalprognose – die Besorgnis künftiger Zusammenhangstaten ohne weiteres aus dem Tatbild und den übrigen Umständen ergibt. Sie liegt dann offen zutage und das Verlangen einer weiteren Begründung hätte nunmehr formelhaften Charakter; es würde allein zu überflüssiger Schreibarbeit führen und das tatrichterliche Urteil unnötig aufblähen. Anders liegt es indes dann, wenn Umstände vorliegen, die zum Zeitpunkt der Urteilsfindung auf eine erhaltene oder wiederhergestellte Eignung hindeuten. Damit muß sich der Tatrichter auseinandersetzen, nicht zuletzt im Blick auf die Bindungswirkung seines Urteils für das Verwaltungsverfahren (§ 3 Abs. 4 Satz 1 StVG, vgl. § 267 Abs. 6 StPO).
3. Folge der Ansicht des 4. Strafsenats wäre es, daß eine Entziehung der Fahrerlaubnis dann nicht mehr in Betracht käme, wenn zwar die Gefahr bestünde, der Täter werde weiterhin vergleichbare Straftaten begehen, aber mangels konkreter „verkehrsspezifischer” Anhaltspunkte aus der begangenen Tat nicht zu besorgen ist, daß er dabei den Straßenverkehr gefährden würde oder sonst bereit wäre, die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen kriminellen Zielen unterzuordnen. Die Divergenz wirkt sich deshalb namentlich auf folgende Fallgruppen praktisch aus, in denen auf der Grundlage der Auffassung des 4. Strafsenats eine Entziehung der Fahrerlaubnis kaum noch möglich wäre, und zwar mit zugleich bindender Wirkung für die Verwaltungsbehörde:
- Der Sexualstraftäter, der sein Auto dazu nutzt, Anhalterinnen oder Kinder mitzunehmen, an einen einsamen Ort zu verbringen und dort zu vergewaltigen oder sonst zu mißbrauchen, das Kraftfahrzeug also gezielt als Mittel einsetzt, um seine Tat aufgrund der schutzlosen Lage seins Opfers leichter begehen zu können (vgl. BGHSt 7, 165; 44, 228).
- Der Berufskraftfahrer, der ihm anvertraute geistig behinderte Frauen aus der Behindertenwerkstatt nicht sogleich nach Hause bringt, sondern unter Ausnutzung der sich durch den Transport mit dem von ihm geführten Kraftfahrzeug ergebenden Lage an einen einsamen Ort fährt und sexuell mißbraucht (Revisionssache 1 StR 321/03).
- Der Bankräuber, der mit dem – etwa noch zu diesem Zweck gestohlenen – Auto zum Tatort fährt und von dort mit der Beute flüchtet.
- Der Dieb, der die umfangreiche Beute mit seinem Auto abtransportiert.
- Der Rauchgiftkurier, der – etwa mit dem dazu eigens umgebauten und mit einem Versteck versehenen Auto – im Auftrag von Hintermännern um seines eigenen Vorteils willen nicht geringe Mengen von Betäubungsmitteln transportiert, der gar von den Hintermännern deshalb zum Fahrer bestimmt war, weil er der einzige Tatbeteiligte ist, der eine Fahrerlaubnis hat und deshalb das geringste Risiko bei einer Polizeikontrolle eingeht.
II.
Der Senat hält die im Anfragebeschluß angeführten Gesichtspunkte und Erwägungen für nicht stichhaltig; sie lassen eine Änderung der bisherigen Rechtsprechung nicht als angezeigt erscheinen.
Dem Wortlaut des § 69 Abs. 1 StGB läßt sich eine Begrenzung des Normzwecks auf den Schutz der Verkehrssicherheit auch bei den sogen. Zusammenhangstaten (der allgemeinen Kriminalität) nicht entnehmen (1.). Die im Anfragebeschluß vertretene einengende Auslegung findet auch in den Gesetzesmaterialien keine Stütze. Im Gegenteil: sie wäre mit dem erklärten Willen des Gesetzgebers schwerlich vereinbar (2.). Die systematische Auslegung des § 69 Abs. 1 StGB bestätigt vielmehr die Auffassung des Senats. Die Rechtsmeinung des anfragenden Senats steht nicht im Einklang mit dem bisherigen Verständnis des straßenverkehrsrechtlichen Begriffs der Eignung als Kraftfahrzeugführer und der dazu ergangenen Rechtsprechung es Bundesverwaltungsgerichts (3.). Bei der Auslegung der Vorschrift ist für Verhältnismäßigkeitserwägungen, die auf die Einschränkung der Mobilität des Täters abstellen, kein Raum. Ziel der Bestimmung ist es gerade, die Entziehung der Fahrerlaubnis auch bei Tätern greifen zu lassen, deren Zusammenhangstaten durch die fahrerlaubnisbedingte Mobilität erleichtert oder erst ermöglicht werden (4.). Die im Anfragebeschluß gestellten Anforderungen an die Feststellung der Ungeeignetheit, die dazu vom Tatrichter geforderte Aufklärung und Begründung sowie die dafür angedeuteten Anknüpfungspunkte erweisen sich als nicht praxisgerecht, die lassen bei näherem Hinsehen keine für den Tatrichter wirklich handhabbaren Vorgaben erkennen. Im Ergebnis führen sie zum weitgehenden Leerlaufen der in Rede stehenden Alternativen der Vorschrift (5.).
1. Dem Wortlaut des § 69 Abs. 1 StGB läßt sich eine Begrenzung des Zwecks der Maßregel auf den Schutz der Verkehrssicherheit bei sogen. Zusammenhangstaten der allgemeinen Kriminalität nicht entnehmen.
