Rz. 563

 

§ 207 BGB – Hemmung der Verjährung aus familiären und ähnlichen Gründen

(1) 1Die Verjährung von Ansprüchen zwischen Ehegatten ist gehemmt, solange die Ehe besteht.

2Das Gleiche gilt für Ansprüche zwischen

1. Lebenspartnern, solange die Lebenspartnerschaft besteht,
2.

dem Kind und

a) seinen Eltern oder
b)

dem Ehegatten oder Lebenspartner eines Elternteils

bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres des Kindes,

3. dem Vormund und dem Mündel während der Dauer des Vormundschaftsverhältnisses,
4. dem Betreuten und dem Betreuer während der Dauer des Betreuungsverhältnisses und
5. dem Pflegling und dem Pfleger während der Dauer der Pflegschaft.

3Die Verjährung von Ansprüchen des Kindes gegen den Beistand ist während der Dauer der Beistandschaft gehemmt.

(2) § 208 bleibt unberührt.

a) Allgemeines

 

Rz. 564

Innerhalb der Familie ist für die Dauer des gemeinsamen Zusammenlebens zur Erhaltung des Familienfriedens die Verjährung von Ansprüchen nach § 207 BGB gehemmt.[543] Dieses gilt auch für Ansprüche aus Verkehrsunfällen.[544]

 

Rz. 565

Die Hemmung endet bei Übertragung der Forderung an einen Dritten (Abtretungsvertrag, Cessio legis).[545] Die Hemmung beginnt erneut bei Rückübertragung auf das Familienmitglied.[546]

 

Rz. 566

Die für Ansprüche von Familienangehörigen und Minderjährigen bestehende besondere Anspruchshemmung nach § 207 BGB kann durch eine schriftliche Leistungsablehnung durch den in Anspruch genommen Krafthaftpflicht-Versicherer beendet werden.[547]

 

Rz. 567

Werden Ansprüche verfolgt und zurückgewiesen, entfällt der Schutzzweck[548] von § 207 BGB, den auf gegenseitige Rücksichtnahme gegründeten Familienfrieden vor Störungen durch klageweise Geltendmachung von Ansprüchen zu bewahren.

[543] BGH v. 5.4.2016 – VI ZR 283/15 – MDR 2016, 1265 = NJW-RR 2017, 37 = NZI 2016, 893 = openJur 2016, 7320 = VersR 2016, 1058.
[544] BGH v. 25.11.1986 – VI ZR 148/86 – DAR 1987, 80 = FamRZ 1987, 250 = MDR 1987, 395 = NJW-RR 1987, 407 = r+s 1987, 88 = VersR 1987, 561 = VRS 72, 321 = zfs 1987, 133; OLG Celle v. 26.4.2001 – 14 U 158/00 – OLGR 2001, 185; OLG Hamm v. 17.12.1997 – 13 U 202/96 – VersR 1998, 1392.
[545] OLG Düsseldorf v. 27.11.1980 – 4 UF 94/80 – DAVorm 1981, 379 = FamRZ 1981, 308 (Überleitung des Unterhaltsanspruchs der Kinder gegen den Vater nach §§ 90, 91 BSHG); ähnlich BGH v. 27.2.1980 – IV ZR 125/78 – BGHZ 76, 293 = NJW 1980, 1517 (Verjährung von Unterhaltsansprüchen nicht-ehelicher Kinder).
[546] AG Hamburg v. 10.9.1978 – 14 C 1026/72 – DAVorm 1973, 621; Palandt-Ellenberger, 76. Aufl. 2017, § 207 BGB Rn 1. A.A.: OLG Hamm v. 9.6.2016 – 5 WF 80/16 – BeckRS 2016, 110041 = FamRZ 2017, 71 (Eine Rückabtretung bewirkt zwar, dass das Kind wieder Gläubiger des Unterhaltsanspruchs wird, macht aber den einmal eingetretenen gesetzlichen Forderungsübergang nicht ungeschehen. Wird der Unterhaltsanspruch erst nach Vollendung der Verjährung an das Kind zurück abgetreten, bleibt es bei der einmal eingetretenen Verjährung.); OLG Oldenburg v. 29.11.2012 – 13 UF 77/12 – BeckRS 2012, 25078 = FamFR 2013, 61 = juris (Die Rückabtretung von auf den Sozialleistungsträger übergegangenen Unterhaltsansprüchen auf den Unterhaltsberechtigten führt nicht zu einem Wiederaufleben der Hemmung der Verjährung nach § 207 BGB).
[547] Jahnke, Verjährung und Verwirkung im Schadensersatzrecht (Teil 1), VersR 1998, 1343 (1352) (§ 115 VVG geht aus Gründen der Rechtsklarheit einer Hemmung nach § 207 BGB vor).
[548] BT-Drucks 14/6857 v. 31.8.2001, S. 9.

b) Ehegatten, Lebenspartner

 

Rz. 568

Die Verjährung von Ansprüchen zwischen Ehegatten und Lebenspartnern (i.S.d. LPartG) ist gehemmt, solange diese Gemeinschaft besteht (Dauer des gemeinsamen Zusammenlebens).[549] § 207 S. 1 und § 207 S. 2 Nr. 1 BGB entsprechen dem bis zum 31.12.2001 geltenden Recht (§ 204 S. 1 und 3 BGB a.F.[550]).

 

Rz. 569

Die Hemmung beginnt mit dem Tag der Eheschließung bzw. Begründung der Partnerschaft und endet mit der Auflösung der Ehe. Die Ehe endet u.a. mit dem Tod des Partners oder einer Scheidung.[551] Dies gilt auch, wenn der Ehegatte selbst durch einen Unfall den Tod des anderen Ehegatten herbeiführt.

 

Rz. 570

Die Hemmung erstreckt sich auch auf solche Ansprüche, die vor der Ehe entstanden sind.[552]

[549] BGH v. 25.11.1986 – VI ZR 148/86 – DAR 1987, 80 = FamRZ 1987, 250 = MDR 1987, 395 = NJW-RR 1987, 407 = r+s 1987, 88 = VersR 1987, 561 = VRS 72, 321 = zfs 1987, 133.
[550] § 204 BGB a.F. in der Änderung durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften, BGBl I 2001, 269.
[551] OLG Celle v. 21.12.1966 – 11 W 72/66 – NJW 1967, 783 (Scheidung durch ausländisches Gericht).
[552] Palandt-Ellenberger, 76. Aufl. 2017, § 207 BGB Rn 2 unter Berufung auf OLG Nürnberg v. 21.12.1979 – 11 UF 7/79 – MDR 1980, 668 (Besonderheit des OLG Nürnberg-Urteils: Dieselben Personen gingen nach Scheidung erneut miteinander eine zweite Ehe ein. Verjährungseinwand betraf den Zugewinnausgleichsanspruch aus der ersten Ehe.).

c) Eltern – Kind

 

Rz. 571

Die Verjährung von Ansprüchen zwischen Eltern und Kindern (bzw...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge