Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 63
Nach Vereinheitlichung der Unterhaltsansprüche ehelicher und nichtehelicher Kinder durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz, das Gesetz zur weiteren Verbesserung von Kinderrechten und das Kindesunterhaltsgesetz sowie dem Wegfall aller unterhaltsrechtlichen Sondervorschriften für das nichteheliche Kind (§§ 1615b bis 1615k BGB a.F.) durch Verweis in § 1615a BGB auf die allgemeinen Vorschriften zum Verwandtenunterhalt nach den §§ 1601 ff. BGB sind unterschiedliche Beurteilungen des Bestehens von Kostenvorschusspflichten obsolet geworden. Für Kinder verheirateter und nicht verheirateter Eltern gelten gleiche Maßstäbe.
Rz. 64
Im Zusammenhang mit den gesetzlichen Vorschriften über Unterhaltspflichten zwischen Verwandten (§§ 1601 ff. BGB) waren ursprünglich keine Regelungen zur Kostenvorschusspflicht mit aufgeführt. Dies ist nunmehr durch die allgemeine Klausel des § 246 Abs. 1 FamFG nachgeholt. Insoweit gilt die Rangfolge des § 1609 BGB.
Der Vorschussanspruch besteht gegenüber beiden – auch nicht verheirateten Eltern – welche anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen hierfür einzustehen haben. Die Vorschrift des § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB, wonach der Elternteil, der ein minderjähriges unverheiratetes Kind betreut, seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, in der Regel, durch Pflege und Erziehung des Kindes erbringt (Naturalunterhalt), kommt in diesem rechtlichen Zusammenhang nicht zur Anwendung. Daher ist der betreuungspflichtige Elternteil, welcher dem Gesetz nach gleichwertigen Naturalunterhalt leistet, bei Ausfall des Barunterhaltspflichtigen und eigener günstiger Einkommenslage zur Leistung von Kostenvorschüssen an das klagende Kind bei Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen verpflichtet.
Das im Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren befindliche minderjährige Kind, welches auf Unterhalt klagt, kann daher durchaus auf Vorschüsse gegenüber seinen Eltern – auch des betreuenden Teils – verwiesen werden.
Rz. 65
Verfügt das minderjährige Kind über eigenes Vermögen, so ergibt sich wie unter zusammenlebenden Ehegatten eine – wenn auch eingeschränkte – Verwertungspflicht, soweit eine solche Verwertung nicht unwirtschaftlich oder angesichts des wesentlich höheren Vermögens auf Elternseite unzumutbar wäre. Eine Notreserve, welche je nach den Vermögensverhältnissen der Eltern höher oder niedriger anzusetzen ist, braucht grundsätzlich nicht aufgelöst zu werden. Ebenso wie unter Ehegatten muss sich der Vorschuss, den das Kind geltend macht, auf eine seine Person betreffende Rechtsstreitigkeit beziehen. Betroffen sind hiervon also Unterhaltsstreitigkeiten (Aktiv- und Passivprozesse), Verfahren aus Persönlichkeitsrechtsverletzungen oder/und Haftpflichtprozesse aus unerlaubter Handlung.
Rz. 66
Bei volljährigen unverheirateten Kindern ist die Frage, ob sie Vorschussansprüche geltend machen können, umstritten. Dieser Streit dürfte zumindest für den in § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB erfassten Kreis volljähriger unverheirateter Kinder, welche noch zur Schule gehen und im Haushalt zumindest eines Elternteils leben, bis zum 21. Lebensjahr nunmehr klar geregelt sein, da aufgrund der Gleichstellung mit minderjährigen Kindern auch für diese volljährigen Unterhaltsberechtigten Kostenvorschüsse geleistet werden müssen.
Rz. 67
Für den Kreis der übrigen unverheirateten volljährigen Kinder dürfte nach einer in der neueren Rechtsprechung abzuzeichnenden Tendenz ebenfalls ein Vorschussanspruch zu bejahen sein, wobei unterschieden wird, ob das in Ausbildung befindliche Kind unter Umständen noch dem Bestimmungsrecht der Eltern nach § 1612 Abs. 2 BGB unterliegt oder bereits eine eigene selbstständige Lebensstellung erreicht hat, allerdings nicht an die Lebensstellung der Eltern aufgrund deren Einkommens- und Vermögenssituation anknüpft.
Rz. 68
Für verheiratete eheliche Kinder – minderjährig oder volljährig – besteht normalerweise keine Prozesskostenvorschusspflicht mehr, da gem. § 1608 Abs. 1 BGB der Ehepartner für den gesamten Unterhalt aufzukommen hat. Befinden sich allerdings beide jungen Eheleute noch in Berufsausbildung, ist also der Ehepartner wegen seiner eigenen Einkommens- und Vermögenssituation faktisch leistungsunfähig, so sind in diesem Fall die Eltern gleichwohl zum Ausbildungsunterhalt verpflichtet und haben dementsprechend Vorschüsse für Ausbildungsunterhaltsklagen bei vorliegenden Voraussetzungen zu leisten.