Das Gesetz enthält eine derartige Begrenzung für Zusammenhangstaten nicht; es spricht schlicht von „der Tat”, aus der sich der Eignungsmangel ergeben muß (1. Alternative). Es verlangt für die Zusammenhangstaten nicht, daß eine ungünstige „Verkehrssicherheitsbewertung” hinzutreten muß. Bei der zweiten Alternative wird die Tat hingegen ausdrücklich auf die Pflichten eines Kraftfahrzeugsführers bezogen und damit eingegrenzt, und eben deshalb erleichtert das Gesetz in § 69 Abs. 2 StGB die Eignungsbewertung mit Regelbeispielen. Selbst die dort aufgeführten Verkehrsstraftaten verweisen teils auf abstrakte Gefährdungsdelikte (§ 69 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 StGB).
Aus der Notwendigkeit der Eignungsbeurteilung kann daher das Erfordernis einer zusätzlichen konkreten Bereitschaft zur Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit nicht abgeleitet werden. Ein solches jetzt – trotz der insoweit unverändert gebliebenen Vorschrift – vom anfragenden Senat gefordertes neues Verständnis des Wortlauts des § 69 Abs. 1 StGB widerspräche auch der bisherigen ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, beginnend mit BGHSt 5, 179, 180, wo ausgeführt wird: „Eine so enge Auslegung [nur die mangelnde Eignung zur verkehrssicheren Führung] … verbietet sich aber durch den weiteren Wortlaut des Gesetzes.”
2. Die einengende Auslegung findet auch in den Gesetzesmaterialien keine Stütze. Im Gegenteil; sie wäre mit dem erklärten Willen des Gesetzgebers schwerlich vereinbar.
a) Die Vorläuferbestimmung des § 69 StGB – § 42 m StGB – wurde in der 1. Wahlperiode des Deutschen Bundestages durch das (Erste) Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs in das Strafgesetzbuch eingefügt. In der Begründung des Regierungsentwurfs (BT-Drucks. 1. Wahlperiode Nr. 2674, S. 12) – „Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von U n f ä l l e n im Straßenverkehr” – wird zur Zweckbestimmung ausgeführt, daß die dort vorgesehenen Maßnahmen „dem Schutz der Allgemeinheit gegen solche Rechtsbrecher dienen sollen, die sich durch ein mit Strafe bedrohtes Verbrechen als eine Gefahr für die Allgemeinheit erwiesen haben.” Die Zusammenhangstat wird näher umschrieben: „Eine Tat steht beispielsweise dann im Zusammenhang mit der Führung eines Kraftfahrzeugs, wenn der Täter sich mit dem Kraftfahrzeug zum Tatort begeben oder wenn er es benutzt hat, um nach der Tat die Beute wegzuschaffen.” Entsprechend dem ursprünglich ins Auge gefaßten engeren Gesetzeszweck – der im Entwurf der Gesetzesüberschrift „Bekämpfung von Unfällen” zum Ausdruck gekommen war – sollte aber ausdrücklich noch ein zweiter Prüfungsschritt hinzukommen: Der Täter soll sich „durch die Tat als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen” haben.
Der Empfehlung des Ausschusses für Verkehrswesen (BT-Drucks. 1, Wahlperiode Nr. 3774, S. 1, 4) folgend erweiterte der Gesetzgeber indes den Gesetzeszweck: „Dabei erwies es sich als notwendig, auch besondere Maßnahmen gegen Verbrechertum und Rowdytum auf den Straßen zu erlassen, wodurch der Gesetzentwurf über den von der Bundesregierung vorgesehenen Rahmen eines lediglich der Bekämpfung von Unfällen dienenden Gesetzes hinausgewachsen ist. Der Ausschuß für Verkehrswesen hat daher beschlossen, dieser Sachlage durch den Vorschlag Rechnung zu tragen, dem Gesetz nunmehr die Überschrift ‚Gesetz zur Sicherung des S t r a ß e n v e r k e h r s ‚ zu geben”.
Dies zeigt: Die auch in der Änderung der Gesetzesüberschrift zum Ausdruck gekommene Erweiterung des Gesetzeszwecks – nicht mehr nur die „Bekämpfung der Verkehrsunfälle” (BT-Drucks. 1. Wahlperiode Nr. 2674, S. 12), sondern auch der allgemeinen Kriminalität – wurde mit dem Begriff „Sicherung des Straßenverkehrs” umschrieben. Unter „Sicherung des Straßenverkehrs” hat der Gesetzgeber somit – auch wenn der Begriff mißverständlich ist und wohl auch mißverstanden wird – nicht nur die Verkehrssicherheit gemeint, sondern auch die „Sicherung” der Allgemeinheit vor Zusammenhangstaten, bei denen das Kraftfahrzeug eine Rolle spielt. Derselbe Begriff wurde dann – mit dem nämlichen Inhalt – bei den späteren Gesetzesänderungen verwendet.
Der Senat versteht daher die gesetzgeberischen Erwägungen, auch wenn mit den Beispielen in erster Linie die Zusammenhangstat umschrieben wird, ebenso wie der Bundesgerichtshof in seinen früheren Entscheidungen nicht dahin, daß spezifische Verkehrssicherheitsbelange konkret berührt sein müßten, um aus der Tat auf die Ungeeignetheit des Täters schließen zu können.
b) Der Senat sieht sich dabei durch den Gesetzgeber des Zweiten Gesetzes zur Sicherung des Straßenverkehrs – mit dem das Fahrverbot und die Regelbeispiele des heutigen Absatz 2 des § 69 StGB eingefügt wurden – bestätigt.
Der Regierungsentwurf (BT-Drucks. IV/651, S. 16) ging – ersichtlich in Anlehnung an die dazu ergangene Rechtsprechung – von der Ungeeignetheit auch bei charakterlichen Mängeln aus. Soweit in diesem Zusammenhang die „Größe der vom Täter für den Verkehr ausgehenden Gefahren” maßgebend sein sollte, spricht dies nur scheinbar für die einengende Auslegung. Gemeint war damit eben nicht nur die Gefährdung der Verkehrssicherheit, sondern – ebenso wie im Gesetzgebungsverfahren zum Ersten Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs – auch die von Zusammenhangstaten ausgehende Gefährdung der Allgemeinheit im Straßenverkehr.
Das zeigt sich insbesondere daran, daß der Gesetzgeber bei der Änderung des § 111a StPO (vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis) die dort genannte Voraussetzung „um die Allgemeinheit vor weiterer Gefährdung zu schützen” als „überflüssig” entfallen ließ, „weil die Feststellung, daß jemand zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet sei, regelmäßig auch die Feststellung seiner Gefährlichkeit für den Kraftverkehr enthält.” Was er unter „Gefährlichkeit für den Kraftverkehr” verstand, wird durch den in der Begründung enthaltenen Verweis auf den Fall BGHSt 7, 165 deutlich. In dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof eine Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Sexualstraftaten an einer Mitfahrerin, zum Teil während Fahrtunterbrechungen begangen, gebilligt. Er hat die Annahme der Ungeeignetheit ausdrücklich auch auf die nicht während der Fahrt, sondern in den Fahrtpausen verwirklichten Tathandlungen gestützt (BGHSt 7, 165, 167). Das aber waren klassische Zusammenhangstaten ohne Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit und ohne daß eine Bereitschaft des Täters zur Unterordnung von Verkehrssicherheitsbelangen erkennbar geworden wäre. Die Vorschrift des § 111a StPO hat für die Auslegung des Normzwecks des § 69 StGB besonderes Gewicht, weil der gleichzeitig eingefügte Satz 2 des § 111a Abs. 1 StPO ausdrücklich auf den „Zweck der Maßnahme” abhebt. Im übrigen hat der Bundesgerichtshof in dem genannten, in der zitierten Gesetzesbegründung ausdrücklich in Bezug genommenen Urteil die Vorläuferbestimmung (§ 42 m StGB aF) mit ausführlicher an der Gesetzesgeschichte ausgerichteter Begründung im hier vertretenen Sinne ausgelegt (BGHSt 7, 165, 167 ff.) und insbesondere klargestellt, daß die Entziehung der Fahrerlaubnis im Einzelfall nicht die besondere Feststellung voraussetzt, die Belassung der Erlaubnis bedeute eine Gefährdung der Allgemeinheit (BGHSt 7, 165, 72).
Der Schlußfolgerung des 4. Strafsenats, spätestens mit dem Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Sicherung des Straßenverkehrs sei eindeutig, daß alleiniger Zweck des § 69 StGB der Schutz der Verkehrssicherheit sei, vermag der Senat nicht zuzustimmen. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs war die Änderung von § 42 m StGB aF (jetzt § 69 Abs. 1 StGB) „eng an das geltende Recht angelehnt.” Sie hatte „ausschließlich gesetzestechnische Bedeutung” (BT-Drucks. IV/651 S. 16). Die Einfügung der Regelbeispiele des Absatzes 2 (jetzt § 69 Abs. 2 StGB) sollte daher den Anwendungsbereich nicht eingrenzen, sondern die Entziehung der Fahrerlaubnis bei Verkehrsstraftaten (2. Alternative des Absatzes 1) erleichtern. Zweck war, „die Wirksamkeit der Maßnahme zu erhöhen” (ebendort S. 15).
Für Zusammenhangstaten sollte sich keine Änderung ergeben (ebendort S. 18): „Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 2 nicht vor, so ist die Eignungsfrage ebenso wie im geltenden Recht … zu prüfen.” Der Gesetzgeber hat sogar einer Fehlinterpretation seiner Absichten ausdrücklich vorgebeugt. Offenbar hatte er Sorge – wie sich jetzt zeigt, nicht ohne Grund –, die Einführung von Regelbeispielen für Verkehrsstraftaten könne zur restriktiveren Handhabung der Vorschrift bei Zusammenhangstaten führen: „Es wäre ein verhängnisvoller Irrtum zu glauben, daß dem Katalog [des Absatzes 2] nach irgendeiner Richtung abschließende Wirkung zukäme und daß die Maßregel im allgemeinen nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 angeordnet werden dürfte.” Für die hier vorliegende Frage des funktionalen Bezuges zwischen der Tat und der Eignung ist der nächste Satz der Begründung hervorzuheben: „Eine solche Annahme wird durch den Zusammenhang der Absätze 1 und 2 widerlegt.” Der Gesetzgeber hat deshalb die Revisionsgerichte in die Pflicht genommen: „Für die Durchsetzung des Grundsatzes, daß außerhalb des Absatzes 2 keine gegenüber dem geltenden Recht strengeren Anforderungen an den Eignungsmangel gestellt werden dürfen, werden notfalls die Rechtsmittelgerichte mit Nachdruck zu sorgen haben.”
c) Vollends eindeutig hat der Gesetzgeber seinen Willen bei der Änderung des § 69b StGB (betreffend ausländische Fahrerlaubnisse) durch das 32. Strafrechtsänderungsgesetz von 1995 zum Ausdruck gebracht. Solche Fahrerlaubnisse duften bis dahin wegen internationaler Abkommen nur bei spezifischen Verkehrsverstößen entzogen werden. In der Begründung des Regierungsentwurfs (BT-Drucks. 13/198, S. 4) ist ausdrücklich die Ungeeignetheit bei Zusammenhangstaten – der Kern der Divergenz – angesprochen und im Sinne der Auffassung des Senats beantwortet: „Im Zuge einer zunehmenden mobilen und grenzübergreifenden Kriminalität ist zu beobachten, daß Kraftfahrzeugführer, die im Besitz einer ausländischen Fahrerlaubnis sind, häufig die Fahrerlaubnis zu schwerwiegenden kriminellen Handlungen – z.B. zur Einfuhr von Betäubungsmitteln und zur Begehung von Einbruchsdiebstählen – mißbrauchen u n d s i c h h i e r d u r c h a l s u n g e e i g n e t zum Führen von Kraftfahrzeugen e r w e i s e n. … Dies ist im Interesse einer wirksamen Kriminalitätsbekämpfung bedenklich, da der partielle Verzicht auf eine Fahrerlaubnisentziehung eine effektive Strafverfolgung behindert. Eine wirksame Bekämpfung der zunehmend länderübergreifenden Kriminalität sollte durch eine Entziehung der Fahrerlaubnis … auch in den Fällen gewährleistet sein, in denen eine Straftat im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges begangen wird.”
