Rz. 7
Das Bundesdatenschutzgesetz regelt die Möglichkeiten einer Videoüberwachung nur rudimentär. Der bereits erwähnte § 4 BDSG enthält eine Legaldefinition des Begriffes und darüber hinaus Bestimmungen zur Beobachtung in öffentlich zugänglichen Räumen. § 26 BDSG behandelt demgegenüber die Videoüberwachung nicht ausdrücklich. Allerdings gestattet die Vorschrift es Arbeitgebern, personenbezogene Daten eines Beschäftigten zur Aufdeckung von Straftaten zu verarbeiten, sofern zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Betroffene im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat und weitere Voraussetzungen erfüllt sind.
Das Verhältnis der beiden Vorschriften zueinander ist nicht vollkommen unproblematisch; überwiegend wird jedoch angenommen, dass sie aufgrund ihrer unterschiedlichen Anwendungsbereiche nebeneinander wirken. § 26 Abs. 1 S. 2 BDSG wirkt danach vor allem repressiv. Er legt fest, unter welchen Voraussetzungen eine Videoüberwachung zur Aufklärung von Straftaten erfolgen soll. § 4 BDSG werden demgegenüber präventive Überlegungen zugesprochen. Die Vorschrift regelt die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume und schreibt vor, dass in diesem Fall die Videoüberwachung öffentlich bekannt zu geben ist. Dieser Hinweis soll der Abschreckung dienen.
1. Überwachung öffentlich zugänglicher Räume
Rz. 8
Die Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen Räumen wird in § 4 BDSG geregelt. Danach ist die offene Beobachtung zulässig, soweit dies zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen, zur Wahrnehmung des Hausrechts oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen erforderlich ist und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass schutzwürdige Belange der Betroffenen überwiegen.
Der Begriff des öffentlich zugänglichen Raums ist eng zu verstehen. Erfasst sind nur solche Bereiche, die ohne Überwindung der geschlossenen Begrenzung von einer unbestimmten Vielzahl von Personen betreten werden können und nach ihrer Zweckbestimmung der Allgemeinheit zugänglich sind. Bei Flughäfen und Bahnhöfen versteht sich dies von selbst; schwieriger ist die Abgrenzung bspw. bei Parkplätzen auf dem Gelände eines Krankenhauses. Hier ist vor allem auf die Zweckbestimmung der Parkplatznutzung abzuheben. Die Überwachung von Büro- und Arbeitsräumen lässt sich im Ergebnis kaum unter einen öffentlich zugänglichen Raum subsumieren.
a) Zulässigkeit einer offenen Überwachung öffentlicher Räume
Rz. 9
Wie bereits erwähnt, regelt § 4 BDSG nur die offene Überwachung. Sie ist in öffentlich zugänglichen Räumen nicht allgemein zulässig. Vielmehr muss die Videoüberwachung den in § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 BDSG genannten Zwecken dienen und vor allem "erforderlich" sein. Hierdurch hat der Gesetzgeber auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip abgestellt.
Deshalb ist insbesondere zu prüfen, ob die Videoüberwachung nicht allein deshalb entbehrlich ist, weil der Zweck auf anderem Wege erreicht werden kann. Außerdem ist zu überlegen, ob schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.
Diese Abwägung ist anhand der konkret zu schützenden Interessen und der Eingriffsintensität vorzunehmen. Es ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen. Eine zeitlich und/oder räumlich begrenzte Überwachung gefährdeter Bereiche wird dabei häufig ohne Weiteres gerechtfertigt sein; eine zeitlich und/oder räumlich umfassende Überwachung dürfte demgegenüber mindestens überdenkenswert sein. Eine Beobachtung von Räumen, die die Intimsphäre der beobachteten Person berühren (Umkleideräume, Saunen, ärztliche Behandlungsräume oder auch Toilettenanlagen), ist demgegenüber generell unzulässig.
Die Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen Räumen ist nach § 4 Abs. 2 BDSG offen zu legen. Der Umstand der Beobachtung und die verantwortliche Stelle (also der Verwender der Anlage) sind durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen. Nur so wird dem Charakter der "offenen" Überwachung Rechnung getragen.
b) Zulässigkeit einer verdeckten Überwachung öffentlicher Räume
Rz. 10
Diese Notwendigkeit der Offenlegung i.S.v. § 4 Abs. 2 BDSG führt zu der Frage, ob in öffentlich zugänglichen Räumen auch eine verdeckte Videoüberwachung stattfinden darf.
Vor der Einführung der Erlaubnisnorm im BDSG (§ 6b BDSG a.F.) ging das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass auch in öffentlich zugänglichen Räumen eine verdeckte Videoüberwachung erfolgen dürfe, soweit der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schwerwiegenden Pflichtverletzung zu Lasten des Arbeitgebers bestand, weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachtes ausgeschöpft waren und die verdeckte Überwachung insgesamt nicht unverhältnismäßig erschien. In der Literatur wurde verschiedentlich die Ansicht vertreten, die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei mit dem Inkrafttreten von § 6b BDSG a.F. überholt. Die Bestimmung regele die Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen Räumen abschließend. Dieser Auffassung der Literatur hat das BAG nun widersprochen. Nach Ansicht des BAG handelt es sich bei § 6b BDSG a.F. (= § 4 BDSG) um eine bloße Ordnungsvorschrift. Damit kann im ...