Rz. 261

Nach dem Sachwertverfahren werden zukünftig folgende bebaute Grundstücke bewertet (§ 182 Abs. 4 BewG):

Wohnungseigentum, Teileigentum sowie Ein- und Zweifamilienhäuser, wenn ein Vergleichswert nicht vorliegt,
Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke, für die sich auf dem örtlichen Grundstücksmarkt keine übliche Miete ermitteln lässt,
sowie sonstige bebaute Grundstücke.

Beim Sachwertverfahren setzt sich der Wert zum einen aus der Summe der Herstellungskosten der auf dem Grundstück vorhandenen Anlagen und zum anderen aus dem Bodenwert zusammen, der sich wie bei unbebauten Grundstücken aus der Fläche und dem Bodenrichtwert zusammensetzt (§ 189 BewG).

Im Folgenden werden Einzelheiten zum Sachwertverfahren nach dem Bewertungsgesetz dargestellt.

aa) Berechnungsschema

 

Rz. 262

Beim Sachwertverfahren ermittelt[394] sich der Wert des bebauten Grundstücks nach folgendem Grundschema:

[394] Vgl. R B 189 ErbStR 2019.

bb) Ermittlung des Bodenwerts

 

Rz. 263

Der Bodenwert ermittelt sich aus der Multiplikation des Bodenrichtwerts und der Grundfläche des unbebauten Grundstücks (§ 189 Abs. 2 i.V.m. § 179 BewG).

 

Beispiel 2

Ein 35 Jahre altes, freistehendes Einfamilienhaus (gehobener Standard – Stufe 4 – mit Keller, zwei Wohnetagen und ohne ausgebautes Dachgeschoss) mit einer Wohnfläche von 200 Quadratmetern steht auf einem Grundstück von 600 Quadratmetern. Der Bodenrichtwert für das Grundstück beträgt 300 EUR pro Quadratmeter.

Der Bodenwert, d.h. der Wert des Grund und Bodens, beträgt 180.000 EUR und ermittelt sich wie folgt:

 
  Grundfläche 600 m2
× Bodenrichtwert 300 EUR/m2
= Bodenwert 180.000 EUR

cc) Ermittlung des Gebäudesachwerts

(1) Regelherstellungswert des Gebäudes

 

Rz. 264

Der Gebäuderegelherstellungswert errechnet sich aus den Regelherstellungskosten, d.h. den gewöhnlichen Herstellungskosten je Flächeneinheit multipliziert mit der Brutto-Grundfläche (BGF) des Gebäudes (§ 190 Abs. 1 S. 3 BewG). Grundlage sind derzeit die Normherstellungskosten 2010 (NHK 2010).

Die NHK 2010 sind in der Anlage 24 zum BewG abhängig von Gebäudeart (nach der typisierenden Gesamtnutzungsdauer), Baujahr und Ausstattungsstandard pauschaliert abgebildet. Bei den Ausstattungsstandards wird dabei zwischen fünf Standardstufen unterschieden. Es handelt sich hierbei um Bundesmittelwerte, d.h., es handelt sich um Durchschnittswerte für das gesamte Bundesgebiet. Die Berücksichtigung der örtlichen Marktverhältnisse erfolgt ausschließlich durch die Anwendung der Wertzahl nach § 191 BewG.[395]

 

Rz. 265

Die Regelherstellungskosten sind für die Bruttogrundfläche eines Gebäudes angegeben. Gemäß R B 190.6 Abs. 1 ErbStR 2019 handelt es sich bei der Bruttogrundfläche um die Summe der Grundflächen aller Grundrissebenen eines Bauwerks mit Nutzungen nach DIN 277–2:2005–02 und deren konstruktive Umschließungen (siehe auch Anlage 24 Ziff. I zum BewG). Die Bruttogrundfläche ist damit nicht mit der Nutzungsfläche oder mit der Wohnfläche identisch. R B 190.6 Abs. 5 ErbStR 2019 veranschaulicht die Ermittlung der Brutto-Grundfläche mit Hilfe zweier Zeichnungen. Nichtsdestotrotz bleibt die Ermittlung mitunter schwierig.

 

Rz. 266

Die Regelherstellungskosten werden je nach Gebäudeklasse angegeben. Wenn die Gebäudeklasse bestimmt wird, ist auf das gesamte Gebäude oder auf einen baulich selbstständig abgrenzbaren Teil eines Gebäudes abzustellen.[396] Wesentlich ist auch hier die Hauptnutzung des Gebäudes bzw. Gebäudeteils, das dem Gebäude das Gesamtgepräge gibt. Sollte eine Gebäudeklasse nicht in der Anlage 24 zum BewG aufgeführt sein, so sind die Regelherstellungskosten aus denen vergleichbarer Gebäudeklassen abzuleiten.

 

Rz. 267

Wie fein die Unterscheidungen sind, zeigt sich am Beispiel eines Einfamilienhauses. Hier wird unterschieden, ob ein Einfamilienhaus mit oder ohne Keller ausgestattet ist und darüber hinaus über ein ausgebautes oder nicht ausgebautes Dachgeschoss verfügt oder über ein Flachdach. Die Wertunterschiede der somit zu unterscheidenden Einfamilienhäuser variieren erheblich. Von einem ausgebauten Dachgeschoss ist im Übrigen auszugehen, wenn es zu mehr als 50 v.H. ausgebaut ist.[397]

 

Rz. 268

Die Regelherstellungskosten unterscheiden sich darüber hinaus über das Baujahr des Gebäudes und über den Ausstattungsstandard des Gebäudes (unterteilt in fünf Standardstufen). In Anlage 24 Abs. 3 BewG werden die verschiedenen Standardstufen im Einzelnen definiert. Gemäß R B 190.4 ErbStR 2019 sind die NHK 2010 anhand des jeweiligen Baupreisindexes[398] anzupassen.

 

Rz. 269

Der Wert der Außenanlagen ist regelmäßig mit dem Gebäude- und dem Grundstückswert abgegolten.[399] Gleichwohl sind besonders werthaltige Außenanlagen nach (§ 189 Abs. 2 BewG gesondert zu bewerten.[400] Wann aus Verwaltungssicht besonders werthaltige Außenanlagen vorliegen und wie diese zu bewerten sind, ist in R B 190.5 ErbStR 2019 geregelt.

 

Beispiel 2 (Fortführung)

Der Gebäuderegelherstellungswert beträgt 176.000 EUR und ermittelt sich[401] wie folgt:

 
  Grundfläche des EFH 200 m2
× Regelherstellungskosten 880 EUR/m2
= Gebäuderegelherstellungswert 176.000 EUR
[395] R B 190.1 Abs. 2 ErbStR 2019.
[396] R B 190.2 Abs. 1 ErbS...

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