d) Das entspricht auch heute noch dem Willen des Gesetzgebers. Dies belegt der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Sanktionenrechts vom Januar 2004 (BR-Drucks. 3/04). Danach soll in § 44 StGB (Fahrverbot) ein Absatz 2 eingefügt werden, wonach ein Fahrverbot in der Regel anzuordnen ist, wenn der Täter „wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, zu deren Begehung oder Vorbereitung er ein Kraftfahrzeug als Mittel der Tat geführt hat.” Nach der Entwurfsbegründung (a.a.O. S. 48) soll die Regelvorschrift „zur häufigeren Anwendung [des Fahrverbots] im Bereich von Zusammenhangstaten verhelfen. … Indem der Einsatz des Kraftfahrzeugs als Tatmittel verlangt wird, betont die neue Regelvorschrift, ohne den Begriff des Zusammenhangs in Absatz 1 zu definieren, das Erfordernis eines funktionalen, nicht lediglich zufälligen Zusammenhangs zwischen der Straftat und dem Führen eines Kraftfahrzeugs. Ein solcher ist anzunehmen, wenn der Täter das Kraftfahrzeug zur Förderung der Straftat mißbraucht, also in deliktischer Absicht handelt.”
Der Bundesrat bemerkt in seiner Stellungnahme vom 13. Februar 2004 zum Gesetzentwurf (BR-Drucks. 3/04) – unter Bezugnahme auf die Entscheidung des 4. Strafsenats vom 5. November 2002 – 4 StR 406/02 – zu den Auswirkungen einer Erhöhung der möglichen Dauer eines Fahrverbots auf die Entziehung der Fahrerlaubnis: Täter von Straßenverkehrsdelikten und sogenannten ‚Zusammenhangstaten’, deren Schuld so schwer wiegt, daß eine höhere Fahrverbotsdauer als sechs Monate geboten ist, müssen w e i t e r h i n a l s u n g e e i g n e t aus dem Verkehr gezogen werden.”
3. Die systematische Auslegung bestätigt unter verschiedenen Gesichtspunkten die Auffassung des Senats. Die Rechtsansicht des 4. Strafsenats stünde zudem nicht mehr im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Auslegung des mit § 69 StGB verfahrensrechtlich verknüpften Eignungsbegriffs in § 2 Abs. 4 StVG.
a) Bereits die Binnenstruktur der Vorschrift steht der Annahme entgegen, die erste Alternative (Zusammenhangstat, § 69 Abs. 1 Satz 1 StGB) schütze lediglich Verkehrssicherheitsbelange. Denn das gilt nicht einmal für die andere, die sogen. verkehrsspezifische zweite Alternative uneingeschränkt. Diese zweite Alternative bezieht sich auf die Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers. Solche Pflichten sind jedoch nicht nur auf die Verkehrssicherheit bezogen und folgen nicht nur aus Vorschriften, die unmittelbar das Verkehrsgeschehen betreffen („Fahrverhalten”). Pflichten des Kraftfahrzeugführers können auch dann verletzt sein, wenn sich der Täter beispielsweise unerlaubt vom Unfallort entfernt oder einem Polizeibeamten, etwa bei der Entnahme einer Blutprobe, Widerstand leistet (siehe Schönke/Schröder-Stree, StGB 26. Aufl. § 69 Rdn. 15). Die Bereitschaft, Verkehrssicherheitsbelange eigenen kriminellen Interessen unterzuordnen, kommt darin nicht zum Ausdruck. Dies zeigt, daß selbst für die zweite Alternative des § 69 Abs. 1 Satz 1 StGB, die eine Verletzung von Kraftfahrerpflichten erfordert, die einschränkende, ausschließlich auf die Verkehrssicherheit im engeren Sinne ausgerichtete Auslegung des Anfragebeschlusses nicht zu überzeugen vermag.
b) Der 4. Strafsenat meint, die Entziehung der Fahrerlaubnis regele in vergleichbarer Weise wie das Berufsverbot (§ 70 StGB) eine spezielle Materie, nämlich eine verkehrssicherheitsspezifische. Er stützt sich bei der von ihm geforderten einschränkenden Auslegung auf diesen systematischen Bezug. Der Senat vermag dem nicht zu folgen. Er zieht aus dem Vergleich dieser Normen einen anderen, im Ergebnis gegenteiligen Schluß:
Das Berufsverbot knüpft unmittelbar und nur an eine berufsspezifische Tat an („unter Mißbrauch seines Berufs oder Gewerbes oder unter grober Verletzung der mit ihnen verbundenen Pflichten”). Das entspricht allein der zweiten – der kraftfahrerpflichtenbezogenen – Alternative des § 69 Abs. 1 StGB; eine sogen. Zusammenhangstat kann ein Berufsverbot mithin nicht begründen. Eben deswegen ist auch die „Ungeeignetheit” in § 70 StGB berufsspezifisch definiert („bei weiterer Ausübung des Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges erhebliche rechtswidrige Taten der bezeichneten Art begehen wird”). § 69 Abs. 1 StGB hingegen läßt, anders als die Vorschrift über das Berufsverbot, auch Zusammenhangstaten für die Anordnung der Maßregel genügen und begrenzt die sich aus einer solchen Tat ergebende Ungeeignetheit nicht bereichsspezifisch. Daraus zieht der Senat den Umkehrschluß: Hätte der Gesetzgeber die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 StGB bereichsspezifisch begrenzen wollen, so hätte er die Voraussetzungen dieser Vorschrift ähnlich ausgestaltet wie beim Berufsverbot. Das aber ist gerade nicht der Fall.
