Rz. 134

Sind mehrere Verletzte oder mehrere als Ersatzpflichtige in Betracht kommende Personen (oder deren Haftpflichtversicherer) vorhanden (Geschädigtenmehrheit), beeinflussen Verhandlungen, die einer von ihnen führt, nicht den Lauf der Verjährung bei den anderweitigen Anspruchsbeziehungen (auch Rdn 428). Dies gilt nicht, wenn der Handelnde (Verhandelnde) die übrigen bei diesen Verhandlungen (erkennbar) vertritt.[91] Die Verjährung ist für jeden Anspruchssteller getrennt zu prüfen (auch Rdn 366 ff.).[92]

 

Rz. 135

Erklärungen und Handlungen des Haftpflichtversicherers wirken regelmäßig auch für und gegen die (mit-)versicherte Person (zur Vollmacht hinsichtlich mitversicherter Personen Rdn 840 f.).[93] Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass in der Praxis regelmäßig der Versicherer der maßgebliche Ansprechpartner des Geschädigten ist;[94] dieser soll sich auf das Wort des Versicherers verlassen können, ohne von sich aus nachforschen zu müssen, ob der Versicherer seinem Versicherten gegenüber teilweise leistungsfrei ist. An dem Grundsatz,[95] dass die Regulierungsvollmacht nicht weiter reicht als die Regulierungspflicht, wird vom BGH[96] aber nicht mehr in dieser Allgemeinheit festgehalten. Die Verhandlungen mit dem Versicherer bedingen, dass auch bei Deckungssummenüberschreitung oder vereinbartem Selbstbehalt die Verjährungsfrist für die versicherte Person nicht gesondert läuft. Auf eine während dieser Verhandlungen eingetretene Verjährung kann sich der Schädiger also nicht berufen[97] (auch § 2 Rdn 558 ff.); es sei denn, der Versicherer macht eine Beschränkung auf seinen beschränkten Verhandlungswillen deutlich (z.B. bei Haftung im Rahmen der Mindestversicherungssummen bei krankem Versicherungsverhältnis, Bestehen eines Selbstbehaltes beim Versicherten).[98]

 

Rz. 136

Die Verjährung des Deckungsanspruches in der Kfz-Haftpflichtversicherung ist von der Verjährung des Direktanspruches des Geschädigten gegen den Versicherer unabhängig.[99] Erstreitet in einem Haftpflichtprozess der Verletzte gegenüber dem Schädiger selbst einen Feststellungstitel (ohne – zugleich – von der Direktklagemöglichkeit des § 115 Abs. 1 VVG, § 3 Nr. 3 PflVG a.F. Gebrauch zu machen), kann der Schädiger unter Wahrung der Vorgaben nach § 12 Abs. 1 VVG a.F. von seinem Versicherer Freistellung verlangen.

 

Rz. 137

In der Allgemeinen Haftpflichtversicherung kann auch der Geschädigte ein schützenswertes rechtliches Interesse an der Feststellung daran haben, dass der Haftpflichtversicherer dem auf Schadenersatz Inanspruchgenommenen gegenüber Deckung zu gewähren hat (z.B., wenn wegen Untätigkeit des Versicherungsnehmers die Gefahr besteht, dass dem Haftpflichtgläubiger der Deckungsanspruch als Befriedigungsobjekt verloren geht). Zur Drittfeststellungsklage § 3 Rdn 165 ff.

 

Rz. 138

Beim Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter darf der Schuldner sich gegenüber einem Anspruch des Dritten auf eine unter den Vertragsparteien wirksam vereinbarte Verjährungsfrist berufen.[100]

 

Rz. 139

Nur die Handlungen des Ersatzberechtigten beeinflussen den Lauf der Verjährung. Drittleistungsträger (u.a. SVT, aber auch Dienstherr und Arbeitgeber) müssen selbst aktiv werden (Rdn 478 ff.). Besonderheiten gelten für die Sozialhilfe (Rdn 505).

 

Rz. 140

Die Klage gegen den Bürgen unterbricht nicht die Verjährung der Hauptschuld.[101]

[91] OLG Oldenburg v. 23.8.2006 – 5 U 31/96 – VersR 2007, 1277 (BGH hat Revision nicht angenommen, Beschl. v. 27.3.2007 – VI ZR 197/06).
[92] Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke-Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 28. Aufl. 2024, § 14 StVG Rn 46a f.
[93] BGH v. 11.10.2006 – IV ZR 329/05 – BGHReport 2007, 55 = BGHZ 169, 232 = DAR 2007, 141 (nur Ls.) = DB 2006, 2741 (nur Ls.) = NJW 2007, 69 = r+s 2007, 16 = VersR 2006, 1676 = zfs 2007, 96 (Haftpflichtversicherer wird von § 5 Nr. 7 AHB uneingeschränkt zu Verhandlungen mit Geschädigtem bevollmächtigt und tritt i.d.R. diesem auch als Vertreter des Schädigers gegenüber) (Vorinstanz OLG Frankfurt v. 17.6.2005 – 24 U 48/05 – OLGR 2006, 103 = NJW-RR 2005, 1694 = NJW-RR 2007, 288 [nur Ls.] = VersR 2005, 1525 = zfs 2005, 611 [§ 5 Nr. 7 AHB begründet abweichend von § 10 Abs. 5 AKB keine Vollmacht des Versicherers bezogen auf den Teil der Ansprüche, für den der Versicherer nicht einzustehen hat]); BGH v. 7.10.2003 – VI ZR 392/02 – NJW-RR 2004, 109 = NZV 2003, 565 = VersR 2003, 1547 (§ 5 Nr. 7 AHB deckt auch Verjährungsverzichtserklärungen in Teilungsabkommen); BGH v. 16.2.1984 – III ZR 208/82 – VersR 1984, 441 = VRS 66, 418 = zfs 1984, 195 (nur Ls.) (Hemmung erstreckt sich auf den gesamten Anspruch); BGH v. 6.12.1983 – VI ZR 212/81 – DAR 1984, 113 = VRS 66, 262 = MDR 1984, 568 (Teilweise Leistungsfreiheit); BGH v. 23.3.1982 – VI ZR 144/80 – DAR 1982, 290 = VersR 1982, 651 = VRS 63, 17 (Hemmung beim Versicherungsnehmer); BGH v. 12.12.1978 – VI ZR 159/77 – DAR 1979, 218 = NJW 1979, 866 = r+s 1979, 124 = VersR 1979, 284 = VRS 56, 246 (Leistungsfreiheit gegenüber Fahrer; Schutz des Halters bis zum Höchstbetrag nach § 12 StVG: Keine ...

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