Rz. 663

Grundsätzlich erhält der Rechtsanwalt nach § 15 Abs. 2 RVG die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal. In gerichtlichen Verfahren kann der Rechtsanwalt die Gebühren in jedem Rechtszug einmal fordern. § 21 Abs. 1 RVG stellt somit klar, dass das Verfahren vor dem untergeordneten Gericht nach Zurückverweisung gebührenrechtlich einen neuen Rechtszug darstellt und die Gebühren erneut entstehen können.

 

Rz. 664

Nach Zurückverweisung können somit alle Gebühren neu entstehen. Die Verfahrensgebühr für das erste Verfahren ist jedoch auf die Verfahrensgebühr des Verfahrens nach Zurückverweisung anzurechnen (vgl. dazu Vorbem. 3 Abs. 6 VV RVG und siehe Rdn 668 unten), allerdings auch nur, soweit der Gegenstand der Verfahren identisch ist. Zusätzlich kann es zum Anfall einer Terminsgebühr kommen, wobei die Nummer des Vergütungsverzeichnisses sich zum einen danach richtet, ob die Zurückverweisung vom Revisions- an ein Berufungsgericht erfolgt ist, oder aber vom Berufungsgericht an das erstinstanzliche Gericht. Die Terminsgebühr fällt sowohl in erster als auch zweiter Instanz regelmäßig i.H.v. 1,2 an. Erfolgt die Zurückverweisung an die erste Instanz, ist die Vergütungsverzeichnisnummer 3104 VV anwendbar, bei Zurückverweisung vom Revisions- an das Berufungsgericht findet die Nr. 3202 VV RVG für die Terminsgebühr Anwendung. Bei Wahrnehmung nur eines Termins, in dem eine Partei oder ein Beteiligter nicht erschienen oder nicht ordnungsgemäß vertreten ist und lediglich ein Antrag auf Versäumnisurteil, Versäumnisentscheidung oder zur Prozess-, Verfahrens- oder Sachleitung gestellt wird, entsteht nach Nr. 3105 VV in erster Instanz eine Terminsgebühr i.H.v. 0,5. Sofern das Verfahren nach Zurückverweisung vor dem Berufungsgericht fortzuführen ist, erhält der Rechtsanwalt für die Wahrnehmung nur eines Termins, in dem eine Partei oder ein Beteiligter, im Berufungsverfahren der Berufungskläger, im Beschwerdeverfahren der Beschwerdeführer, nicht erschienen oder nicht ordnungsgemäß vertreten ist und lediglich ein Antrag auf Versäumnisurteil, Versäumnisentscheidung oder zur Prozess-, Verfahrens- oder Sachleitung gestellt wird, eine Terminsgebühr i.H.v. 0,5 nach Nr. 3203 VV RVG. Die Terminsgebühr wird aus dem Gegenstandswert berechnet, der sich nach dem Zeitpunkt des Entstehens der Terminsgebühr ergibt. Bei nur teilweiser Zurückverweisung entsteht die Terminsgebühr auch nur aus dem Wert dieses Teils.

 

Rz. 665

In den Fällen, in denen sich der Gegenstandswert nach der Zurückverweisung z.B. durch Antragserweiterung oder Erhebung eines Widerantrags erhöht, entsteht die Terminsgebühr aus dem erhöhten Gegenstandswert. Zu beachten ist in diesen Fällen, dass sich auch die Verfahrensgebühr nach dem höheren Gegenstandswert berechnet. Aufgrund der Anrechnungsvorschrift erhält der Rechtsanwalt die Verfahrensgebühr jedoch nicht doppelt (einmal aus dem niedrigeren und einmal aus dem höheren Gegenstandswert). Er erhält vielmehr die Verfahrensgebühr einmal aus dem erhöhten Gegenstandswert für das Verfahren nach Zurückverweisung.

 

Rz. 666

Die notwendige Anrechnung der Verfahrensgebühr ergibt sich aus Abs. 6 der Vorbemerkung 3 VV. Soweit eine Sache an ein untergeordnetes Gericht zurückverwiesen wird, das mit der Sache bereits befasst war, ist die vor diesem Gericht bereits entstandene Verfahrensgebühr auf die Verfahrensgebühr für das erneute Verfahren anzurechnen. Die Anrechnungsvorschrift für die Verfahrensgebühr stellt klar, dass die Verfahrensgebühr nur anzurechnen ist, soweit sie sowohl vor als auch nach Zurückverweisung entstanden ist.

 

Rz. 667

 

Praxistipp

Sind seit dem Abschluss der ersten Instanz und dem Zeitpunkt der Zurückverweisung durch das Rechtmittelgericht mehr als zwei Kalenderjahre vergangen, so gilt das Zurückverweisungsverfahren nach § 15 Abs. 5 S. 2 RVG als neue Angelegenheit mit der Folge, dass die in Abs. 6 der Vorbem. 3 zu Teil 3 vorgesehene Anrechnung der Verfahrensgebühr entfällt (Musterrechnung, vgl. Rdn 669 unten). Dabei sind mit zwei Kalenderjahren nicht 24 Monate gemeint; vielmehr zählen die (vollständigen) Kalenderjahre zwischen Beendigung der 1. Instanz und Zurückverweisung in die 1. Instanz.

 

Rz. 668

Muster 78: Musterrechnung 5.78: Zurückverweisung

 

Musterrechnung 5.78: Zurückverweisung

Antrag auf Zugewinnausgleich. Mündliche Verhandlung, Beweisaufnahme, Beschluss. OLG verweist als Beschwerdeinstanz nach mündlicher Verhandlung antragsgemäß an das AG zurück. Vor dem AG wird erneut verhandelt und ein Vergleich geschlossen. Der Wert beträgt 12.000,00 EUR.

1. Verfahren vor dem AG, vor Zurückverweisung

 

1,3 Verfahrensgebühr

Nr. 3100 VV RVG
865,80 EUR

1,2 Terminsgebühr

Nr. 3104 VV RVG
799,20 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 1.685,00 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 320,15 EUR
Summe 2.005,15 EUR

2. Verfahren vor dem OLG

 

1,6 Verfahrensgebühr

Nr. 3200 VV RVG
1.065,60 EUR

1,2 Terminsgebühr

Nr. 3202 VV RVG
799,20 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 1.884,80 EUR
19 % Umsatzsteuer,...

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