a) Dem vom anfragenden Senat beabsichtigten Rechtssatz steht auch die normübergreifende Systematik entgegen, namentlich die Legaldefinition des Eignungsbegriffs in § 2 Abs. 4 StVG und die zu entsprechenden Bestimmungen ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.
aa) Durch das Erste Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs wurde – weil dem Strafrichter eine die Verwaltungsbehörden bindende Zuständigkeit zur Entziehung der Fahrerlaubnis übertragen wurde – ein Gleichklang der Rechtsvorschriften zur strafrechtlich und zur straßenverkehrsrechtlich begründeten Ungeeignetheit hergestellt (BT-Drucks. 1. Wahlperiode Nr. 2674, S. 12): „Die gerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis setzt außer einer solchen Tat voraus, daß sich der Täter durch die Tat als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen hat. Diese Voraussetzung entspricht der Regelung, die der § 4 Absatz 1 des Kraftfahrzeuggesetzes in der im Artikel 1 Nr. 1 vorgeschlagenen Fassung für die Entziehung der Fahrerlaubnis im Verwaltungswege enthält.”
Die frühere Regelung im Kraftfahrzeuggesetz steht heute nahezu wortgleich in § 2 Abs. 4 StVG. § 3 Abs. 4 Satz 1 StVG statuiert die Bindung der Fahrerlaubnisbehörde an das strafgerichtliche Urteil, auch soweit sich dieses auf die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht (mit nur engen, durch die Rechtsprechung begründeten Ausnahmen; vgl. BVerwGE 80, 49; BVerwG VRS 23, 156). Das ist der Grund für die besonderen Anforderungen an die Begründung des Strafurteils zur Frage der Entziehung der Fahrerlaubnis, wie sie in § 267 Abs. 6 Satz 1 und 2 StPO vorgegeben sind. § 2 Abs. 4 StVG (vgl. auch § 11 Abs. 1, § 46 Abs. 1 FeV) enthält eine gesetzliche Definition der Eignung: „Geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich und nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat.”
Daraus ergibt sich, daß verwaltungsrechtlich die Eignung entfallen kann, wenn ein erheblicher Verstoß gegen nicht-verkehrsrechtliche Strafgesetze vorliegt. Die Regelung verdeutlicht, daß schon allein die Begehung solcher Taten der allgemeinen Kriminalität zur Verneinung der Eignung führen kann. Die Bereitschaft des Betroffenen, Verkehrssicherheitsinteressen etwaigen kriminellen Zielen unterzuordnen, ist dazu nicht erforderlich. Entscheidend sind die eignungsrelevanten Eigenschaften, Fähigkeiten und Verhaltensweisen. In der verwaltungsrechtlichen Literatur und Rechtsprechung wird im Zusammenhang mit nicht-verkehrsrechtlichen Straftaten stets an die charakterliche Eignung angeknüpft (vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht 37. Aufl. § 2 StVG Rdn. 12 ff. m.w.N.).
bb) Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kennt dementsprechend bislang – soweit erkennbar – das vom anfragenden Senat aufgestellte Erfordernis nicht.
Das Bundesverwaltungsgericht hat in der Entscheidung BVerwGE 11, 334 (zu § 4 Abs. 1 StVG aF, jetzt § 2 Abs. 4 StVG) ausgeführt: „Der Schutzzweck des Gesetzes beschränkt sich auch nicht auf den Straßenverkehr, sondern ist ein allgemeiner, er richtet sich darauf, Jedermann vor der Verletzung jedes durch die Rechtsordnung geschützten Rechtsgutes zu bewahren. Daher ist jemand als Kraftfahrzeugführer auch dann ungeeignet, wenn ihm der Besitz der Fahrerlaubnis strafbare Handlungen nicht verkehrsrechtlicher Art erleichtert oder ihn in seiner Neigung hierzu fördert. Eine besondere Gefahrenlage setzt die Vorschrift des § 4 Abs. 1 StVG nicht voraus. Das Gesetz will schon die Möglichkeit einer Verfehlung tunlichst ausschließen; daß diese nach der allgemeinen Erfahrung zu befürchten ist, muß daher genügen.”
In einem Fall der „Unzucht mit Kindern” – ohne Einsatz eines Kraftfahrzeuges – heißt es (BVerwG VRs 20 S. 391, 392): „… daß sich … charakterliche Mängel auch aus anderen als verkehrsrechtlichen Verfehlungen ergeben können und daß der Schutzzweck der bezeichneten Vorschriften nicht nur auf die Sicherheit des Straßenverkehrs, sondern auch darauf gerichtet ist, andere vor Straftaten durch einen Kraftfahrzeugführer zu bewahren. Dabei ist es [das Berufungsgericht] zutreffend auch davon ausgegangen, daß die Feststellung, einem Kraftfahrzeugführer werde durch den Besitz der Fahrerlaubnis die Begehung von Straftaten erleichtert, genügt, um ihn als ungeeignet erscheinen zu lassen. Denn das Gesetz will schon die Möglichkeit einer Gefährdung fremder Rechtsgüter ausschließen, so daß eine nach der allgemeinen Erfahrung begründete Befürchtung ausreicht, der Besitzer der Fahrerlaubnis könnte diese mißbrauchen.”
Im Blick auf einen Betrugstäter hat das Bundesverwaltungsgericht zudem auf den durch eine Fahrerlaubnis bedingten „größeren Aktionskreis” und damit eine ausgeprägtere Sozialgefährlichkeit abgehoben (BVerwG VRs 20 S. 392, 394).
