Rz. 18
Pfändbar hingegen ist der Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben nach Ausscheiden des Mitglieds (§ 73 GenG). Der Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben ist bereits mit dem Beitritt zu einer Genossenschaft aufschiebend bedingt durch das Ausscheiden aus der Genossenschaft und einen dann aus der Bilanz folgenden positiven Auseinandersetzungssaldo entstanden. Der Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben kann daher bereits vor Ausscheiden des Mitglieds aus der Genossenschaft abgetreten, verpfändet oder gepfändet werden.
Rz. 19
Die Pfändung und Überweisung des Anspruchs auf Auszahlung des genossenschaftlichen Auseinandersetzungsguthabens stellt nach BGH nicht deshalb eine unzumutbare Härte im Sinne des § 765a ZPO dar, weil sie mittelbar zum Verlust der genossenschaftlichen Wohnungsrechte des Schuldners geführt hat und die Möglichkeit besteht, dass er seine derzeitige Wohnung verliert. Die Pfändung und Überweisung führt dazu, dass die Gläubigerin nunmehr berechtigt ist, die Forderungen im eigenen Namen durchzusetzen. In dem hierdurch bedingten Verlust der in den Forderungen repräsentierten Vermögenswerte liegt keine Härte für den Schuldner, die mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren wäre. Das Nutzungsrecht an einer Wohnung wird durch die Pfändung und Überweisung nicht beeinträchtigt. Macht die Gläubigerin zur Fälligstellung und anschließenden Beitreibung des gepfändeten Anspruchs auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens von der durch § 66 Abs. 1 GenG eröffneten Möglichkeit Gebrauch, die Mitgliedschaft des Schuldners bei der Drittschuldnerin zu kündigen, muss der Schuldner dies hinnehmen. Das Wohnungsnutzungsrecht des Schuldners ist nach dem Nutzungsvertrag an seine Mitgliedschaft bei der Genossenschaft gebunden und diese ist bei Verlust der Mitgliedschaft zur Kündigung des Nutzungsvertrages berechtigt. Bewohnt der Schuldner als Mitglied einer (Bau-)Genossenschaft eine Wohnung in einem der Genossenschaft (Drittschuldnerin) gehörendes Gebäude, so können die Ansprüche des Schuldners gegen die Drittschuldnerin auf Auszahlung des Geschäfts- bzw. Auseinandersetzungsguthabens gepfändet und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen werden. Die Überweisung des Anspruchs auf Auszahlung des Geschäftsguthabens darf nicht vom Nachweis abhängig gemacht werden, dass der Schuldner nicht oder nicht mehr in einer Wohnung der Drittschuldnerin wohnt. Denn allein wegen des drohenden Wohnungsverlustes als Folge der vom Gesetzgeber in § 66 GenG ausdrücklich gewährten Kündigungsmöglichkeit kann der Anspruch auf das Geschäftsguthaben für die Zeit, in der der Schuldner in einer Genossenschaftswohnung lebt, nicht dem Zugriff der Gläubiger entzogen werden.
Rz. 20
Der Gläubiger des Genossen kann die Kündigung für diesen aussprechen,
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nach Pfändung und Überweisung des Auseinandersetzungsguthabens, |
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nach fruchtloser Zwangsvollstreckung innerhalb der letzten sechs Monate vor der Kündigung sowie |
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nachdem der Schuldtitel rechtskräftig geworden ist (§ 66 GenG). |
Auf die Reihenfolge dieser drei Voraussetzungen kommt es nicht an.
Rz. 21
Die Pfändung und die Kündigung wird wirksam gegenüber dem Vorstand der Genossenschaft (§§ 24, 26 GenG). Der Kündigung muss eine beglaubigte Abschrift des Titels und der Urkunden über die erfolglose Zwangsvollstreckung beigefügt sein (§ 66 Abs. 2 GenG).
Rz. 22
Die ergebnislose Zwangsvollstreckung kann z.B. nachgewiesen werden durch Vorlage des Gerichtsvollzieher-Pfändungsprotokolls, durch einen Insolvenzeröffnungsbeschluss, einen Zurückweisungsbeschluss auf Anordnung der Zwangsversteigerung des Grundbesitzes mangels Aussicht auf Erfolg oder auch durch einen Insolvenzabweisungsbeschluss mangels Masse.
Rz. 23
Die Kündigung kann seitens des Gläubigers nur zu den vereinbarten Kündigungsfristen ausgesprochen werden; der Gläubiger sollte sich daher von dem Schuldner eine Abschrift des Genossenschaftsstatuts aushändigen lassen (§ 836 Abs. 3 ZPO). Zur Auskunftsverpflichtung und zur Versicherung an Eides statt vgl. § 1 Rdn 171 ff.).