1. Begriff der Außerordentlichkeit
Rz. 82
Im Rahmen von § 2038 Abs. 1 S. 1 BGB ist die außerordentliche Verwaltung gemeint. Die ordentliche Verwaltung wird von § 2038 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BGB erfasst. Außerordentliche Verwaltung bezeichnet Maßnahmen, die für den Nachlass eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung haben.
Außerordentliche Verwaltungsmaßnahmen sind bspw.:
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Anregung zur Aufhebung einer Nachlassverwaltung |
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Umänderung der Erbengemeinschaft in eine werbende Gesellschaft |
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Umwandlung eines Gewerbes in ein Unternehmen einer anderen Branche. |
2. Begriff des gemeinschaftlichen Handelns
Rz. 83
Im Rahmen der außerordentlichen Verwaltung ist Einstimmigkeit der Miterben erforderlich. Nur wenn alle Miterben übereinstimmend handeln, liegt "gemeinschaftliches" Verwaltungshandeln i.S.v. § 2038 Abs. 1 S. 1 BGB vor. Im Innenverhältnis ist ein einstimmiger Beschluss der Erben erforderlich; im Außenverhältnis bedarf es einvernehmlichen Auftretens. Nicht erforderlich ist es jedoch, dass alle Erben auch gleichzeitig handeln. Im Außenverhältnis genügt das Handeln eines Miterben mit Zustimmung der anderen, §§ 182 ff. BGB. Nehmen die übrigen Miterben Verwaltungshandlungen eines Miterben hin, so kann darin eine stillschweigende Bevollmächtigung liegen. Hierbei müssen die Miterben jedoch erkennen können, dass die Verwaltungshandlungen des Miterben solche für den Nachlass und nicht für ihn selbst sind. Ein Verstoß gegen die Pflicht des gemeinschaftlichen Handelns führt zur Unwirksamkeit der Handlung im Innen- und Außenverhältnis. Die Pflicht zum gemeinschaftlichen Handeln gilt ausschließlich in Fällen der außerordentlichen Verwaltung.
Beispiel (Lösung Frage 3 – Rdn 1)
Die Renovierung eines EFH ist Verwaltungsmaßnahme. Eine bloße Renovierung wird jedoch in diesem Fall eine außerordentliche Verwaltungsmaßnahme darstellen, die einstimmig beschlossen werden müsste. Würde das EFH leer stehen, würde möglicherweise die Vermietbarkeit gefördert, was zum Nutzen der gesamten Erbengemeinschaft wäre. Hier dürfte jedoch allein F Nutznießerin sein.
Wie sieht es jedoch aus, wenn F die Kosten der Renovierung selbst tragen möchte (weil ihr "ohnehin 1/2 + 1/4 = 3/4 des Hauses gehören")? Fällt ihr – aus welchen Gründen auch immer – im Rahmen der Auseinandersetzung das EFH dann nicht zu, wird sie wohl kaum Ersatz ihrer Aufwendungen verlangen können. Auch dürfen die Renovierungsarbeiten im Rahmen der Auseinandersetzung nicht werterhöhend berücksichtigt werden.
3. Rechtsfolgen bei außerordentlicher Verwaltung
a) Miterben haben gemeinschaftlich gehandelt
Rz. 84
Die gemeinschaftlich und offen erkennbar für den Nachlass handelnden Miterben haften nicht mit ihrem Eigenvermögen, sondern ausschließlich mit dem Nachlass. Ist ein Handeln für den Nachlass nicht erkennbar, gilt § 164 Abs. 2 BGB und die Miterben haften auch persönlich. Die Miterben sind jedoch einander nicht verpflichtet, eine persönliche Haftung einzugehen.
b) Miterben haben nicht gemeinschaftlich gehandelt
Rz. 85
Ein Verstoß gegen den Grundsatz des gemeinschaftlichen Handelns macht die Handlung im Innen- und Außenverhältnis unwirksam. Bei Verwaltungshandlungen innerhalb der Erbengemeinschaft werden die nicht handelnden Miterben nicht gebunden, die Handlung ist für die Miterben ohne Bedeutung. Bei Verwaltungshandlungen nach außen tritt keine Wirkung der Rechtsgeschäfte ein. Die Handelnden haften ggf. aus § 179 BGB oder aus § 311 Abs. 2 und 3 BGB (culpa in contrahendo), wenn der Erbe ohne die erforderliche Vollmacht sämtlicher Erben handelt. Einseitige Rechtsgeschäfte sind daher nach § 180 BGB zu beurteilen.