Rz. 27
Elektronische oder biometrische Zugangskontrollen können die Einführung und die Anwendung technischer Einrichtungen im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG darstellen. Dies setzt voraus, dass die Zugangskontrollen dazu bestimmt sind, das Verhalten und die Leistungen der Arbeitnehmer zu überwachen. Die Überwachung mittels elektronischer oder biometrischer Zugangskontrolle kann sich allein aus der Ermittlung der Daten des Arbeitnehmers (also etwa seines Fingerabdrucks), der Verarbeitung der Daten (z.B. dem Zugangszeitpunkt) sowie der späteren Beurteilung der Daten ergeben. Da diese Ermittlung, Verarbeitung und Nutzung der Daten bei der elektronischen und biometrischen Zugangskontrolle auch mittels einer technischen Einrichtung erfolgt, handelt es sich bei diesen Kontrollen um technische Einrichtungen im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Denn die Überwachung ist ein Vorgang, durch den Informationen über das Verhalten oder die Leistung des Arbeitnehmers erhoben und jedenfalls in der Regel irgendwie aufgezeichnet werden, um sie auch späterer Wahrnehmung zugänglich zu machen. Zur Überwachung bestimmt sind technische Einrichtungen dann, wenn sie objektiv geeignet sind, Verhaltens- oder Leistungsinformationen über den Arbeitnehmer zu erheben und aufzuzeichnen. Auf die subjektive Überwachungsabsicht des Arbeitgebers kommt es nicht an. Mitbestimmungspflichtig sind hierbei sowohl die Einführung als auch die Anwendung der technischen Einrichtung. Die Mitbestimmung umfasst das "Ob" der Anschaffung einschließlich der hierzu erforderlichen näheren Modalitäten.
Rz. 28
Elektronische und biometrische Zugangskontrollsysteme stellen eine solche Überwachung des Verhaltens der Arbeitnehmer dar. Die Anwendung des Zugangskontrollsystems erfolgt, indem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer anweist, sich der biometrischen Zugangskontrolle zu unterziehen. Muss sich der Arbeitnehmer einer Zugangskontrolle durch elektronische oder biometrische Zugangssysteme unterwerfen, wird sein Verhalten kontrolliert. Da seine persönlichen oder biometrischen Daten elektronisch aufgezeichnet werden, handelt es sich auch nicht um ein anonymes Zugangssicherungssystem. Das wäre allenfalls dann der Fall, wenn alle Arbeitnehmer mit identischen elektronischen Zugangsschlüsseln ausgestattet würden, die lediglich dazu dienten, eine allgemeine Zugangskontrolle sicherzustellen. Verwenden alle Arbeitnehmer identische Magnet- oder Zahlencodes, um das Betriebsgelände zu betreten, scheidet eine Überwachung aus. Wird der Zugang zum Betrieb durch individuelle Merkmale eines einzelnen Arbeitnehmers überprüft, handelt es sich nicht mehr um ein anonymes Zugangssicherungssystem.
Für die Anwendung eines solchen Zugangskontrollsystems soll es nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts genügen, wenn Arbeitnehmer, etwa im Wege der Arbeitnehmerüberlassung, dazu angewiesen werden, sich bei einem Drittunternehmen der Überwachung durch dessen technische Einrichtung zu unterwerfen. Auch wenn diese Überwachung in erster Linie oder gar ausschließlich im Interesse des Dritten erfolgt, genügt es für die Auslösung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats, wenn der Arbeitgeber die Entscheidung trifft, Informationen über das Verhalten der seiner Direktionsbefugnis unterliegenden Arbeitnehmer durch eine zur Überwachung bestimmte technische Einrichtung erfassen zu lassen. Auch wenn der Arbeitgeber nicht selbst die Sachherrschaft über die technische Einrichtung ausübt, genügt eine entsprechende Anweisung für die Begründung des Mitbestimmungsrechts. Das gilt sogar dann, wenn der Arbeitgeber die erhobenen Daten nicht zur Verfügung erhält. Die Anwendung des Überwachungssystems genügt. Voraussetzung ist lediglich, dass es sich um einen kollektiven Tatbestand handelt und nicht nur einzelne Arbeitnehmer bei Drittunternehmen von der Verpflichtung der Zugangskontrolle betroffen sind.