Dr. iur. Patrick Lenz, Dr. iur. Klaus Koch
Rz. 25
Vermag ein Beteiligter nach seinen Angaben oder nach Überzeugung des Notars nicht hinreichend zu hören, so soll zu der Beurkundung ein Zeuge oder zweiter Notar zugezogen werden, es sei denn, dass alle Beteiligten darauf verzichten. Auf Verlangen eines hörbehinderten Beteiligten soll der Notar einen Gebärdendolmetscher hinzuziehen. Die Tatsache der Feststellung der Hörbehinderung und ggf. der Hinzuziehung eines Gebärdendolmetschers soll in der Niederschrift festgestellt werden. Die Niederschrift soll auch von dem Zeugen oder dem zweiten Notar unterschrieben werden. Diese allgemeinen Anforderungen des § 22 BeurkG, die übergreifend für hör-, sprach- und sehbehinderte Personen gelten, werden durch § 23 BeurkG dahingehend erweitert, dass dem hörbehinderten Beteiligten die Niederschrift anstelle des Vorlesens zur Durchsicht vorgelegt werden muss, was in der Niederschrift festgestellt werden soll, was wiederum vermutet wird, wenn die Niederschrift von dem hörbehinderten Beteiligten eigenhändig unterschrieben wurde. Diese gesamten Anforderungen werden nach § 24 BeurkG nochmals für den Fall erweitert, dass mit der hörbehinderten Person eine schriftliche Verständigung nicht möglich ist. In diesem Fall muss dann, nachdem die Schriftverständigungsunmöglichkeit in der Niederschrift festgestellt wurde, zu der Beurkundung eine Person zugezogen werden, die sich mit dem behinderten Beteiligten zu verständigen vermag und mit deren Zuziehung dieser nach Überzeugung des Notars einverstanden ist, was in der Niederschrift auch festzustellen ist; die Niederschrift soll auch von der zugezogenen Person unterschrieben werden.
Rz. 26
Die in § 22 BeurkG enthaltene Regelung stellt erkennbar auf die Behinderung im Zeitpunkt der Beurkundung ab und meint Personen, mit denen eine Verständigung von Mund zu Ohr nicht möglich ist. Hochgradige, an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit steht der Taubheit gleich, wenn sich der Beteiligte keiner technischen kompensierenden Hilfsmittel (etwa Hörgeräte) bedient. Allgemeine Schwerhörigkeit, eine bei zunehmend älterer Bevölkerung in der Alltagspraxis des Notariats sehr häufig vorkommende Erscheinung, die der Notar durch lautes, deutliches und ggf. verlangsamtes Sprechen oder durch nahe Platzierung des Beteiligten zum Notar kompensiert, rechtfertigt noch nicht die Heranziehung des § 22 BeurkG. Ob die Angabe des Beteiligten, er könne nicht hinreichend hören, richtig war oder, wenn ausnahmsweise diese Feststellung auf der Überzeugung des Notars beruht, ob dieser sich getäuscht hat, ist für die Wirksamkeit der Beurkundung ohne Belang. Ebenso wird die Wirksamkeit der Beurkundung nicht dadurch beeinträchtigt, dass ein Beteiligter über seine Hörbehinderung keine Angaben gemacht hat und sich auch der Notar hiervon nicht überzeugt hat. Auch das Unterbleiben des Feststellungsvermerks gemäß § 22 Abs. 1 S. 3 BeurkG berührt die Wirksamkeit der Beurkundung nicht. Die Zuziehung des Zeugen, für den lediglich die Zeugenausschlussgründe des § 26 BeurkG zu prüfen sind, oder zweiten Notars bezieht sich auf den gesamten Beurkundungsakt, also beim Verlesen, Genehmigen und Unterschreiben.
Rz. 27
Muster 5.7: Beurkundung mit einem hörbehinderten Beteiligten, mit dem eine schriftliche Verständigung möglich ist
Muster 5.7: Beurkundung mit einem hörbehinderten Beteiligten, mit dem eine schriftliche Verständigung möglich ist
_________________________ (Notarielle Urkundenformalien)
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Variante mit Zeugenverzicht:
Herr _________________________ vermag nach dessen Angaben (optional: und nach Überzeugung des amtierenden Notars) nicht hinreichend zu hören, jedoch zu sprechen, zu lesen und zu schreiben. Sämtliche Beteiligten verzichteten auf die Zuziehung eines Zeugen oder zweiten Notars (§ 22 Abs. 1 S. 1 BeurkG). Die Hinzuziehung eines Gebärdendolmetschers verlangte Herr _________________________ nicht, da eine Verständigung mit ihm möglich war (§ 22 Abs. 1 S. 2 BeurkG).
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Diese Niederschrift wurde von dem Notar den Erschienenen vorgelesen, Herrn _________________________ zur Durchsicht vorgelegt, von den Erschienenen genehmigt und von ihnen und dem Notar eigenhändig wie folgt unterschrieben:
Variante ohne Zeugenverzicht:
Herr _________________________ vermag nach dessen Angaben (optional: und nach Überzeugung des amtierenden Notars) nicht hinreichend zu hören, jedoch zu sprechen, zu lesen und zu schreiben. Als Zeuge/zweiter Notar wurde Herr/Frau _________________________, geboren am _________________________, wohnhaft in _________________________, ausgewiesen durch _________________________, hinzugezogen (§ 22 Abs. 1 S. 1 BeurkG). Zeugenausschlussgründe im Sinne von § 26 BeurkG liegen nach Angaben der Beteiligten nicht vor, insbesondere ist der Zeuge mit den Beteiligten weder verwandt noch verschwägert. Die Hinzuziehung eines Gebärdendolmetschers verlangte Herr _________________________ nicht, da eine Verständigung mit ihm möglich war (§ 22 Abs. 1 S. 2 BeurkG).
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