In einer späteren Entscheidung (BVerwG VM 1981, S. 50) hat das Bundesverwaltungsgericht in einem Fall des Heroinschmuggels (heute: unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln) hervorgehoben: „Der Mangel der Eignung zum Kraftfahrzeugführer kann sich auch aus anderen als verkehrsrechtlichen Straftaten ergeben, wenn zu befürchten ist, daß die Fahrerlaubnis zu Straftaten nicht verkehrsrechtlicher Art mißbraucht wird oder wenn die Art und Weise der Straftaten charakterliche Anlagen erkennen lassen, die, wenn sie sich im Straßenverkehr auswirken, die Allgemeinheit gefährden.” (vgl. sehr differenziert auch OVG Bremen DAR 1970, 82, 83: „… wenn hinreichender Anlaß zu der Annahme besteht, daß ein Kraftfahrzeug für seinen Besitzer einen Anreiz zur Begehung strafbarer Handlungen bilden wird; denn beim Vorliegen eines solchen Sachverhalts gefährdet der Besitz einer Fahrerlaubnis die Allgemeinheit.”)
In folgenden Entscheidungen hat das Bundesverwaltungsgericht die Auslegung des Eignungsbegriffs straßenverkehrsbezogen bestätigt. In BVerwG NJW 1986, 2779 (zu § 15e Abs. 1 Nr. 2 StVZO aF) heißt es: „Der Senat hat weiterhin für die Fälle der Versagung (oder Entziehung) der allgemeinen Fahrerlaubnis wegen mangelnder Eignung infolge charakterlicher Mängel darauf hingewiesen, daß es insbesondere auf die Gesamtpersönlichkeit des Fahrzeugführers ankomme und daß dabei auch Straftaten nicht verkehrsrechtlicher Art bedeutsam sein könnten, wenn die Art und Weise der Straftaten charakterliche Anlagen erkennen lasse, die die Allgemeinheit gefährdeten, wenn sie sich im Straßenverkehr auswirken.” Im konkreten Ausgangsfall lagen zwei Verurteilungen wegen gefährlicher Körperverletzung vor (ähnlich auch BVerwG NJW 1987, 2246). In BVerwGE 99, 249, 252 wird grundsätzlich nochmals betont: „Berechtigte Eignungszweifel können sich auch allein aus Tatsachen ergeben, die bei Verstößen gegen strafrechtliche Vorschriften – auch solche nicht verkehrsrechtlicher Art – zutage getreten sind” (ebenso BVerwG, Beschl. v. 25. August 1995 – 11 B 92.95).
cc) Von einer „subjektivistisch” orientierten Einschränkung, wie sie der 4. Strafsenat vorhat, läßt sich der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts – soweit zu sehen ist – nichts entnehmen. Das gilt namentlich für die geforderten konkreten Anhaltspunkte für eine Bereitschaft des Straftäters, die Verkehrssicherheit seinen „kriminellen Interessen” unterzuordnen. Vielmehr wird die fehlende charakterliche Zuverlässigkeit, die sich aus allgemeinen Straftaten ergeben kann, in einer direkten, unvermittelten Bewertung und Folgerung für genügend erachtet. Das entspricht auch der Definition in § 2 Abs. 4 StVG.
Aus alledem ergibt sich, daß es zu einem systematischen Bruch führen würde, die strafrechtliche Vorschrift in ihrem konkretisierten Maßstab von der Auslegung des § 2 Abs. 4 StVG gleichsam abzukoppeln.
dd) Prozedural ist es – auch das folgt aus dem Vorgesagten – nach Ansicht des Senats geboten, zu klären, ob – was der Fall sein dürfte – Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dem beabsichtigten Rechtssatz entgegensteht. Im Ergebnis könnte dies zur Anrufung des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes zwingen (vgl. § 2 RsprEinhG). Mit dem Hinweis des Anfragebeschlusses, die „neuere verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung” stehe nicht entgegen (mit Zitierung des OVG Koblenz), ist es nicht getan. Das gilt zumal deshalb, weil selbst diese Formulierung erkennen läßt, daß es offenbar „ältere” Verwaltungsrechtsprechung gibt, die dies anders sieht. Weder der Anfragebeschluß noch der dort zitierte Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Koblenz in NJW 1994, 2436, 2437 verhalten sich aber dazu, weshalb die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts etwa überholt oder gar aufgegeben sein sollte.
Gerade wenn es für geboten erachtet wird, konkrete Anhaltspunkte dafür festzustellen, daß der Täter die Bereitschaft gezeigt habe, sich über die „im Verkehr” gebotene Sorgfalt und Rücksichtnahme hinwegzusetzen, ist das eine erheblich strengere Anforderung, als sie in den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts bislang aufgestellt worden ist. Dort ist allein aufgrund der Begehung der Straftat die Frage der charakterlichen Zuverlässigkeit und der Eignung beurteilt worden. Ehe der Bundesgerichtshof einen strengeren Maßstab entwickelt – zumal mit noch darzustellenden Anwendungsschwierigkeiten – muß das Bundesverwaltungsgericht in der vorgesehenen Weise beteiligt werden.
ee) Normübergreifend und systematisch-vergleichend ist auch auf das bisherige Verständnis der Vorschrift über Erteilung und Widerruf der Luftfahrererlaubnis hinzuweisen. Auch dort (zu § 4 Abs. 1 Nr. 3 LuftVG „… Tatsachen vorliegen, die den Bewerber als unzuverlässig erscheinen lassen, ein Luftfahrzeug zu führen …”) ist anerkannt, daß die Zuverlässigkeit Teil der Eignung ist (vgl. auch § 24 Abs. 4 Satz 3 LuftVZO) und sich auf die charakterlichen Eigenschaften des Luftfahrers bezieht. Wegen erheblicher Straftaten auch der sogen. allgemeinen Kriminalität kann der Widerruf der Luftfahrerlaubnis in Betracht kommen (vgl. mit Rechtsprechungsnachweisen: Giemulla/Schmid, LuftVG § 4 Rdn. 19, 22 – 24a; Hofmann/Grabherr, LuftVG 2. Aufl. § 4 LuftVG Rdn. 61: mehrfache Vermögensdelikte; Untreue und vorsätzliche Verletzung der Buchführungspflicht; gewerbsmäßiger Schmuggel; gewerbsmäßige Hehlerei, Urkundenfälschung; siehe beispielsweise BVerwG NZV 1991, 325 zu einem Rauschgiftdelikt).
