Rz. 385
Zumindest was den Fall des § 48 Abs. 3 RVG betrifft, wurde durch das 2. KostRMoG zum 1.8.2013 klargestellt, dass alle entstandenen Gebühren mit der Staatskasse abgerechnet werden können, § 48 Abs. 3 RVG wurde durch den Gesetzgeber wie folgt ergänzt:
Rz. 386
(3) Die Beiordnung in einer Ehesache erstreckt sich im Fall des Abschlusses eines Vertrags im Sinne der Nummer 1000 des Vergütungsverzeichnisses auf alle mit der Herbeiführung der Einigung erforderlichen Tätigkeiten, soweit der Vertrag
1. |
den gegenseitigen Unterhalt der Ehegatten, |
2. |
den Unterhalt gegenüber den Kindern im Verhältnis der Ehegatten zueinander, |
3. |
die Sorge für die Person der gemeinschaftlichen minderjährigen Kinder, |
4. |
die Regelung des Umgangs mit einem Kind, |
5. |
die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und den Haushaltsgegenständen, |
6. |
die Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht oder |
7. |
den Versorgungsausgleich |
betrifft. Satz 1 gilt im Fall der Beiordnung in Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.
Rz. 387
Der Gesetzgeber begründete die Änderung zum 1.8.2013 wie folgt:
Zitat
"Nach § 48 Absatz 3 RVG erstreckt sich die Beiordnung in einer Ehesache auf den Abschluss eines Vertrags im Sinne der Nummer 1000 des Vergütungsverzeichnisses, der den gegenseitigen Unterhalt der Ehegatten, den Unterhalt gegenüber den Kindern im Verhältnis der Ehegatten zueinander, die Sorge für die Person der gemeinschaftlichen minderjährigen Kinder, die Regelung des Umgangs mit einem Kind, die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und den Haushaltsgegenständen und die Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht betrifft. In der Rechtsprechung ist umstritten, ob diese Regelung dazu führt, dass nur die Einigungsgebühr aus der Staatskasse zu erstatten ist, oder ob alle durch die Einigung und den Abschluss des Vertrags entstehenden Gebühren, also auch die Differenzverfahrens- und die Differenzterminsgebühr aus der Staatskasse zu erstatten sind (zum Stand der unterschiedlichen Rechtsprechung siehe RVGreport 2010, 445, 447). Mit der nunmehr vorgeschlagenen Neufassung des Absatzes 3 Satz 1 soll klargestellt werden, dass im Falle eines Vertragsabschlusses alle in diesem Zusammenhang anfallenden Gebühren zu erstatten sind. Nur auf diese Weise erhalten Parteien mit geringem Einkommen die gleiche Möglichkeit, ihre Streitigkeiten möglichst umfangreich beizulegen, wie Parteien mit ausreichend hohem Einkommen."
Rz. 388
§ 48 Abs. 3 RVG stellte aber lediglich auf eine Scheidungsfolgenvereinbarung ab, so dass weiterhin Streit über die Frage bestand, ob dies auch für isolierte Verfahren gelten würde.
Rz. 389
Der BGH brachte hier schließlich Licht ins Dunkel mit seiner Entscheidung vom 17.1.2018:
Zitat
"Schließen die Beteiligten in einer selbstständigen Familiensache einen Vergleich unter Einbeziehung nicht anhängiger Verfahrensgegenstände (Mehrvergleich), hat der unbemittelte Beteiligte einen Anspruch auf Erweiterung der ihm bewilligten Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten auf sämtliche in diesem Zusammenhang ausgelöste Gebühren (Abgrenzung zu BGHZ 159, 263 =FamRZ 2004, 1708und BGHZ 91, 311 = NJW 1984, 2106)."
Rz. 390
Muster 35: Musterrechnung 5.35: Isoliertes Unterhaltsverfahren mit Mehrvergleich bei VKH
Musterrechnung 5.35: Isoliertes Unterhaltsverfahren mit Mehrvergleich bei VKH
In einem selbstständigen Unterhaltsverfahren, für das VKH bewilligt und ein Anwalt beigeordnet ist, erfolgt der Abschluss eines Vergleichs im Termin dahingehend, dass eine Regelung sowohl über den geltend gemachten Unterhalt (500 EUR monatlich, als auch über die Herausgabe eines Gegenstandes (Wert: 1.700 EUR) eine Einigung erzielt wird. Der Anwalt hat im Termin die Erstreckung der Bewilligung der VKH und Beiordnung auch auf diesen nicht rechtshängigen Anspruch beantragt. Das Gericht beschließt entsprechend.
Aufstellung
Vergütungsanspruch: |
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Gegenstandswert: |
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12 x 500 EUR = 6.000 EUR + 1.700 EUR, §§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, 51 Abs. 1 GKG, 22 Abs. 1 RVG |
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1,3 Verfahrensgebühr aus 6.000 EUR |
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Nr. 3100 VV RVG |
507,00 EUR |
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0,8 Verfahrensgebühr aus 1.700 EUR |
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Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG |
132,80 EUR |
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Gesamt |
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§ 15 Abs. 3 RVG: höchstens |
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1,3 aus 7.700 EUR = 652,60 EUR |
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(Kürzung nicht erforderlich) |
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1,2 Terminsgebühr aus 7.700 EUR |
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602,40 EUR |
Nr. 3104 VV RVG (Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG) |
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1,0 Einigungsgebühr aus 6.000 EUR |
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Nr. 1003 VV RVG |
390,00 EUR |
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1,5 Einigungsgebühr aus 1.700 EUR |
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Nr. 1000 Nr. 1 VV RVG |
249,00 EUR |
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Gesamt |
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639,00 EUR |
gem. § 15 Abs. 3 RVG: höchstens |
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1,5 aus 7.700 EUR =753 EUR |
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(Kürzung nicht erforderlich) |
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Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
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20,00 EUR |
Zwischensumme |
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1.901,20 EUR |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
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361,23 EUR |
Summe |
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2.262,43 EUR |
Rz. 391
Als nächstes wurde sodann in Rechtsprechung und Literatur darüber gestritten, ob denn diese BGH-Entscheidung, die in einer Familiens...