Beispiel:
Eine Rechtsanwältin wird beauftragt, Unterhaltsforderungen außergerichtlich geltend zu machen. Sie setzt zur Auskunftserteilung und Beleg-Vorlage eine Frist; diese verstreicht. Nach Verstreichen der Frist erteilt die Mandantin den Auftrag, den Anspruch gerichtlich geltend zu machen. Nur wenige Tage nach Erteilung des unbedingten Verfahrensauftrages an die Anwältin, jedoch noch vor Einreichung des Stufenantrags, meldet sich der anwaltliche Vertreter des Unterhaltspflichtigen und bespricht die Angelegenheit mit der Rechtsanwältin der Unterhaltsberechtigten. Es wird ein Vergleich geschlossen.
Vergütungsanspruch anwaltliche Vertreterin des Anspruchstellers:
1. Außergerichtlicher Vertretungsauftrag
1,3 Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG
zzgl. Auslagen und Umsatzsteuer
2. Vertretung und Tätigkeit nach unbedingtem Verfahrensauftrag
0,8 Verfahrensgebühr, Nr. 3101 Nr. 1 VV RVG
abzgl. Anrechnung nach Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV RVG 0,65 Geschäftsgebühr
1,2 Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG, Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV RVG
1,5 Einigungsgebühr, Nr. 1000 Nr. 1 VV RVG
zzgl. Auslagen und Umsatzsteuer
Vergütungsanspruch des anwaltlichen Vertreters des Anspruchsgegners:
1,5 Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG
1,5 Einigungsgebühr, Nr. 1000 Nr. 1 VV RVG
zzgl. Auslagen und Umsatzsteuer
Zur Erläuterung: Für die Anwältin der Anspruchstellerin liegen zwei gebührenrechtliche Angelegenheiten vor:
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Außergerichtliche Vertretung und |
▪ |
Tätigkeit nach unbedingtem Verfahrensauftrag, Vorbem. 3 Abs. 1 VV RVG; |
Für den Anwalt des Anspruchsgegners liegt nur eine gebührenrechtliche Angelegenheit vor:
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Außergerichtliche Vertretung. |
Die Terminsgebühr entsteht für die Anwältin der Anspruchstellerin aufgrund des mit dem gegnerischen Anwalt geführten Telefonats. Dieses Telefonat wirkt sich für den Anwalt des Anspruchsgegners allenfalls gebührenerhöhend (hier: Annahme einer über der Regelgebühr liegenden Geschäftsgebühr mit 1,5) aus. Die Geschäftsgebühr hat einen Gebührensatzrahmen von 0,5 bis 2,5; kann somit je nach Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit auch höher ausfallen als hier angenommen.
Die Einigungsgebühr beträgt 1,5, da der Anspruch noch nicht gerichtlich anhängig gemacht worden ist.
Tipp: Erteilung des Verfahrensauftrags und Anfall der Terminsgebühr sollten in der Akte mit Datum und Uhrzeit dokumentiert werden, so z.B. durch Aktenvermerk oder Bestätigungsschreiben an den Mandanten und Gegner. Dies kann bei späterem Streit über den Anfall der Gebühren hilfreich sein!
Hinweis: Wird – wegen des Titulierungsinteresses – ein Unterhaltsantrag bei Gericht eingereicht und sodann ein Vergleich geschlossen, erwächst die 0,8 Verfahrensgebühr zu einer 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG; die Einigungsgebühr sinkt auf 1,0 nach Nr. 1003 VV RVG.