4. Auch das für eine Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 69 Abs. 1 StGB geltend gemachte, verfassungsrechtlich mit dem Verweis auf die allgemeine Handlungsfreiheit gestützte Argument von der „auf Mobilität angelegten Gesellschaft” vermag nicht zu überzeugen.
Die hier in Frage stehende Entziehung der Fahrerlaubnis knüpft an eine wenigstens im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs begangene Tat an. Der „Serieneinbrecher”, der sein Fahrzeug zum Abtransport der Beute „benötigt”, wird schwerlich mit Aussicht auf Erfolg einen unzulässigen Eingriff in seine „allgemeine Handlungsfreiheit” geltend machen können. Der Gesetzgeber des 32. Strafrechtsänderungsgesetzes hat gerade die „mobile und grenzübergreifende Kriminalität” unterbinden wollen. Zudem stellt § 69 Abs. 1 Satz 2 StGB den Strafrichter im konkreten Zusammenhang ausdrücklich von der Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes frei (§ 62 StGB). Deshalb kann bei fehlender Eignung dem Aspekt des Eingriffs in die Mobilität des Täters und damit dessen allgemeiner Handlungsfreiheit keine Bedeutung zukommen. Trägt der festgestellte Sachverhalt den Schluß auf die fehlende Eignung, ist die Entziehung der Fahrerlaubnis obligatorisch, für Verhältnismäßigkeitserwägungen der vom 4. Strafsenat angestellten Art mithin auch bei der Konkretisierung der Norm kein Raum.
5. Die vorgeschlagenen Anforderungen an die Feststellung der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen geben dem Tatrichter keine für die Praxis handhabbaren Vorgaben. Sein Aufklärungs- und Begründungsaufwand wird steigen; ob seine Entscheidung rechtlicher Prüfung standhält, kann er gleichwohl kaum verläßlich voraussehen. Deshalb besorgt der Senat, daß die Vorschrift über die Entziehung der Fahrerlaubnis bei Zusammenhangstaten weitgehend leerlaufen würde.
a) Ist ein konkreter Verkehrsverstoß festgestellt, wird ohnehin zumeist die zweite Alternative des § 69 Abs. 1 StGB erfüllt sein („Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugsführers”). Ist das indessen nicht der Fall, dann soll der Tatrichter in der sogen. Zusammenhangstat der allgemeinen Kriminalität konkrete Anhaltspunkte dafür finden, daß der Täter bereit ist, die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen kriminellen Interessen unterzuordnen. Äußere Anzeichen für eine solche innere „Bereitschaft” des Täters werden sich jedoch bei lebensnaher Betrachtung in der Praxis kaum verläßlich feststellen lassen. Der Sachverhalt liegt so wie festgestellt zutage. Wie es mit der Bereitschaft des Täters bestellt ist, wird – ohne daß ein konkreter Verfahrensverstoß gegeben ist – kaum in tragfähiger Weise klärbar sein. Er selbst wird, danach befragt, regelmäßig seinen Willen zur Verkehrsregeltreue bekunden.
Ob etwa konkrete Anhaltspunkte dafür bestanden, daß sich der Räuber einer Kontrolle entzogen hätte, ist kaum sicher zu beantworten, naheliegenderweise läßt sich darüber lediglich spekulieren. Eine verläßliche Tatsachengrundlage würde sich dafür nur im Ausnahmefall finden lassen. Es bleibt danach unklar, wie etwa eine tatrichterliche Bewertung gestaltet werden könnte, die beispielsweise die konkrete Bereitschaft zur Flucht vor Verfolgung unter Außerachtlassung von Verkehrssicherheitsinteressen bejahen würde (ohne daß eine Verletzung von Kraftfahrerpflichten feststellbar ist). Hier sind dem gebotenen Akt wertender Erkenntnis naturgegebene Grenzen gesetzt, die im praktischen Ergebnis nach dem Zweifelssatz regelmäßig zur Nichtfeststellbarkeit der vom 4. Strafsenat geforderten Voraussetzungen führen würden.
b) Die praktischen Schwierigkeiten und der zusätzliche Aufwand des Tatrichters werden gerade durch die dem Anfragebeschluß zugrundeliegenden Fallgestaltungen offenbar.
aa) Beim mehrfach verübten Tankstellenbetrug soll der neue Tatrichter dem Anfragebeschluß zufolge aufklären, ob das Verhalten des Angeklagten bei einer Vorverurteilung (flüchtendes Anfahren des am Steuer sitzenden Mittäters mit Vollgas) einen konkreten Hinweis darauf gibt, daß der Angeklagte bereit ist, sich über die Belange der Verkehrssicherheit hinwegzusetzen.
bb) Beim Abtransport der Tatbeute nach einem Raubüberfall soll aufzuklären sein, ob sich der Angeklagte einer Kontrolle unter Mißachtung der Verkehrsinteressen anderer entzogen hätte. Die Erwägung, aufgrund weiterer aufzuklärender Umstände bedürfe es dann einer Gesamtwürdigung insbesondere der Täterpersönlichkeit, gibt dem neuen Tatrichter eher Rätsel auf als klare Hinweise an die Hand. Das gilt zumal im Blick darauf, daß sich nach dem Willen des Gesetzgebers die Ungeeignetheit gerade aus „der Tat” ergeben muß.
