Rz. 122
Soweit der gemeine Wert durch Schätzung zu ermitteln ist, kommen hierfür verschiedene Bewertungsmethoden in Betracht. Die h.M. unterscheidet insoweit verschiedene Arten von Grundstücken, deren Bewertung sich jeweils nach unterschiedlichen Grundsätzen richtet. Dies entspricht auch der (schon seit langem in der Literatur favorisierten) Vorgehensweise nach der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV), die gemäß § 1 ImmoWertV bei der Ermittlung der Verkehrswerte (Marktwerte) von Grundbesitz anzuwenden ist.
Rz. 123
Der Verkehrswert stellt nach § 194 BauGB eine objektivierte Größe dar, die weder durch einen evtl. Verkaufsdruck des Besitzers oder seine Verkaufsunwilligkeit noch durch Sonderfaktoren beeinflusst wird. Er ist mit dem "wahren", "inneren", "wirklichen" Wert eines Grundstücks gleichzusetzen. Sie genügt daher also prinzipiell den Vorgaben des § 2311 BGB.
Rz. 124
Nach § 2 Abs. 1 ImmoWertV bilden die allgemeinen Verhältnisse auf dem Grundstücksmarkt einen wesentlichen Faktor für die Wertbestimmung und richten sich nach der Gesamtheit der am Wertermittlungsstichtag für die im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den Regeln von Angebot und Nachfrage erfolgende Preisbildung maßgeblichen Umstände (§ 2 Abs. 2 ImmoWertV). Die allgemeine wirtschaftliche Situation, der Kapitalmarkt sowie die örtlichen Entwicklungen wirken sich also auf die Bewertung aus, nicht aber persönliche oder ungewöhnliche Verhältnisse der Beteiligten (§ 9 Abs. 2 ImmoWertV). Ziel der Wertermittlung ist vielmehr der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielbare Wert. Die Gepflogenheiten des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs sind daher auch bei der Wahl des Bewertungsverfahrens zu beachten.
Rz. 125
Gem. § 2 Abs. 1 und 3 ImmoWertV kommt natürlich auch dem Zustand des Grundstücks entscheidende Bedeutung zu. Der "Zustand" in diesem Sinne (§ 2 Abs. 3 ImmoWertV) beschreibt die Gesamtheit der wertbeeinflussenden rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften und wird durch den Entwicklungszustand (§ 3 Abs. 3 Nr. 1 ImmoWertV) sowie durch Art und Ausmaß der baulichen Nutzung (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 ImmoWertV i.V.m. § 5 Abs. 1 ImmoWertV) bestimmt. Gem. § 2 Abs. 3 Nr. 12 ImmoWertV sind auch wertbeeinflussende Rechte und Belastungen zu berücksichtigen. Gleiches gilt gem. § 5 Abs. 2 ImmmoWertV für den beitrags- und abgabenrechtlichen Zustand sowie gem. § 2 Abs. 3 Nr. 4 i.V.m. § 5 Abs. 4 ImmoWertV für die Verkehrsanbindung, die Nachbarschaft, die Wohn- und Geschäftslage und die Umwelteinflüsse (Lagemerkmale, § 2 Abs. 3 Nr. 5 ImmoWertV).
Weitere relevante Merkmale sind gem. § 2 Abs. 3 Nr. 3 ImmoWertV schließlich die tatsächliche Nutzung, die Erträge (§ 2 Abs. 3 Nr. 6 ImmoWertV), die Grundstücksgröße (§ 2 Abs. 3 Nr. 7 ImmoWertV) und der Zuschnitt (§ 2 Abs. 3 Nr. 8 ImmoWertV) sowie die Bodenbeschaffenheit (§ 2 Abs. 3 Nr. 9 ImmoWertV), bei bebauten Grundstücken zusätzlich die Gebäudeart (§ 2 Abs. 3 Nr. 10a ImmoWertV), die Bauweise und die Baugestaltung (§ 2 Abs. 3 Nr. 10b ImmoWertV), die Größe (§ 2 Abs. 3 Nr. 10c ImmoWertV), Ausstattung und Qualität (§ 2 Abs. 3 Nr. 10d ImmoWertV), der bauliche Zustand sowie die energetischen Eigenschaften. § 6 Abs. 6 ImmoWertV nennt außerdem die Restnutzungsdauer, also die Zahl der Jahre, in denen eine bauliche Anlage bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung voraussichtlich noch genutzt werden kann.
Rz. 126
§ 6 Abs. 1 S. 1 und § 7 Abs. 1 ImmoWertV nennen verschiedene Bewertungsmethoden, die zur Wertermittlung in Betracht kommen, nämlich das Vergleichswertverfahren (§§ 24 bis 26 ImmoWertV), das Ertragswertverfahren (§§ 27 bis 34 ImmoWertV) und das Sachwertverfahren (§§ 35 bis 39 ImmoWertV). Diese sind grundsätzlich gleichrangig. In der Praxis werden die einzelnen Verfahren aber zumeist wie folgt angewendet.
Rz. 127
Grundsätzlich sind nach § 8 ImmoWertV im Rahmen der Bewertung sowohl die allgemeinen (§ 8 Abs. 2 ImmoWertV) als auch die objektspezifischen (§ 8 Abs. 3 ImmoWertV) Grundstücksmerkmale zu berücksichtigen. Diese werden (wenigstens) durch marktübliche Zu- bzw. Abschläge berücksichtigt (§ 8 Abs. 3 S. 3 ImmoWertV), die sich im Hinblick auf die Unterschiedlichkeit der Bewertungsobjekte an allgemeinen Erfahrungssätzen orientieren (müssen).
Rz. 128
Das Vergleichswertverfahren wird regelmäßig zur Bewertung unbebauter Grundstücke sowie zur Bestimmung des Werts des so genannten Bodenwert-Anteils bebauter Grundstücke herangezogen. Soweit im Einzelfall taugliche Vergleichspreise verfügbar sind, können auch bebaute Grundstücke, insbesondere Eigentumswohnungen oder Reihenhäuser nach dem Vergleichswertverfahren bewertet werden.
Nach dem Sachwertverfahren werden – soweit keine tauglichen Vergleichspreise verfügbar sind – vor allem Ein- und Zweifamilienhäuser bewertet.
Das Ertragswertverfahren schließlich findet vorrangig Anwendung auf die Bewertung von Mietwohnhäusern, gewerblich-industriell genutzten Grundstücken, gemischt genutzten Grundstücken, öffentlich genutzten...