Rz. 38
Zwar wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer bereits durch das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG geschützt; die Vorschrift regelt den Schutz des Arbeitnehmers jedoch nicht erschöpfend. Vielmehr ist stets zu fragen, ob die konkrete Überwachungseinrichtung auch mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, das § 75 Abs. 2 BetrVG schützt, in Einklang steht (vgl. oben Rdn 23 ff.). Bei der Bestimmung des Standortes und der Bewegung einer Person handelt es sich um ein persönliches Datum, das dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung entspringt. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 12.4.2005 anerkannt, dass die Überwachung mittels GPS einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellt. Bei dem Standort und bei der Bewegung, die durch das GPS überwacht werden können, werden persönliche Daten, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht vor Überwachung schützt, erhoben und verwendet. Die Betriebsparteien müssen daher bei der Ausgestaltung des Mitbestimmungsrechts des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers berücksichtigen. Die Grenzen der Verwendung sind durch eine Abwägung der betroffenen Interessen zu bestimmen.
1. Eingriffsintensität des GPS
Rz. 39
Die Intensität der Verwendung des GPS hängt von der Ausgestaltung und der konkreten Anwendung ab. Der Bundesgerichtshof und das Bundesverfassungsgericht haben die Überwachung mittels GPS durch Strafverfolgungsbehörden nicht als besonders intensiven Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht bewertet. Die Verwendung der technischen Observation erreicht in Ausmaß und Intensität typischerweise nicht den unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung. Dabei berücksichtigt das Bundesverfassungsgericht auch, dass sich die technisch gestützte Überwachung auch zugunsten des Überwachten auswirken kann, um tiefergehende Eingriffe, etwa durch Abhören und Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes, zu vermeiden.
Rz. 40
Im privaten Bereich sind die Anforderungen weitaus strenger und anhand der Grundsätze des BDSG zu bewerten. Diesbezüglich hat die Rechtsprechung bereits klargestellt, dass die heimliche Überwachung einer "Zielperson" durch eine Detektei mittels eines GPS-Empfängers grundsätzlich strafbar ist (§ 42 BDSG). Etwas anderes kann nur bei "starken berechtigten Interessen" an der Datenerhebung gelten, z.B. bei notwehrähnlichen Situationen. Bei der Intensität der Beeinträchtigung der Arbeitnehmerinteressen ist zu berücksichtigen, ob die Überwachung mittels GPS mit oder ohne Vorliegen eines Verdachts, etwa wegen Arbeitszeitmissbrauchs oder sonstigen Missbrauchs, eingeführt wird. Überwacht der Arbeitgeber den Arbeitnehmer ständig ohne Verdacht, etwa auch bei der privaten Nutzung des Dienstfahrzeuges, entsteht ein nicht unerheblicher Druck auf die Art der Nutzung des Dienstfahrzeuges und die Gestaltung der Arbeitszeit. Der Arbeitnehmer weiß genau, dass der Arbeitgeber zu jeder Zeit und an jedem Ort feststellen kann, wo sich der Arbeitnehmer gerade befindet. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer den Dienstwagen zulässig privat nutzt und sich während seiner Freizeit an bestimmte Orte begibt, von deren Aufsuchen er seinen Arbeitgeber nicht in Kenntnis setzen möchte.
2. Berechtigte Interessen des Arbeitgebers
Rz. 41
Der Arbeitgeber kann ein erhebliches betriebliches Interesse haben, bei der dienstlichen Nutzung von Dienstfahrzeugen den Standort und die Bewegung des Fahrzeuges kontrollieren zu können. Entscheidend ist, ob die konkrete Datenerhebung mittels GPS für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses "erforderlich" im Sinne des § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG ist. Hierbei findet eine stufenweise Überprüfung statt. Auf der ersten Stufe setzt die Datenverarbeitung voraus, dass sie zur Durchführung des Arbeitsverhältnisses geeignet und erforderlich ist. Es darf also kein milderes, gleich effektives Mittel vorhanden sein. Auf der zweiten Stufe findet sodann eine Interessenabwägung im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes statt. Hierbei wird das Informationsinteresse des Arbeitgebers mit dem Recht der Arbeitnehmer auf informationelle Selbstbestimmung abgewogen. Nur dann, wenn die Arbeitgeberinteressen überwiegen, ist der Eingriff gerechtfertigt. Auf dieser Grundlage ist eine generelle Überwachung mittels GPS vor allem dann zulässig, wenn der Arbeitnehmer im Dienstfahrzeug wertvolle Ware transportiert, so dass der Arbeitgeber bereits aus Art. 14 GG erhebliche Interessen für die ständige Bestimmung des Standortes seines Eigentums zur Rechtfertigung anführen kann. Es ist daher zulässig, wenn er während der dienstlichen Nutzung eines Fahrzeuges aufzeichnet,...