cc) Beim Rauschgiftkurier – mit immerhin 16 Beschaffungsfahrten – soll die Festnahmesituation aufgeklärt werden. Das wird jedoch kaum ein verläßliches Anzeichen für die innere „Bereitschaft” und Einstellung des Angeklagten sein. Denn seine Reaktion wird von extern vorgegebenen Umständen abhängen, etwa davon, ob ihm – bildlich gesprochen – nur zwei arglose Streifenpolizisten gegenübertreten oder eine gut ausgerüstete, starke Einsatzgruppe, die bereits Tatverdacht hegt. Taktisches Kalkül wird hier sein Verhalten bestimmen, sollte er Fluchtabsichten hegen. Über die „Bereitschaft” zur Unterordnung von Verkehrssicherheitsbelangen sagt das nichts aus.
c) Die erhöhten Aufklärungspflichten würden zwangsläufig auch zu weitergehenden Begründungsanforderungen an das Urteil führen. Nach § 267 Abs. 6 StPO müssen die Urteilsgründe nicht nur ergeben, weshalb der Tatrichter die Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet oder entgegen einem in der Verhandlung gestellten Antrag nicht angeordnet hat (Satz 1). Auch wenn sonst – ohne daß ein ausdrücklicher Antrag gestellt worden wäre – die Fahrerlaubnis nicht entzogen worden ist, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, müssen die Urteilsgründe – wegen der Bindungswirkung für die Fahrerlaubnisbehörde – stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist (Satz 2). Wie auch immer der Tatrichter entscheidet, stets trifft ihn eine Begründungspflicht.
d) Das Erfordernis, konkrete Anhaltspunkte für „Interessenunterordnungsbereitschaft” des Täters festzustellen, überspannt damit in nicht praxisgerechter Weise die Anforderungen an die Aufklärung des Sachverhaltes, die Feststellung der Voraussetzungen und die Begründung für die Beurteilung der charakterlichen Zuverlässigkeit.
Hinzu kommt, daß mit dem ins Auge gefaßten Kriterium die Schwierigkeiten, einen einheitlichen Maßstab zu finden, nur verlagert werden: Es wären die Voraussetzungen zu umschreiben, unter denen eine solche „Bereitschaft” des Täters angenommen werden kann. Dazu deuten sich schon jetzt Meinungsunterschiede zwischen den Senaten an. Dies zeigt der Beschluß des 5. Strafsenats vom 28. Oktober 2003 – 5 StR 411/03 –, wo für die Annahme eines spezifischen Zusammenhanges zwischen Tat und Verkehrssicherheit auch auf „latente Risiken für den nicht unwahrscheinlichen Fall von Flucht” oder von Widerstandsversuchen des (im Fahrzeug befindlichen) Opfers einer Entführung abgehoben wird. In diese Richtung deutet auch der Antwortbeschluß des 5. Strafsenats vom selben Tage (Beschl. vom 28. Oktober 2003 – 5 ARs 67/03), wo es für genügend erachtet wird, daß sich der Täter bei Begehung der Tat bewußt in eine Situation begeben hat, die zu „relevanten Risiken für Belange der Verkehrssicherheit führen kann” und dafür beispielhaft solche Taten anführt, die teilweise im praktischen Ergebnis gerade die Divergenz ausmachen (Fluchtgefahr; Beförderung von Tatbeute, Rauschgift oder Schmuggelgut in beträchtlichem Ausmaß). Wenig einleuchtend erscheint auch die Vorstellung, an ein rasantes Anfahren („mit Vollgas”) des am Steuer sitzenden Mittäters irgendwelche tauglichen Erwägungen hinsichtlich der Bereitschaft des als Beifahrer mitfahrenden Täters zur Unterordnung von Verkehrssicherheitsbelangen zu knüpfen („Interessenunterordnungsbereitschaft”, so aber wohl der Anfragebeschluß S. 4, 19 für den ersten der vom 4. Strafsenat zu entscheidenden Fälle).
Nach allem stünde zu erwarten, daß der vorgeschlagene Rechtssatz zum weitgehenden Leerlaufen der ersten Alternative des § 69 Abs. 1 Satz 1 StGB führen würde. Das widerspricht dem Willen des Gesetzgebers.
C.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, daß die Fassung des im Anfragebeschluß aufgestellten Rechtssatzes zu eng erscheint:
Der Rechtssatz ist ersichtlich in Anlehnung an den Kammerbeschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Juni 2002 – 1 BvR 2062/96 = NJW 2002, 2376 formuliert, der eine Entziehung der Fahrerlaubnis wegen verweigerter Beibringung eines Drogensceenings nach festgestelltem Haschischbesitz betraf. Der 4. Strafsenat hat die vom Bundesverfassungsgericht – als e i n e Fallgruppe charakterlich-sittlicher Mängel – genannte „Interessenunterordnungsbereitschaft” übernommen. Er hat sie allerdings mit der Einschränkung versehen, der Täter sei „nur dann ungeeignet, wenn …”, und damit auf einen einzig möglichen Eignungsmangel reduziert.
Wären konkrete Anhaltspunkte auch für die „Interessenunterordnungsbereitschaft” bei Fällen der zweiten Alternative des § 69 Abs. 1 StGB – der Rechtssatz beansprucht ausdrücklich Geltung für dessen Satz 1 – vom Tatrichter festzustellen, so würde dies dem Zweck der Regelbeispielstechnik des § 69 Abs. 2 StGB widersprechen. Zudem wird eine „Interessenunterordnungsbereitschaft” bei einem Vollrauschtäter schwerlich feststellbar sein. Bei bloß körperlichen Eignungsmängeln käme eine Entziehung der Fahrerlaubnis (Anfragebeschluß: „Die Ungeeignetheit … ergibt sich n u r d a n n …”) überhaupt nicht in Betracht. Das wäre weder mit § 69 Abs. 1 StGB noch mit § 2 Abs. 4 StVG vereinbar.
Unterschriften
Nack, Wahl, Boetticher, Schluckebier, Graf
Fundstellen