Rz. 46
Die Bestimmung des Gegenstandswerts in erbrechtlichen Angelegenheiten ist bisher nicht einheitlich und abschließend geklärt. Die Bewertungsproblematik liegt in der Frage, ob für die Streitwertbestimmung eine formell-rechtliche oder eine wirtschaftliche Betrachtungsweise heranzuziehen ist.
Die Bestimmung des Gegenstandswertes erfolgt nach § 23 RVG i.V.m. §§ 48 ff. GKG. Ergibt sich aus den Vorschriften des GKG keine Sonderregelung, sind die Vorschriften der ZPO (§§ 3 bis 9 ZPO) heranzuziehen. Ist somit § 23 RVG nicht anzuwenden oder ergeben sich aus den §§ 48 ff. GKG bzw. §§ 3 bis 9 ZPO keine Regelungen, so gilt § 23 RVG i.V.m. den jeweils genannten Vorschriften des GNotKG. Ist das Gerichts- und Notarkostengesetz nicht einschlägig, gilt § 23 RVG.
Im Rahmen von Erbenstreitigkeiten untereinander gilt nach h.M. der Grundsatz, dass das wirtschaftliche Interesse des Klägers unter Abzug seines eigenen Anteils maßgeblich ist. Bei der Geltendmachung von Ansprüchen durch Dritte oder gegen Dritte, ist der ganze Wert in Ansatz zu bringen.
Rz. 47
Streitwertübersicht: Besonderheiten bei erbrechtlichen Streitgegenständen:
& Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft
Während nach früherer Ansicht des BGH grundsätzlich der Wert des gesamten Nachlasses als Gegenstandswert zugrunde zu legen war, ist nach derzeitiger Rechtsprechung gemäß § 3 ZPO regelmäßig nur das Interesse des Klägers und somit sein Anteil am Nachlass maßgebend. Es ist der wirtschaftliche Wert des Streitgegenstands zu ermitteln.
Ist die Aufteilung nur einzelner Vermögensgegenstände streitig, ist der Gegenstandswert auf diese Gegenstände zu beschränken. Besteht beispielsweise nur Streit über die Verteilung einzelner Immobilien, so bestimmt sich der Streitwert nur nach den Grundstückswerten, über deren Verteilung Streit besteht, und zwar auch dann, wenn der der Klage zugrunde liegende Teilungsplan den ganzen Nachlass betrifft. Konsequenterweise muss aber wohl auch hier der jeweilige Anteil der Parteien am Nachlass zu berücksichtigen sein (§ 3 ZPO).
Endet die Auseinandersetzung durch Vergleich, ist das wirtschaftliche Interesse des die Auseinandersetzung betreibenden Miterben für die Streitwertbestimmung entscheidend, also regelmäßig der Wert des Anteils am Nachlass.
Bei einer Klage auf Feststellung der Unzulässigkeit einer Erbauseinandersetzung ist auf das wirtschaftliche Interesse des Klägers am Fortbestehen der Erbengemeinschaft abzustellen.
Bei einer Klage gegen einen Miterben auf Zustimmung zum Teilungsplan, ist das wirtschaftliche Interesse des klagenden Miterben maßgeblich. Besteht Streit über die Zugehörigkeit einzelner Gegenstände, ist deren voller Wert abzüglich des Anteils des Miterben, der den Gegenstand für sich beansprucht, in Ansatz zu bringen.
Rz. 48
Im Rahmen einer Auskunftsklage ist der Gegenstandswert nach § 3 ZPO zu bestimmen. Die Auskunftsklage bereitet in der Regel den Zahlungsanspruch vor. Der Gegenstandswert entspricht grundsätzlich dem Interesse des Klägers an der Offenlegung der für die Hauptsache maßgeblichen Tatsachen. Der Wert des Auskunftsanspruchs beträgt daher regelmäßig nur einen Bruchteil (1/5 bis ¼) des Wertes des Hauptanspruchs. Zu beachten ist, dass sich der Bruchteilswert aus dem Wert der Miterbenquote des Klägers berechnet. Der Gegenstandswert erhöht sich für die Auskunftsklage jedoch nachträglich, wenn sich nach Erteilung der Auskunft herausstellt, dass der Kläger weit höhere Ansprüche hat. Dann gilt gemäß § 44 GKG insgesamt nur der höhere Wert.
Ist der Beklagte im Rahmen eines Berufungsverfahrens Berufungskläger, ist für den Wert das Interesse des Beklagten an der Nichterteilung der Auskunft maßgeblich. Der Wert bemisst sich nach dem Aufwand, der für die Erteilung der Auskunft erforderlich ist. Dieser Aufwand wird nach den Grundsätzen der Zeugenentschädigung bemessen.
Rz. 49
& Ausgleichung (§ 3 ZPO)
Klagt ein Miterbe auf Feststellung einer Ausgleichungspflicht nach §§ 2050 ff. BGB, so richtet sich der Streitwert nach dem Interesse des Klägers an der Ausgleichung. Dies ist grundsätzlich der Wert der Erhöhung seines Erbanteils infolge der Durchführung der Ausgleichung.
Rz. 50
& Ausschlagung
Der Gegenstandswert bestimmt sich nach dem Interesse des Mandanten an der Ausschlagung, und zwar unabhängig davon, ob er Allein- oder Miterbe ist, da eine Haftung mit seinem vollen Privatvermögen droht.
Rz. 51
& Beschränkung der Erbenhaftung
Die Beschränkung der Erbenhaftung hat im ersten Rechtszug keine Auswirkungen auf den Streitwert. Etwas anderes gilt, wenn die Beschränkung der Erbenhaftung Gegenstand eines Rechtsmittels ist. Der Gegenstandswert des Rechtsmittels bestimmt sich dann nach der Differenz von Anspruch und voraussichtlicher Befriedigung.
Rz. 52
& Erbersatzanspruch (§ 3 ZPO)
Bei der Geltendmachung des Erbersatzanspruchs richtet sich der Gegenstandswert nach der Höhe des geforderten Betrags.
Rz. 53
& Erbschein
Der Gegenstandswert eines Erbscheinsverf...